Wegweiser Referendariat

Von Lena Battenberg

Der Ablauf des Rechtsreferendariats ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt und unterscheidet sich im Detail von Bundesland zu Bundesland. Dennoch ist der grobe Ablauf des Referendariats im gesamten Bundesgebiet ähnlich. Wie funktioniert die Bewerbung, mit welchen Wartezeiten ist zu rechnen und was gibt es rund um Zivil-, Strafrechts-, Verwaltungs- und Wahlstation zu beachten? Das erfahrt ihr im Folgenden. 

Die Bewerbung – der erste Schritt ins Referendariat

Der erste Schritt, um nach dem Ersten Staatsexamen ins Referendariat zu starten, ist die Bewerbung um einen Referendariatsplatz. Da die juristische Ausbildung in Deutschland Ländersache ist, gibt es keine zentrale Stelle, an welche die Bewerbung gerichtet wird. Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit: Das juristische Referendariat beginnt in allen Bundesländern mit der Zivilgerichtsstation. Entsprechend ist die Referendariatsbewerbung an ein Gericht (ein Oberlandesgericht) zu richten.

Für welches Oberlandesgericht in welchem Bundesland ihr euch dabei entscheidet, ist euch überlassen. Aber Vorsicht: Die Wahl des Bundeslandes wirkt sich nicht nur darauf aus, an welches Oberlandesgericht eure Bewerbung zu richten ist.

Die Wahl des Bundeslandes entscheidet auch darüber, an welchen Gerichten bzw. in welchen Staatsanwaltschaften die kommenden Referendariatsstationen absolviert werden. Außerdem hat die Wahl einen Einfluss darauf, unter welchen Voraussetzungen die späteren Prüfungen stattfinden. Auch die Höhe der Unterhaltsbeihilfen hängt von der Wahl des Bundeslandes ab.

Wartezeiten – Womit müssen Referendare und Referendarinnen rechnen?

Wie lange es dauert, bis ihr nach eurer Bewerbung ins Rechtsreferendariat starten könnt, hängt von zwei Faktoren ab: den Einstellungsterminen und den in eurem Bundesland üblichen Wartezeiten.

  • Die Einstellungstermine

In einigen Bundesländern werden Rechtsreferendar:innen zu vielen Terminen eingestellt. Das ist etwa der Fall in Nordrhein-Westfalen. Hier können jeden Monat neue Referendare und Referendarinnen starten – so vergeht je nach OLG zwischen Bewerbung und Referendariatsbeginn regelmäßig wenig Zeit. Allerdings gibt es auch Bundesländer, die Referendare nur zu wenigen Terminen pro Jahr einstellen. Zu diesen Bundesländern gehören etwa Bayern, Bremen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Thüringen. Hier werden Referendare und Referendarinnen nur zu zwei Terminen pro Jahr eingestellt.

  • Die Wartezeiten

Nicht nur ein weit in der Zukunft liegender Einstellungstermin kann Grund für längeres Warten auf den Referendariatsbeginn sein. Vielmehr gibt es zusätzlich dazu in einigen Bundesländern „echte“ Wartezeiten. Das bedeutet, dass die Nachfrage mancherorts das Angebot an Referendariatsplätzen übersteigt – wer sein Referendariat in diesen Regionen absolvieren möchte, muss oft auf den übernächsten Einstellungstermin oder sogar noch länger warten. 

Tipp: Wer lange Wartezeiten vermeiden möchte, hat die Möglichkeit, sich für ein Referendariat in einem anderen Bundesland zu entscheiden. Insbesondere diejenigen, die in Berlin oder Hamburg leben (hier sind die Wartezeiten oft lang) können ihr Referendariat in Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Brandenburg absolvieren. So lassen sich Wartezeiten auch ohne einen Umzug reduzieren. 

Wichtig ist außerdem: Referandarinnen und Referendare müssen sich auf die verschiedenen Referendariatsstationen „einzeln“ bewerben. Es bietet sich an, Bewerbungen frühzeitig abzuschicken. 

