Von Dr. Anja Schäfer

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig Anwältinnen und Anwälte ihre Kompetenz auf einer Bühne – sei es in einer Begrüßungsrede, im (Impuls-) Vortrag oder Keynote, sei es intern oder extern, virtuell oder analog – adäquat rüberbringen können. Auch wenn es Sie überrascht: Fachliche Expertise allein reicht für einen erfolgreichen Auftritt oft nicht aus. Nur wer als Anwältin oder Anwalt vor Publikum gut reden kann, überzeugt. Denn die Vortragsbühne ist ein weiteres Medium, um Ihr Publikum und damit Ihre Kolleginnen und Kollegen zu erreichen und potenzielle Mandatsanfragen zu generieren. Folglich sollte Ihr Vortrag oder Ihre Keynote nicht nur fachlich, sondern auch rhetorisch gekonnt sein.

Leider begegnen einem immer wieder Kolleginnen und Kollegen, die ihre Kompetenz und Glaubwürdigkeit – mitunter auch unbewusst – verspielen. Die Gründe reichen von Egomanismus bis hin Unsicherheit im Rampenlicht. Schließlich lernen wir in den allermeisten Fällen im Rahmen der Ausbildung nicht, wie man sich selbst und die eigene Expertise auf einer Bühne gut präsentiert und dabei gekonnt im Mittelpunkt und Rampenlicht steht.

Fehler oder ein Fauxpas am Anfang der eigenen Bühnenkarriere bleiben daher nicht aus. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Missgeschicke Sie jedoch bereits im Vorfeld vermeiden können und damit die Grundlage für einen gelungenen Bühnenauftritt schaffen.

Fehler Nr. 1: Sie sprechen überwiegend über sich

Sprechen Sie in Ihrem Vortrag über Ihre fachliche Expertise, praktischen Erfahrungen oder eigenen Erfolgserlebnisse. Tun Sie dies jedoch nicht die ganze Zeit. Auch wenn Storytelling wichtig und notwendig ist, sollte dennoch der persönliche Anteil an Ihrer Rede i. S. Ihrer eigenen (Erfolgs-)Geschichte oder Ihrer individuellen Begründung 20 Prozent nicht übersteigen. Ihre Ausführungen dazu, warum Sie sich mit dem jeweiligen Thema schon lange anwaltlich beschäftigen und welche Erfolge sowie Ergebnisse Sie für Ihre Mandantschaft bereits erreicht haben, sollten im Idealfall nur ein Fünftel Ihrer Rede ausmachen.

Die restlichen 80 Prozent Ihrer Keynote gehören ausschließlich Ihrem Publikum. Hier können Sie auf den Punkt gebrachtes, fachliches Knowhow und konkrete Lösungen einbringen, die Ihr Publikum bestenfalls nicht nur theoretisch kennenlernt, sondern auch entsprechend mitnehmen und anwenden kann. Schließlich will dieses überzeugt und eben nicht überredet werden. Sprechen Sie daher über Ihr Thema und nicht über Ihre anwaltliche Arbeit oder gar über Ihre möglichen Dienstleistungen.

Fehler Nr. 2: Sie texten Ihr Publikum zu

Es gibt immer wieder Rednerinnen und Redner, die „ohne Punkt und Komma“ Fachwissen teilen und Ihr Publikum mit ihrer Expertise überschütten. Rechtliche Probleme und ihre Lösung werden allenfalls angerissen. Vergessen Sie nicht, dass – unabhängig vom fachlichen Hintergrund – das Publikum im Regelfall erfahren will, wie Ihrer Meinung nach eine Lösung zu einer bestimmten Rechtsfrage grundsätzlich konkret aussehen und wie das gewünschte Ergebnis im Einzelfall erreicht werden kann.

Machen Sie es daher besser: Sprechen Sie Ihr Publikum direkt an und liefern Sie ihm passende und brauchbare Inhalte. Zeigen Sie, wann immer es Ihnen möglich ist, auf, was für das jeweilige Ergebnis genau getan werden muss. Denn wie wichtig Ihr Thema ist, weiß Ihr Publikum gewöhnlich bereits vor Ihrem Vortrag.

Fehler Nr. 3: Sie langweilen Ihr Publikum durch Streben nach Perfektion

Professionalität auf der Bühne wird häufig mit Perfektion verwechselt. Aus Sicht des Publikums führt der Perfektionsanspruch von Rednerinnen und Rednern häufig dazu, dass sich dieses einen rein sachlichen und damit einen schnell langweilenden Vortrag anhören muss.

Fachvorträge, die für das Publikum gleichzeitig interessant und spannend sind, gelingen Ihnen, wenn Sie auf der Bühne so sind, wie Sie sonst auch sind. Das bedeutet, dass Sie sich von Ihrem Anspruch auf Perfektion freimachen und authentisch sein sollten. Auch wenn es am Anfang herausfordernd ist: Setzen Sie nicht allein auf Expertise, sondern auch auf Ihre Persönlichkeit, Ihr Charisma, Ihren Humor usw. und damit vor allem auf die Art und Weise, wie Sie vortragen.

Fehler Nr. 4: Sie beziehen keine Position

Positionierung bedeutet für Vortragende, als Anwältin oder Anwalt ein unverwechselbares fachliches Profil und einen klaren, persönlichen Standpunkt zu haben und diesen in Ihren Redebeiträgen auch sichtbar zu machen. Nur dann werden Sie unkopierbar und damit bekannt bzw. wiedererkannt. Es nützt nichts, wenn Sie es in Ihrem Vortrag allen Recht machen wollen. Wenn Ihr Publikum nicht weiß, wo Ihre Expertise fachlich einzuordnen ist und wofür Sie als Person stehen, wird es sich nicht lange an Sie erinnern.

