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Von Detlef Burhoff

Der Verteidiger kann die Rücknahme der per beA eingelegten Berufung wirksam per Telefax an das Gericht erklären. Nach dem OLG Karlsruhe besteht keine Pflicht zur Übermittlung der Erklärung gemäß § 32d S. 2 StPO als elektronisches Dokument.

Entscheidungsgründe

Zwar strebe der Gesetzgeber mit der „Pflicht zur elektronischen Übermittlung“ nach § 32d StPO ausdrücklich eine Übermittlung aller Dokumente in elektronischer Form an. Gleichwohl sei die Möglichkeit der obligatorisch elektronisch vorzunehmenden Verfahrenshandlungen in § 32d S. 2 StPO ausdrücklich und abschließend auf lediglich einzelne ausgewählte schriftliche Erklärungen beschränkt. Andere Verfahrenshandlungen, wie etwa der Einspruch gegen den Strafbefehl (§ 410 Abs. 1 StPO), seien von dieser Verpflichtung ausdrücklich ausgenommen. Mit § 32d StPO habe sich der Gesetzgeber – bewusst unvollkommen, gleichwohl abschließend – für bestimmte Prozesserklärungen entschieden, die er in S. 2 exklusiv der strengen Form als Voraussetzung ihrer Zulässigkeit unterwerfe. Wortlaut und Systematik des § 32d StPO lassen nach Auffassung des OLG daher keine erweiterte Auslegung der Vorschrift dahingehend zu, dass sich die Form der Rücknahme eines Rechtsmittels nach der für dessen Einlegung geltenden Form richte (OLG Karlsruhe 16.11.22, 1 Ws 312/22, www.iww.de/ak, Abruf-Nr. 233283).

Relevanz für die Praxis

Der Anwalt muss die Berufung selbst per beA einreichen, für die Rücknahme der Berufung gilt die elektronische Form dagegen nicht. Die Ausführungen des OLG zur Anwendbarkeit des § 32d S. 2 StPO auf die Rücknahme der Berufung sind im Hinblick auf die praktische Bedeutung der Neuregelung in den §§ 32a ff. StPO von erheblichem Interesse. M. E. hat das OLG angesichts des eindeutigen Wortlauts der Regelung zwar zu Recht eine entsprechende Anwendung des § 32d S. 2 StPO auf die Berufungsrücknahme verneint.

Beachten Sie | Die Auffassung des OLG hat insofern nicht nur für die Rücknahme einer Berufung, sondern auch für die Rücknahme einer Revision Bedeutung. Denn die Begründung gilt für dieses Rechtsmittel entsprechend und ebenso in Bußgeldverfahren für die Rücknahme der Rechtsbeschwerde.

Aus anwaltlicher Vorsicht sollte der Verteidiger aber den sicheren Weg wählen und auch die Rücknahme von Rechtsmitteln über das beA übermitteln. Die Organisation einer Rechtsanwaltskanzlei ist generell weniger fehleranfällig, wenn Anwälte einheitlich alles über das beA abwickeln (eine Ausnahme besteht bezüglich des BVerfG, das die elektronische Übermittlung noch nicht eröffnet hat). Sie bräuchten sonst sehr präzise Anweisungen, wann etwas über das beA und wann etwas analog abgewickelt werden soll (zur elektronischen Signatur vgl.: AK 23, 25).

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Weitere Beiträge

Rechtsanwalt und RiOLG a.D. Detlef Burhoff ist Herausgeber, Autor oder Mitautor einer Vielzahl von Fachbüchern aus den Bereichen Strafrecht, Verkehrsrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht sowie der Rechtsanwaltsvergütung. Daneben ist er Herausgeber von Fachzeitschriften zu den vorgenannten Themen (StRR und VRR) und unterhält die Internetseiten www.burhoff.de sowie blog.burhoff.de.

Bild: Adobe Stock/©dero2084

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