Gespräch Mandant

Von Dr. Anja Schäfer

Solides Fachwissen reicht oft nicht aus, um als Anwältin oder Anwalt die Gespräche mit der Mandantschaft so zu gestalten, dass diese wiederholt nach den eigenen Vorstellungen verlaufen. Mit bewusstem Einsatz von entsprechendem, im Folgenden erläutertem, gesprächstechnischem Werkzeug kommunizieren Sie konstruktiv, zielorientiert und damit am Ende erfolgreich – im eigenen Interesse sowie dem Ihrer Mandantschaft.

Vor dem Gespräch

1. Machen Sie sich bewusst, was ein Gespräch beeinflusst 

Mit Gesprächen ist es wie bei einem Rommé-Kartenspiel. Sie bestimmen nicht allein, wie dieses ausgeht. Diese Ungewissheit und die Möglichkeit, durch das eigene Verhalten entscheidenden Einfluss auf den Verlauf nehmen zu können, machen so manche Rommé-Runde oder eben auch Gespräche immer wieder neu zu einer Herausforderung.

Der Verlauf eines Gesprächs hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören bspw. Ihre Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner, die Sie nur bedingt beeinflussen können. Einfluss haben Sie jedoch – und das ist wie beim Rommé –auf Ihr Verhalten, Ihre Vorbereitung auf die Situation, Ihre Handlungsmöglichkeiten und Ihre Worte.

Da die Bedingungen für jedes Gespräch anders sind, nutzen pauschale Tipps nichts. Folglich sind diese Ausführungen nur als „Leitfaden“ zu verstehen. Lassen Sie sich vielmehr dazu einladen, die jeweilige Situation zu analysieren und den im Folgenden vorgestellten Ablauf sowie die erwähnten Kommunikationstechniken flexibel einzusetzen, um das jeweilige Gespräch sachlich und menschlich zugleich zu gestalten und damit in diesem Sinne zu agieren:

Gedacht ist nicht gesagt,
gesagt ist nicht gehört,
gehört ist nicht verstanden,
verstanden ist nicht einverstanden,
einverstanden ist nicht ausgeführt,
ausgeführt ist nicht beibehalten.

(nach Konrad Lorenz)

Nutzen Sie die Zeit vor dem Gespräch für dessen Vorbereitung. Machen Sie sich vorab bewusst, was ein Gespräch beeinflussen kann, und wie Sie bewusst die Gegebenheiten – wenn auch nicht alle – beeinflussen können. Von Belang sind hier nicht nur Ihre Gegenüber, deren Verhalten und die Beziehung zu Ihnen als deren Anwältin oder Anwalt. Auch das Thema, der Ort und Zeitpunkt des Gesprächs sowie die Motive und Ziele sind wichtige Gesprächsfaktoren.

Egal, um welche Gesprächssituation es sich handelt, eine gute Vorbereitung ist aufgrund der regelmäßig vielfältigen Einflussfaktoren das A & O.

2. Kennen Sie Ihre eigene Rolle

Damit Sie in jedem Gespräch handlungs- und aussagefähig sind und bleiben, müssen Sie sich stets Ihrer Rolle bewusst sein. Sie sprechen nämlich nie allein als Person, sondern immer auch als Anwältin bzw. Anwalt. Setzen Sie sich daher – gerade vor schwierigen Gesprächen – mit Ihrer Rolle, Position und den Erwartungen Ihrer Mandantschaft an diese auseinander.

Klarheit über Ihre Rolle ermöglicht Ihnen eine bewusste Gestaltung des jeweiligen Gesprächs und damit möglicher, zum Einsatz kommender Kommunikationswerkzeuge und situativ gegebener Handlungsspielräume.

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3. Definieren Sie vorab Ihre eigenen Gesprächsziele

Sofern die Ziele nicht nach Art des bevorstehenden Gesprächs bereits vorgegeben sind, überlegen Sie sich möglichst vorab, was Sie in diesem oder durch dieses erreichen wollen. Ihre Ziele geben Ihnen später im Gesprächsverlauf Orientierung. Formulieren Sie diese daher klar, konkret und im besten Falle positiv.

Berücksichtigen Sie auch die Interessen Ihrer Mandantschaft, um bereits in der Vorbereitung der Kommunikation eine optimale Lösung und damit tragfähige Ergebnisse im Auge zu haben.

