Robenpflicht

Von Benjamin Schauß

Es gehört zu fast jeder Anwaltskarriere dazu, sich zu Beginn eine eigene Robe anzuschaffen. Zudem hat man im Referendariat gelernt, dass man gepflegt und gut gekleidet auftreten sollte. Die genauen Regeln im Hinblick auf die Berufskleidung für junge Anwältinnen und Anwälte werden in der Ausbildung jedoch kaum oder gar nicht behandelt. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die geltenden Pflichten liefern.

Robentragungspflicht

Nach § 20 BORA haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vor Gericht als Berufstracht die Robe zu tragen, soweit dies üblich ist. Die deutsche Anwaltsrobe ist nach allgemeinem Verständnis ein schlichter schwarzer bis zum Knie reichender Woll- bzw. Baumwollmantel mit (unechtem) Seidenbesatz um Hals und Knopfleiste (Günther, in BeckOK BORA, 38. Ed. 1.12.2022, BORA § 20 Rn. 16). Mit Urteil vom 7.11.2016 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass § 20 BORA jeglicher Werbung auf einer Robe im Gerichtssaal entgegensteht und demnach auch das Tragen einer Robe mit dem eigenen Namen und der Internetadresse nicht zulässig sei (BGH NJW 2017, 407). Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil nicht zur Entscheidung angenommen.

Hier können Ausnahmen gelten

Für die Robentragungspflicht gibt es zwei gesetzliche Ausnahmetatbestände. Zum einen ist eine Robe nach § 20 S. 1 BORA dann nicht zu tragen, wenn dies unüblich ist. Dies ist zum Beispiel bei besonderen Terminen, wie bei der Durchführung eines Ortstermins in Anwesenheit des Gerichts, der Fall.

Ferner besteht nach § 20 S. 2 BORA die Berufspflicht zum Tragen einer Robe nicht vor den Amtsgerichten in Zivilsachen. Trotz der eindeutigen Regelung folgen dem nicht alle Gerichte. Einige Gerichte leiten eine auch vor dem Amtsgericht in Zivilsachen bestehende Robentragungspflicht aus den Landesregelungen her (OLG München NJW 2006, 3079). Teilweise wird auch vertreten, dass im Verhältnis der beiden Sätze von § 20 BORA zueinander Satz 1 vorgehe und Satz 2 nur einen Ausnahmetatbestand begründe. Die Pflicht zum Tragen der Robe bestünde bei entsprechender Übung mithin auch in amtsgerichtlichen Zivilverfahren (Pielke, NJW 2007, 3251). Es empfiehlt sich daher, auch vor den zivilrechtlichen Amtsgerichten eine Robe zu tragen, sofern nicht aus vergangenen Verfahren bekannt ist, dass die Richterin oder der Richter hierauf keinen großen Wert legt.

MkG 01/23

Kennen Sie schon unser MkG-Magazin?

Im Magazin finden Sie weitere interessante Beiträge u. a. zum beA, zur Anrechnung der Geschäftsgebühr und zu empfehlenswerten Vereinen und Initiativen für Juristinnen und Juristen.

Hier kostenlos herunterladen

Hemd- und Krawattenzwang unter der Robe?

Immer wieder kommt es auch zum Streit, ob die unter der Robe getragene Kleidung ordnungsgemäß ist. § 20 BORA trifft hierüber keine Aussage und eine solche Verpflichtung ist von der Satzungsversammlung auch nicht an anderer Stelle statuiert worden. Einleuchtend dürfte sein, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt bei ihrer bzw. seiner Kleidungswahl zu beachten hat, dass das Gericht nicht herabgewürdigt wird. Dies dürfte der Fall sein, wenn die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt in Flip-Flops, Bermuda-Shorts oder ärmellosen Shirt, in Hotpants, vergleichbar kurzem Rock oder in zu leichter Oberbekleidung erscheint (Günther, in BeckOK BORA, 38. Ed. 1.12.2022, BORA § 20 Rn. 19). Das OLG München hat mit Urteil vom 14.7.2006 sogar entschieden, dass es mit der Stellung eines Verteidigers vor bayerischen Strafgerichten nicht vereinbar sei, wenn ein Rechtsanwalt lediglich in weißem T-Shirt statt Hemd und Krawatte unter der offenen Robe vor einer Strafkammer auftrete. Das Landgericht Mannheim hat eine Krawattenpflicht im Grundsatz ebenfalls bejaht, möchte aber nicht so weit gehen, eine sitzungspolizeiliche Maßnahme auf eine fehlende Krawatte zu stützen (LG Mannheim, NJW 2009, 1094).

Fazit: Gut gekleidet schadet nicht

Die Pflicht zum Tragen einer Robe wird bis auf die oben aufgezeigten Ausnahmen vor den Gerichten sehr ernst genommen. Da Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen in ihrer Funktion als selbstständiges Organ der Rechtspflege verpflichtet sind, ein würdiges Erscheinungsbild vor Gericht abzugeben, wird dringend angeraten auch vor den Amtsgerichten in Zivilsachen eine Robe zu tragen. Auch unter der Robe sollte auf eine gepflegte Kleidung geachtet werden, die bei den Herren gerne aus Hemd und Krawatte bestehen darf – bei Frauen kann z. B. eine Bluse unter der Robe getragen werden.

Weitere Beiträge

Benjamin Schauß ist Rechtsanwalt bei der überregionalen Wirtschaftskanzlei Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Bereich des Bank- und Finanzrechts berät und vertritt er in erster Linie Banken, Finanz- und Zahlungsverkehrsdienstleister.

Bild: Adobe Stock/©cameris

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.