Nutzen Sie Ihre Vortragstätigkeiten daher auch für Ihr Personal Branding. Kommunizieren Sie möglichst klar, was Ihre Haltung bzw. Meinung zu bestimmten Fach- oder Rechtsfragen ist. Ordnen Sie ausgewählte rechtliche Probleme entsprechend ein und teilen Sie Ihre Auffassungen bzw. Lösungen. Lassen Sie dann Ihr Publikum entscheiden, ob sie das, was Sie zu sagen haben, gut finden oder nicht. Wenn das der Fall ist, können Sie eine wertvolle Diskussion anregen, in der sich die Beteiligten mit gegensätzlichen Meinungen auseinandersetzen dürfen.

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Fehler Nr. 5: Sie sind schlecht vorbereitet

Immer wieder erlebe ich Anwältinnen und Anwälte, die ihre Expertise regelmäßig in Seminaren oder Workshops weitergeben und es gewöhnt sind, vor einem Publikum aufzutreten. Mitunter kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass diese mehr auf ihren Status als Experte oder Expertin und weniger auf eine gute Vorbereitung Ihrer Keynote setzen.

Den wenigsten ist jedoch der Unterschied zwischen einem Seminar und einem Vortrag bewusst. Beim Seminar steht das Thema im Vordergrund, bei einem Vortrag das Publikum. Das ist ein entscheidender Unterschied, denn – egal ob offline oder online – Speaking ist BühnenARBEIT.

Auch wenn Sie Ihren Text nicht auswendig können müssen, ist es wichtig, dass Sie für jeden Vortrag eine klare Struktur haben, welche Sie an das jeweilige Publikum anpassen. Das setzt voraus, dass Sie sich im Vorfeld über Ihr Publikum informieren und Ihren Vortrag entsprechend gestalten. Eine für alle Vortragssituationen passende, pauschale Keynote gibt es bei Ihnen nicht, wenn Sie bei ihren Zuhörerinnen und Zuhörern positiv und möglichst länger in Erinnerung bleiben wollen.

Fehler Nr. 6: Sie lesen Ihren Text ab

Welcher „Bühnenanfänger“ kennt nicht die Angst, die eigene Expertise im Vortrag nicht genauso rüberbringen zu können, wie im Rahmen der Vorbereitung vorgestellt. Zur Sicherheit wird die ein oder andere Rede auch einmal ausformuliert. Für die Vorbereitung oder eine spätere schriftliche Veröffentlichung des Redemanuskripts mag das passen. Ihren Vortrag selbst lesen Sie jedoch NIE (!) vor. Denn dieser Fokus auf den Text und seine mündliche Darstellung in Schriftsprache führt dazu, dass Sie Ihr Publikum von Anfang an verlieren.

Ein Geheimnis guter Vorträge ist es, dass Sie immer ganz nah bei Ihrem Publikum sind. Das Publikum sollte idealerweise das Gefühl entwickeln, dass Sie Ihre Keynote nur für dieses halten. Strukturieren Sie daher für sich und Ihre Zuhörerschaft Ihren Vortrag und vertrauen Sie dann Ihrer Kompetenz. Schnell werden Sie erleben, dass Ihr Publikum mit Ihnen interagiert. Wenn Sie jedoch vor allem bei Ihrem Text (und damit bei sich selbst) sind, werden Sie die Reaktionen Ihres Publikums nicht mitbekommen und zudem niemals eine grandiose Rednerin bzw. ein grandioser Redner werden.

Fehler Nr. 7: Sie haben eine volle PowerPoint-Präsentation

„Weniger ist mehr“ – diese Feststellung gilt nicht nur für Ihren Vortragsinhalt, sondern auch für Ihre PowerPoint-Präsentation. Eine alle Eventualitäten bedienende Präsentation ist bei einem (Impuls-)Vortrag absolut kontraproduktiv. Machen Sie sich Folgendes bewusst: Ihre Präsentation dient – wie eine passende Hintergrundmusik im Film – vielmehr dazu, Ihr Gesagtes zu verstärken. Starke Bilder verdeutlichen die Inhalte Ihres Vortrags. Ein kurzes Video spricht für Ihre Multimedialität. Informative Studien beweisen Ihre Aussagen. Zudem zahlt die Power-Point durch Gestaltung, Farben usw. auf Ihre Corporate Identity und damit Ihr Personal Branding ein.

Erschaffen Sie mit Ihrer Präsentation eine Art „Bühnenbild“, welches zu den Inhalten Ihres Vortrags und zum jeweiligen Publikum passt. Lassen Sie Ihren Auftritt jedoch niemals von Ihrer Präsentation überblenden. Lesen Sie diese keinesfalls vor, denn schließlich soll die Aufmerksamkeit auf Ihnen und nicht auf Ihrer Präsentation liegen.

Trauen Sie sich auf die (Vortrags-)Bühnen. Zeigen Sie Ihr Können, und agieren Sie gekonnt. Der beste Zeitpunkt, sich als Expertin oder Experte der Welt zu präsentieren, ist jetzt. Denn noch nie gab es so viele Möglichkeiten für Sie als Anwältin oder Anwalt, Ihre Expertise und Ihre persönlichen Qualitäten Ihrem Publikum zu zeigen.

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Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und unterstützt als Mentorin Juristinnen schwerpunktmäßig in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen und spricht über die genannten Themen alle zwei Wochen in ihrem Podcast.
Mehr Informationen zum Podcast: anja-schaefer.eu/podcast.

Bild: Adobe Stock/©.shock
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