4. Bereiten Sie das jeweilige Gespräch vor

Lassen Sie sich je nach Gesprächssituation von Ihrer Mandantin oder Ihrem Mandant eine kurze schriftliche Zwischenstandsmeldung zum Mandat geben, oder bereiten Sie eine solche entsprechend vor, so dass Sie gleich zu Beginn ein kurzes Update geben und damit Ihre Mandantschaft auf den aktuellen Stand bringen können – oder entsprechend umgekehrt.

Fordern Sie dazu auf, zu besprechende Fragen, Themen, Herausforderungen bereits vorab kurz schriftlich usw. zu skizzieren und zur Vorbereitung notwendige Unterlagen zu übersenden. Auf diese Weise kann regelmäßig direkt und zielführend gestartet werden.

Beim Gesprächstermin

Gut strukturierte Gespräche haben eine Gesprächseröffnung, die ein gutes Klima unterstützt, im inhaltlichen Teil eine Zusammenfassung der (Zwischen-)Ergebnisse und einen Abschluss, der Verbindlichkeit herstellt.

1. Wie schaffe ich eine gute Gesprächsatmosphäre?

Eine angenehme Atmosphäre wirkt gesprächsfördernd und verschafft Sicherheit. Beginnen Sie daher das Gespräch mit einem kurzen Small Talk im Rahmen einer informellen Viertelstunde. Nutzen Sie diese bewusst für den Beziehungsaufbau – ganz im Sinne der Frage „Wie geht es Ihnen?“.

Machen Sie Teilnehmende, die sich noch nicht kennen, miteinander bekannt, oder beginnen Sie mit einer kurzen Vorstellungsrunde.

Nutzen Sie – nicht nur bei Dauermandaten – die ersten Minuten eines Gesprächs für eine kurze Reflexion über die in der Vergangenheit diskutierten Rechtsfragen und rechtlichen Probleme. Sprechen Sie über deren erfolgte Lösung, abgeschlossene Verfahren usw. – mit anderen Worten: Fokussieren Sie sich auf das bereits Erreichte, und machen Sie sich dies selbst und Ihrer Mandantschaft gleich zu Beginn noch einmal bewusst.

2. Bestimmen Sie das Ziel und das Thema des Gesprächstermins

Stellen Sie sich nun vor, dass ein Gespräch mit einer Mandantin ansteht. Springen Sie nicht direkt in das Gespräch hinein, sondern bestimmen Sie zu Beginn gemeinsam mit ihrer Mandantin das Ziel, die Motivation und das Thema des jeweiligen Gesprächs.

Fragen Sie – nicht nur bei der Zielfestsetzung – gezielt nach, um alle angesprochenen Punkte so klar wie möglich zu bekommen. Stellen Sie dabei offene Fragen. Beginnen Sie diese mit einem der folgenden Frageworte: „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum?“. Sie erhalten so deutlich mehr Informationen und können sich ein genaueres Bild machen. Gestalten Sie in diesen Momenten das Gespräch, indem Sie – vor allem – aufmerksam zuhören und so Ihre Wertschätzung für die Ausführungen Ihrer Mandantin zeigen.

Schaffen Sie Klarheit, indem Sie immer wieder zeigen, dass Sie nicht nur die Perspektive der Empfängerin bzw. des Empfängers einnehmen, wenn Sie das Gesagte aufnehmen, sondern auch die der Senderin bzw. des Senders. Spiegeln Sie Ihre Mandantin, indem Sie immer wieder direkt wertschätzend auf das von ihr bereits Gesagte eingehen. Paraphrasieren Sie das Gehörte. Fassen Sie mit Ihren eigenen Worten zusammen, was Sie von der Äußerung Ihres Gegenübers verstanden haben. Kommentieren und bewerten Sie nicht, sondern sprechen Sie Irritationen, Unklarheiten usw. unmittelbar an.

3. Teilen Sie (Ihre) Expertise, Erfahrungen und Meinungen

Gehen Sie in den Austausch. Teilen Sie Ihre rechtliche Expertise, Ihre praktischen Erfahrungen und/oder persönliche Auffassung zu den von Ihrer Mandantschaft angesprochenen Themen. Beantworten Sie deren Fragen und geben Sie Feedback zu deren eingebrachten Vorschlägen.

Kommunizieren Sie dabei offen, klar, persönlich und für Ihr Gegenüber verständlich. Verwenden Sie „Ich-Botschaften“ und sagen Sie möglichst direkt, was Sie meinen. Übersetzen Sie, wann immer es notwendig erscheint (also in der Regel eher einmal mehr), Ihr „Jura-Deutsch“ in eine für die jeweilige Person verständliche Sprache.