Der Ablauf des Rechtsreferendariats 

Welche Referendariatstationen wie lange zu absolvieren sind, variiert von Bundesland zu Bundesland. Die Entscheidung für das Bundesland beeinflusst daher auch Dauer und Ablauf des Referendariats. Trotz der regionalen Unterschiede gibt es zwischen den Bundesländern aber auch Gemeinsamkeiten:

  • In allen Bundesländern ist das Referendariat zumindest in eine Zivilrechtsstation, eine Verwaltungsstation, eine Strafrechtsstation, eine Anwaltsstation und eine Wahlstation aufgeteilt.
  • Außerdem startet das Referendariat in fast allen Bundesländern mit einem Block aus Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsstation.

Was euch rund um die einzelnen Stationen erwartet, erfahrt ihr im Folgenden. 

MkG Jura Studis Wegweiser

 

Was euch rund um die einzelnen Stationen erwartet, erfahrt ihr im Wegweiser Referendariat:

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Die Zivilrechtsstation

In den meisten Bundesländern ist die Zivilrechtsstation die erste Referendariatsstation. Lediglich im Saarland, in Hamburg und in Schleswig-Holstein startet das Referendariat mit der Strafrechtsstation. Die Dauer der Zivilrechtsstation unterscheidet sich ebenfalls je nach Bundesland – sie kann zwischen drei und fünf Monate betragen. 

Der Beginn der Zivilrechtsstation ist in fast allen Bundesländern ähnlich: Ihr startet mit einer Einführungs-AG, die über zwei Wochen hinweg täglich stattfindet. Sie dient insbesondere dazu, den Ablauf des Referendariats besser zu verstehen und etwa den Urteilsstil kennenzulernen. Ist die Einführungs-AG absolviert, beginnt die eigentliche Stationsarbeit an einem Zivilgericht. Stationsbegleitend findet in den meisten Bundesländern außerdem eine AG statt. Sie dient dazu, das praktisch Gelernte zu vertiefen.

Welche Aufgaben Referendarinnen und Referendare während ihrer Zivilrechtsstation erhalten, hängt stark vom zugewiesenen Richter ab. Während einige Richter und Richterinnen euch lediglich bitten, alle zwei Wochen ein Urteil zu einer Akte zu schreiben, binden andere ihre Referendarinnen und Referendare stärker ein. Üblicherweise ist es jedoch möglich, während der Station an Sitzungstagen beizusitzen, Urteile zu schreiben und Aktenvorträge zu halten. 

Darauf solltet ihr während der Zivilrechtsstation achten

Während der ersten Referendariatsstation liegt das Examen gedanklich noch in weiter Ferne. Viele Referendare und Referendarinnen gehen in dieser Zeit daher einer Nebentätigkeit nach, um ihr Einkommen aufzubessern. Bedacht werden muss allerdings, dass (je nach Bundesland) die Unterhaltsbeihilfe im Falle einer Nebentätigkeit gekürzt werden kann. Mehr dazu erfahrt ihr auch in diesem Blogbeitrag. Außerdem ist die Zivilrechtsstation eine gute Gelegenheit, Kenntnisse zum Zivilprozessrecht und dem Urteilsstil auszubauen.

Die Strafrechtsstation

Die Strafrechtsstation ist in vielen Bundesländern die zweite Station des Referendariats. Je nach Bundesland dauert sie drei bis fünf Monate und wird von einer zweiwöchigen Einführungs-AG eingeleitet. Beginnt die Arbeit in der Station, findet nur noch eine wöchentliche Begleit-AG statt.

Abhängig vom Bundesland wird die Strafrechtsstation bei einem Strafgericht oder einer Staatsanwaltschaft absolviert. Geht es um die Arbeit bei einem Strafgericht, ist diese mit der Tätigkeit während der Zivilrechtsstation vergleichbar. Wird die Station bei einer Staatsanwaltschaft absolviert, warten neue Aufgaben. Hierzu zählt etwa das Entwerfen von Anklageschriften oder die selbstständige Sitzungsvertretung des Staatsanwalts oder der Staatsanwältin. 

