Welche Erwartungen hat unsere Mandantschaft an uns? Warum haben wir den Pitch verloren? Wer sind unsere Mitbewerber? Diese und ähnliche Fragen stellt sich früher oder später jede Dienstleisterin und jeder Dienstleister. Die Antworten, sofern strategisch und systematisch aufbereitet, können Ihre Beratungsleistung entsprechend verbessern und Ihre Geschäftsbeziehungen nachhaltig stärken. Der folgende Beitrag soll Ihnen konkrete Techniken des Client Listening vermitteln, die Ihnen helfen, diese Chance zu nutzen.
Es liegt in der Natur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Problemen auf den Grund zu gehen und dezidiert Fragen zu stellen. Insbesondere, wenn diese eine juristische Sichtweise und Interpretation verlangen. Doch wenn es darum geht, Informationen zu Soft Skills wie der Zufriedenheit mit der Beratungsleistung, dem Projektmanagement oder Möglichkeiten weiterer Zusammenarbeit zu erfragen, stehen nicht wenige vor einer Hürde.
Hinzu kommen Zweifel, ob die Mandantin oder der Mandant überhaupt befragt werden möchte und was zu tun ist, wenn das Feedback nicht zu 100 Prozent positiv ist?
Um diese Frage zu beantworten, versetzen wir uns am besten in die Lage der Mandantin oder des Mandanten. Stellen Sie sich dabei folgendes Szenario vor: Seit mehreren Jahren arbeiten Sie mit einem externen Rechtsberater zusammen. Die Qualität der Beratung ist in der Regel zufriedenstellend. Bei der letzten Beratungsleistung ließ diese jedoch deutlich nach. Das ärgerte Sie. Und dennoch sprechen weder Sie noch Ihr externer Rechtsberater die Situation offen an. Nun schläft die Konkurrenz Ihres externen Rechtsberaters nicht und Sie werden in regelmäßigen Abständen mit Marketingaktivitäten und fachspezifischer Literatur versorgt. Beim nächsten Mandat nehmen Sie sich vor, der Konkurrenz eine Chance zu geben.
Angesicht dieser Situation steht der externe Rechtsberater vor einigen Herausforderungen. Und gerade hierbei kann ein Feedback-Gespräch Klarheit bringen und helfen, die Geschäftsbeziehung zu stabilisieren. Daher meine Empfehlung an Sie:
- Sprechen Sie mit Ihrer Auftraggeberin oder Ihrem Auftraggeber regelmäßig, um herauszufinden, wie zufrieden sie oder er mit Ihrer Beratungsqualität ist und wo Sie diese gegebenenfalls verbessern können.
- Erfragen Sie den Grund, falls Sie bei einem Pitch nicht mandatiert wurden.
- Führen Sie nach wichtigen Mandaten – vor allem nach denen, die nicht reibungslos verlaufen sind – ein Feedback-Gespräch.
Wie am effizientesten vorgehen und ein Feedback-Gespräch aufbauen?
Dazu möchte ich Ihnen vier Ansätze aus der Befragungstechnik des Client Listening vorstellen. Diese unterstützen Sie dabei, Befragungen und Feedbacks zu strukturieren, um das Maximum aus dem Gespräch herauszuholen.
1. Seien Sie sich der Individualität jeder Geschäftsbeziehung bewusst
Wenn Sie einen Standard-Fragebogen verschicken, werden Sie auch Standard-Antworten erhalten. Wenn Sie individuelle und somit wertvolle Antworten erhalten möchten, müssen Sie entsprechende Fragen in einem eigens dafür bestimmten Gespräch stellen.
Die Fragen hängen von der Themenart bzw. dem Projekt ab: Handelt es ich um einen verlorenen Pitch (Pitch Client Listening), um ein abgeschlossenes Mandat (Matter Client Listening) oder um die Geschäftsbeziehung im Allgemeinen (Relationship Client Listening)? Jede dieser Themenarten birgt individuelle Fragen, da das Gesprächsziel jedes Mal ein anderes ist.
2. Vorbereitung des Gesprächs: Definieren Sie Ihr Thema und Ihr Ziel
Bei jedem Feedback-Gespräch nimmt sich Ihre Mandantin oder Ihr Mandant wertvolle Zeit. Nutzen Sie daher diese Gelegenheit und bereiten Sie sich entsprechend vor.
Jedes Gespräch hat seine Dynamik. So möchten Sie eventuell in Erfahrung bringen, wieso Sie beim letzten Pitch nicht mandatiert wurden, landen im Gespräch aber beim Thema „Neueste Entwicklungen im Vergaberecht“.
Daher sind die Vorbereitung und Zielsetzung wichtig. So haben Sie stets einen roten Faden an der Hand und können das Gespräch immer wieder dorthin lenken.
3. Durchführung des Gesprächs: Stellen Sie offene Fragen
Stellen Sie offene Fragen und vermeiden Sie nach Möglichkeit sogenannte Ja/Nein-Fragen. Ein Vorteil offener Fragen ist die uneingeschränkte Möglichkeit eines ausführlichen Gesprächs- und Kommunikationsverlaufs.
Dabei kann die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner ihren bzw. seinen Gedankengang ungestört verfolgen und vor allem Themen ansprechen, die zu dem Zeitpunkt von Bedeutung sind.
Nutzen Sie diese Gelegenheit, um herauszufinden, was Ihrer Mandantin oder Ihrem Mandanten auf der Seele liegt. Nur so werden Sie in der Lage sein, die Beratung zu leisten, die auch von Ihnen erwartet und benötigt wird.
