Founders in Law

Lina Krawietz und Dr. Benedikt Quarch über juristische GründerInnenambitionen und wie sie diese mit FOUNDERS IN LAW fördern wollen.

Abseits der klassischen Kanzleikarriere oder dem Richteramt werden Jurastudierenden in Deutschland nur wenige Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt – entsprechend gering ist die Anzahl der Gründerinnen und Gründer mit juristischem Background. Lina Krawietz und Dr. Benedikt Quarch wollen das mit der Initiative FOUNDERS IN LAW ändern. Im Interview erklären sie, was es mit dem Projekt auf sich hat. 

Könntet ihr zum Einstieg kurz erläutern, wie es zur Gründung von FOUNDERS IN LAW gekommen ist?

Dr. Benedikt Quarch (BQ): Der Female Founders Monitor 2020 hat ergeben, dass nur ein bis zwei Prozent der Gründerinnen und Gründer in Deutschland von Haus aus Juristinnen oder Juristen sind. Diese alarmierende Zahl haben wir zum Anlass genommen, auf LinkedIn über die möglichen Gründe dafür zu diskutieren. Schnell wurde das Thema von vielen Interessierten aufgegriffen, was uns sehr gefreut hat …

Lina Krawietz (LK): In Anbetracht der Relevanz des Themas war es uns wichtig, über unsere Social Media-Posts hinaus etwas zu schaffen, mit dem wir nachhaltig Veränderung bewirken können. Etwas, das Juristinnen und Juristen zum Gründen inspiriert und auf ihrem Weg ermutigt. So kamen wir auf die Idee, die Initiative und Plattform Founders in Law ins Leben zu rufen. 

Welche Kerngedanken stecken hinter der Initiative?

BQ: Wir möchten im ersten Schritt vor allem Sichtbarkeit schaffen. Es gibt unter den JuristInnen und GründerInnen viele tolle Persönlichkeiten – die meisten sind einem breiteren Publikum und insbesondere dem juristischem Nachwuchs allerdings unbekannt. Wenn ich als Student oder Studentin nur Vorbilder aus den klassischen juristischen Berufen zu Gesicht bekomme, dann liegt es nahe, dass ich mich auch in diese Richtung orientiere. Genau hier möchten wir ansetzen und Gründervorbilder zur Sichtbarkeit verhelfen. Denn auch und gerade JuristInnen können gute UnternehmerInnen sein – die meisten probieren es nur nie aus. 

Lina, du bist selbst Gründerin und das im Bereich Legal Design, einem in der JuristInnenwelt noch eher „exotischen“ Thema. Was bedeutet gründen für dich persönlich als Juristin?

LK: Mit der Gründung von „This is Legal Design“ konnte ich eine Rolle für mich schaffen, die auf dem Rechtsmarkt damals so noch nicht existierte. Eine Rolle, die meinem interdisziplinären Profil sowie meiner Vision von einer zukunftsfähigen und menschenzentrierten Rechtsbranche voll entsprach. Nach meinem ersten Staatsexamen hatte ich am Hasso-Plattner-Institut Design Thinking studiert, bei SAP im Bereich Software Innovation gearbeitet und mich als Innovationsberaterin selbstständig gemacht. Ich dachte lange Zeit, dass ich mich entscheiden müsste: Jura oder Innovation. Als jedoch das Thema Legal Tech in Deutschland relevanter wurde, war mir klar, wo ich mit all meinen Fähigkeiten gebraucht werde. Den dazugehörigen Job habe ich mir einfach selbst geschaffen. Heute gestalte und begleite ich als „Legal Designerin“ Innovationsvorhaben an der Schnittstelle von Recht, Mensch und Technologie und gehe in dem, was ich tue, total auf.

Warum gründen aus eurer Sicht so wenige Juristinnen und Juristen?

LK: Einen der Gründe haben wir gerade schon genannt: die Vorbilder fehlen. Es gibt aber auch noch viele andere Gründe. Sicherlich ist die Ausbildung keineswegs auf das Unternehmertum ausgelegt, sondern eben gerade auf die klassischen Berufe – Stichwort: Befähigung zum Richteramt. Das gilt sowohl für die Studieninhalte als auch im Hinblick auf die möglichen Karrierepfade, die einem als JuristIn im Studium und Referendariat nähergebracht werden. Hier kann noch viel mehr getan werden. Zudem sind Juristinnen und Juristen naturgemäß oft risikoscheuer als viele andere Berufsgruppen.

