Berufungsbegründung

Von Benjamin Schauß

Nachdem die Berufung fristgerecht binnen eines Monats (§ 517 ZPO) eingelegt worden ist, ist diese gemäß § 520 ZPO auch form- und fristgerecht zu begründen. Dabei sind gewisse inhaltliche Anforderungen einzuhalten, von deren Erfüllung die Zulässigkeit des Rechtsmittels abhängt (§ 522 Abs. 1 ZPO). Diese Anforderungen an die Berufungsbegründung werden vorliegend im Überblick dargestellt. 

Frist und Fristverlängerung

Zunächst ist die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Diese beträgt zwei Monate und beginnt gemäß § 520 Abs. 2 S. 1 mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils, endet spätestens jedoch fünf Monate nach Verkündung des Urteils. Auf Antrag kann die Frist von dem Vorsitzenden oder der Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner oder die Gegnerin einwilligt (§ 520 Abs. 2 S. 2 ZPO). Nach Satz 3 kann die Frist auch ohne Einwilligung um bis zu einen Monat verlängert werden, wenn der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Solche Gründe können Arbeitsüberlastung (BGH NJW 2010, 1610), Vergleichsverhandlungen (BGH NJW 1999, 430) oder Urlaub und Krankheit des Prozessbevollmächtigten oder der Partei selbst sein.

Bei der weit verbreiteten Begründung der „erforderlichen Rücksprache des Prozessbevollmächtigten mit der Partei“ ist Vorsicht geboten. Der Bundesgerichtshof hat einen erheblichen Grund nur für einen Fall bejaht, in dem der Prozessbevollmächtigte dargelegt hat, Anlass für die Rücksprache sei eine Tatsache, die sich erst aus der Gerichtsakte ergeben habe (BGH NJW 1991, 1359).

Unterzeichnender Rechtsanwalt oder unterzeichnende Rechtsanwältin trägt Verantwortung

Die Berufungsbegründungsschrift muss nicht vom unterzeichnenden Rechtsanwalt oder von der unterzeichnenden Rechtsanwältin verfasst sein (BGH NJW 2005, 2709). Mit der Unterschrift übernimmt die betreffende Person aber die Verantwortung für die nicht von ihr verfasste Berufungsbegründung (BGH NJW 2005, 2709). Distanziert der unterzeichnende Anwalt oder die Anwältin sich unmissverständlich von dem Inhalt (BGH NJW-RR 2017, 686), liest die Begründungsschrift gar nicht (BGH NJW 2008, 1311) oder nur flüchtig (BGH NJW-RR 1998, 574), ist die Berufung nicht ordnungsgemäß begründet.

Berufungsanträge

Oft wird in der Praxis bloß die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung beantragt. Obgleich dieser Antrag grundsätzlich ausreichend ist, weil er in der Regel die Weiterverfolgung des bisherigen Sachbegehrens als Ziel des Rechtsmittels erkennen lässt (NJW 2006, 2705), ist es empfehlenswert, sich bei den Sachanträgen an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren. Das Gesetz unterscheidet zwischen „Abänderung“ im Falle der Sachentscheidung (§§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 528 S. 2, 717 Abs. 2 ZPO) und der ausnahmsweisen „Aufhebung“ (§ 538 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Anträge könnten daher wie folgt lauten:

Es wird beantragt,

  1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen (bzw. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von X zu zahlen);
  1. hilfsweise: das angefochtene Urteil nebst dem zugrundeliegenden Verfahren aufzuheben und an das Amtsgericht (Landgericht) zurückzuverweisen;
  1. weiter hilfsweise: die Revision zuzulassen.

Berufungsgründe – was ist (nicht) ausreichend?

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Begründung – sofern der Berufungskläger nicht lediglich neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Nr. 4 vorbringen möchte – auf den konkreten Fall zugeschnitten sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH NJW-RR 2019, 180).

Nicht ausreichend sind:

  • formelhafte Wendungen (BGH NJW-RR 2002, 1499),
  • allgemeine Redewendungen und die pauschale Rüge, die Auffassung des Erstrichters sei falsch oder die Anwendung einer bestimmten Vorschrift irrig (Ball, in Musielak/Voit, ZPO, § 520, Rn. 29),
  • die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens (BAG NJW 2005, 1884).

Ist die Berufung jedoch ausreichend begründet und damit zulässig, so hat sich das Berufungsgericht mit dem Prozessstoff, mit Ausnahme nicht von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmängel (§ 529 Abs. 2 S. 1), auch insoweit umfassend zu beschäftigen, auch wenn die Berufungsgründe auf diese Punkte möglicherweise nicht abgezielt haben (BGH NJW 1993, 2318).

Fazit: Berufungsverwerfung durch sorgfältige Arbeit verhindern

Genügt die Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO oder wird die Berufung nicht oder nicht fristgerecht begründet, so ist die Berufung nach § 522 Abs. 1 als unzulässig zu verwerfen. Da fehlende Angaben nach Fristablauf nicht nachgeholt werden können (BGH NJW-RR 2015, 511) und auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer zwar fristgerecht eingereichten, aber inhaltlich unzureichenden Berufungsbegründung nicht in Betracht kommt (BGH NJW-RR 2018, 490), ist bei der Berufungsbegründung (wie immer) höchste Sorgfalt an den Tag zu legen.

Weitere Beiträge

Benjamin Schauß ist Rechtsanwalt bei der überregionalen Wirtschaftskanzlei Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Bereich des Bank- und Finanzrechts berät und vertritt er in erster Linie Banken, Finanz- und Zahlungsverkehrsdienstleister.

Foto: Adobe Stock/©stock56876

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.