Achten Sie bei Ihren Ausführungen auf Details. Belegen Sie Ihre Argumente möglichst mit Zahlen, Daten und Fakten, welche für die meisten Mandantinnen und Mandanten leichter nachvollziehbar sind als komplexe und komplizierte rechtliche Ausführungen.

Diskutieren Sie engagiert bspw. verschiedene Bedenken und Einwände Ihres Gegenübers, ohne Druck gegenüber diesem auszuüben. Gestehen Sie ihrem Gegenüber die Freiheit zu, sich eine eigene – auch konträre – Meinung zu bilden.

Achten Sie bewusst auf Ihre nonverbale Kommunikation, d. h. auf Ihre Körpersignale und die Wirkung Ihrer Stimme. Denn Ihr gesamtes Verhalten trägt entscheidend zur Wirkung Ihrer Worte bei.

4. Bündeln Sie die Ergebnisse des Gesprächs

Geben Sie Ihren Mandantinnen und Mandanten Orientierung, indem Sie die Gesprächsergebnisse immer wieder zwischendurch kurz und verständlich zusammenfassen. Fokussieren Sie sich dabei auf das anfangs abgestimmte Ziel des Austausches.

Nutzen Sie Zusammenfassungen auch, um Gesprächsinhalte zu straffen oder die noch offenen oder unklaren Punkte noch einmal zu verdeutlichen.

5. Stellen Sie Verbindlichkeit am Ende des Gesprächs her

Fassen Sie am Gesprächsende die besprochenen Ergebnisse bzw. gezogenen Schlüsse zusammen, um dabei noch einmal Bezug auf das Besprechungsziel zu nehmen.

Verabreden Sie verbindliche Handlungsschritte, bzw. bestimmen Sie gemeinsam die bis zum nächsten Termin von Ihnen zu bearbeitenden Rechtsfragen, zu erstellenden Dokumente oder sonstige zu erledigenden Aufgaben. Halten Sie diese schriftlich direkt im Gespräch – oder spätestens im Nachgang – fest und datieren Sie diese spätestens bei der Erstellung des Gesprächsprotokolls.

Umgang mit schwierigen Situationen

Vor problematischen Gesprächen und herausfordernden Situationen ist niemand gefeit. Ein allgemein gültiges Rezept für komplexe Kommunikationssituationen gibt es nicht. Folglich sind Sie in solchen Momenten als Person gefragt.

Bleiben Sie bei emotional wie inhaltlich herausfordernden Gesprächssituationen ruhig. Verzichten Sie auf Anschuldigungen. Missverständnisse oder Kritik gehören zur Kommunikation dazu. Klären Sie die Situation im Sinne von „Vielleicht habe ich mich nicht klar ausgedrückt. Ich meinte, …“ und bringen Sie so das Gespräch wieder auf das eigentliche Ziel.

Geben Sie heftigen Emotionen Ihrer Mandantschaft wie Ärger, Wut usw. ihren Raum. Gefühle geben oft einen guten Hinweis darauf, was wirklich los ist. Sprechen Sie diese an, lassen Sie Ihr Gegenüber reden und versuchen Sie, die jeweilige Situation zu verstehen. Ratschläge sind im ersten Moment meistens fehl am Platz. Nutzen Sie vielmehr die Emotionen als Impulse für Feedback oder gehen Sie dazu direkt in den Austausch. Auf diese Weise bringen Sie das Gespräch wieder auf eine sachliche Ebene und können zu den eigentlich zu besprechenden Themen oder (Rechts-)Fragen zurückkehren.

Sie wollen für beide Seiten zufriedenstellende Gespräche führen? Dann machen Sie sich bewusst, dass es letztlich nicht der virtuose Einsatz der oben beschriebenen Kommunikationstechniken ist, der einen entscheidenden Einfluss auf Ihre Gesprächskompetenz hat. Vielmehr ist Ihre innere Haltung, die von Respekt, Wertschätzung usw. geprägt ist, das sprichwörtliche „Zünglein an der Waage“. Lernen Sie daher immer mehr Ihre Wirkung auf andere kennen, stärken Sie sich selbst und achten Sie auf Ihre Grenzen. Denn was immer Sie denken, strahlen Sie aus.

Weitere Beiträge

Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und unterstützt als Mentorin Juristinnen schwerpunktmäßig in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen und spricht über die genannten Themen alle zwei Wochen in ihrem Podcast.
Mehr Informationen zum Podcast: anja-schaefer.eu/podcast.

Bild: Adobe Stock/©vchalup

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