BQ: Definitiv! Auch die Rechtslage trägt sicherlich dazu bei, dass sich Juristinnen und Juristen schwertun mit dem Gründen. So werden z. B. der Legal Tech-Branche in gesetzlicher Hinsicht immer noch Steine in den Weg gelegt, wie die vielen Gerichtsurteile zur Zulässigkeit der Geschäftsmodelle zeigen. Schließlich ist das Gründen in der juristischen Welt immer noch nicht ganz anerkannt – es mangelt also an einem Entrepreneurial Mindset. Vielleicht können wir das ja ein klein wenig ändern mit Founders in Law.

Mal provokant gefragt: JuristInnen müssen sich mit derartig komplexen Sachverhalten beschäftigen und allein schon die Ausbildung verlangt einiges ab. Sollte man das Thema Gründen nicht eher den BWLern überlassen?

BQ: Ich habe sogar auch BWL studiert und würde keineswegs sagen, dass ich damit besser auf die Gründung und das Unternehmertum vorbereitet gewesen wäre. Das Jurastudium als solches fördert ja ein sehr analytisches Denken – das kann nur von Vorteil sein. Das meiste lernt man ohnehin „on the job“. Hier würde ich also auf keinen Fall nach Studienfach differenzieren.

LK: … sehe ich genauso. Ich halte es sogar für fahrlässig, das Thema Gründen, einigen wenigen Disziplinen zu überlassen. Interdisziplinarität und Diversität sind wesentliche Erfolgsfaktoren, wenn es darum gehen soll, die komplexen Probleme unserer Zeit zu lösen.

Was sind die häufigsten Fragen, die ihr Juristinnen und Juristen mit Gründungsambitionen beantworten müsst?

LK: Viele interessieren sich dafür, wie man überhaupt eine Geschäftsidee entwickelt. Manche haben bereits eine Idee, wissen dann aber gar nicht wo und wie sie anfangen sollen. Sie fragen dann nach einer Strategie und nach Tipps für die ersten Schritte. Häufig kommen Unsicherheiten bezüglich möglicher Finanzierungsmöglichkeiten dazu. Manchmal fehlt aber auch einfach nur der Mut.

Was wäre aus eurer Sicht anders, wenn mehr Juristinnen und Juristen gründen würden?

BQ: Unterschiedliche Ideen von vielen kreativen Menschen mit unterschiedlichem Background sind Grundvoraussetzung für eine florierende Unternehmerkultur in unserem Land. JuristInnen sind überall vertreten – in der Politik, in der Verwaltung, nur nicht an den unternehmerischen Schaltstellen. Genau da brauchen wir aber auch ihre Ideen und ihr Wissen. Nur gemeinsam werden wir wieder zu einer echten Unternehmernation, die sich nicht nur darauf verlässt, dass der „German Mittelstand” es schon richten wird, sondern die Sache selbst in die Hand nimmt.

Was habt ihr langfristig mit FOUNDERS IN LAW vor?

LK:  Wir wollen nicht nur die Sichtbarkeit von Gründerinnen und Gründern mit juristischem Hintergrund erhöhen, sondern auch eine Art Anlaufstelle für Gründungsinteressierte schaffen – eine GründerInnen-Community, die einen breiten Erfahrungs- und Wissensaustausch möglich macht. Wir haben zunächst daran gedacht, Tipps und Erfahrungsberichte zu teilen, etwa in Form von Videos. Darüber hinaus können wir uns auch vorstellen, eine kleine Konferenz zu veranstalten, Kooperationen mit Universitäten zu starten, Coaching-Sessions anzubieten u. v. m. Wie das im Detail aussieht, werden wir mit der Zeit erarbeiten. Wir stehen ja erst am Anfang!

Ich bin gespannt, wie sich FOUNDERS IN LAW noch entwickelt und danke euch für das Gespräch!

Das Interview führte Bettina Taylor.

Weitere Details zur Initiative gibt es auf foundersinlaw.com und LinkedIn.

Bild: foundersinlaw.com

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