4. Nachbereitung des Gesprächs: Kümmern Sie sich um die Follow-ups
Ein Feedback-Gespräch ist nur so wertvoll wie die Nachbereitung selbst. Daher ist meine Empfehlung, dass Sie den aus dem Gespräch resultierenden Follow-ups Priorität schenken. Ihre Mandantin oder Ihr Mandant hat sich wertvolle Zeit genommen und erwartet zurecht auch einen Return on Investment.
Insbesondere negatives Feedback sollten Sie dringend und mit höchster Sensibilität und Diplomatie angehen. Gerade professionell nachbereitetes negatives Feedback kann die Geschäftsbeziehung nachhaltig stärken und Vertrauen aufbauen.
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Fazit: People business erfordert regelmäßige Kommunikation
Juristische Beratungsleistungen sind ein people business. Dies bedeutet einerseits, dass die Geschäftsbeziehung von der Qualität der Dienstleistung und der Kompetenz der Rechtsanwältinnen und der Rechtsanwälte abhängt. Andererseits bedeutet das aber auch, dass sich die Mandantenbindung auf die individuelle Beziehung der beiden Geschäftsparteien stützt. Sprechen Sie daher regelmäßig mit Ihren Mandantinnen und Mandanten – sei es nach einem verlorenen Pitch, einem abgeschlossenen Mandat oder im Zusammenhang mit einer langjährigen Geschäftsbeziehung.
Die Mandantschaft will verstanden werden. Sie möchte, dass ihre Dienstleisterinnen und Dienstleister ihre Erwartungen kennen und diese zu jedem Zeitpunkt erfüllen. Daher kann man nicht früh genug anfangen, das Gespräch zu suchen. Auch im Zusammenhang mit der Chance, Ihre Soft Skills auszubauen.
Qualitativ statt quantitativ und vor allem strategisch durchgeführt, führt ein Feedback-Gespräch zu einer Stärkung der Mandantenbindung. Zudem können individuelle Trends, Hot Topics, Entwicklungen etc. identifiziert werden.
Vorlage für ein kurzes Feedback-Gespräch bei verlorenem Pitch
Ich bin kein Fan einer one-fits-all-Liste mit Feedback-Fragen. Es ist wichtig, sich auf jedes Gespräch individuell vorzubereiten und Fragen entsprechend dem übergreifenden Gesprächsthema – also hinsichtlich eines Pitches, eines Mandats oder der Geschäftsbeziehung im Allgemeinen – zu erstellen.
Die nachfolgenden vier Fragen können Ihnen beim nächsten Gespräch mit Ihrer Mandantin oder Ihrem Mandanten im Zusammenhang mit einem verlorenen Pitch behilflich sein. Wichtig ist natürlich, dass Sie diese dem Gesprächsziel anpassen.
1. Welche Gründe haben Sie dazu bewogen, uns in erster Linie für den Pitch einzuladen?
Tipp: Hier können Sie Ihre USPs (Unique Selling Points) abfragen und diese als einen wichtigen Punkt für zukünftige Pitchunterlagen verzeichnen.
2. Wenn Sie sich unsere Pitchunterlagen vor Augen halten: Was haben wir im Vergleich zu unseren Mitbewerbern besonders gut gemacht? Was hat Ihnen besonders gut gefallen?
Tipp: Hier können Sie Ihre USPs (Unique Selling Points) abfragen und diese als einen wichtigen Punkt für zukünftige Pitchunterlagen verzeichnen.
3. Was war der ausschlaggebende Grund, dass Sie uns bei dieser Ausschreibung nicht mandatiert haben?
Tipp: Oft wird der Preis als einer der Hauptgründe genannt. Versuchen Sie herauszufinden, wie hoch die Differenz zur mandatierten Kanzlei ist. In der Regel wird die Mandantin oder der Mandant nicht den genauen Preis nennen, jedoch die ungefähre prozentuale Differenz. Das kann für Sie eine wertvolle Information für zukünftige Preiskalkulationen in Pitchunterlagen sein.
4. Unser Ziel ist es natürlich beim nächsten Mal mandatiert zu werden. Wo können wir uns verbessern? Was hätten wir, aus Ihrer Sicht, besser machen sollen?
Tipp: Halten Sie insbesondere Verbesserungsvorschläge systematisch fest. Nach einer gewissen Anzahl von Feedback-Gesprächen, zeichnet sich oft ein roter Faden ab. Diesen können Sie nutzen, um Ihre Pitchunterlagen stärker und erfolgreicher zu gestalten.
Ankica Dronjic-Zymelka hat sich mit einem kaufmännischen Hintergrund in die juristische Welt gewagt und dort 23 Jahre lang Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Bereich Business Development & Client Listening unterstützt. Im September 2021 hat Sie sich mit listening2grow selbständig gemacht und berät seitdem Kanzleien sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in 1:1 Coachings. Mit dem Ziel: Vorhandene und potenzielle Klientenbindungen langfristig auszubauen und zu stärken.
In ihrem Onlinekurs Rund ums Thema „Client Listening“ bietet Sie Interessierten die Möglichkeit, sich zeitlich flexibel zum Thema Client Listening und Feedback (weiter)zubilden.
Ankica Dronjic-Zymelka hat sich mit einem kaufmännischen Hintergrund in die juristische Welt gewagt und dort 23 Jahre lang Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Bereich Business Development & Client Listening unterstützt. Im September 2021 hat Sie sich mit listening2grow selbständig gemacht und berät seitdem Kanzleien sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in 1:1 Coachings. Mit dem Ziel: Vorhandene und potenzielle Klientenbindungen langfristig auszubauen und zu stärken.
In ihrem Onlinekurs Rund ums Thema „Client Listening“ bietet Sie Interessierten die Möglichkeit, sich zeitlich flexibel zum Thema Client Listening und Feedback (weiter)zubilden.