Darauf solltet ihr während der Strafrechtsstation achten

Im Ersten Examen kommt insbesondere das Thema Strafprozessrecht oft zu kurz. Während der Strafrechtsstation sollte daher die verfügbare Freizeit genutzt werden, um sich einen Zugang zum Strafprozessrecht zu erarbeiten.

Die Verwaltungsstation

Die Verwaltungsstation ist oft die dritte Station des Referendariats und dauert drei bis viereinhalb Monate. Auch sie wird – genauso wie die vorherigen Stationen – durch eine „Block-AG“ eingeleitet. Um die Stationsarbeit zu absolvieren, können Referendarinnen und Referendare sowohl in einer Behörde als auch bei einem Verwaltungsgericht tätig werden. Welche Möglichkeiten hier bestehen, ist allerdings von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich.

Auch die Arbeitsbelastung kann abhängig vom Arbeitgeber sehr unterschiedlich ausfallen. Bei einigen Behörden ist die Arbeitsbelastung sehr gering und Anwesenheit nur an vier Tagen in der Woche erforderlich. Referendarinnen und Referendare, die sich keine Karrieren im Bereich des Öffentlichen Rechts wünschen, können ihre Gesamtbelastung durch die Wahl einer „arbeitsarmen“ Station daher reduzieren. Wer sich noch mehr zeitlichen Spielraum wünscht, hat außerdem meist die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen. Mit der Verwaltungsstation fällt oft die Urlaubssperre, die für euch während des Ableistens der vorherigen Stationen gilt.

Darauf solltet ihr während der Verwaltungsstation achten

Die Verwaltungsstation ist die ideale Gelegenheit, sich mit den Anforderungen, die bei den Assessorklausuren im Öffentlichen Recht gelten, zu befassen. Zudem sollte das bereits im Bereich des landesspezifischen Rechts Gelernte wiederholt werden. Besonders wichtig ist die Beschäftigung mit dem Landesrecht dann, wenn ihr das Referendariat nicht in dem Bundesland absolviert, in dem ihr das Erste Staatsexamen abgelegt habt. In diesem Fall unterscheidet sich das Gelernte von dem während des Referendariats relevanten Recht. 

Die Anwaltsstation

Die vierte Referendariats-Station ist die Anwaltsstation. Auch während der üblicherweise neunmonatigen Rechtsanwaltsstation nehmen Referendarinnen und Referendare an AGs teil. Je nach Bundesland können AGs stationsbegleitend oder als Block stattfinden. 

Gemeinsam haben die Regelungen in allen Bundesländern, dass die Anwaltsstation in einer Rechtsanwaltskanzlei in Deutschland verbracht werden kann. In vielen deutschen Bundesländern ist es außerdem möglich, einen Teil der Rechtsanwaltsstation im Ausland zu absolvieren. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Anwaltsstation zumindest teilweise in einem Notariat, einem Unternehmen oder einem Verband abzuleisten. Wie die Anwaltsstation inhaltlich ausgestaltet ist, hängt davon ab, wo sie verbracht wird. Die Inhalte folgen selbstverständlich dem Fachgebiet des Rechtsanwalts oder der Rechtsanwältin.

Ist die Anwaltsstation fast beendet, folgen die Examensklausuren. In vielen Ländern werden diese im 20. oder 21. Monat des Referendariats geschrieben. In einigen Bundesländern finden sie früher und bereits im 18. Monat des Referendariats statt.

Darauf solltet ihr während der Anwaltsstation achten 

Während der Anwaltsstation kommt es aufgrund der nahenden Examensklausuren auf ein gutes Zeitmanagement an. Arbeits- sowie Lernzeiten wollen sorgfältig geplant sein. Um euch das Vereinbaren von Arbeit und Lernen zu erleichtern, billigen viele Kanzleien, dass Referendarinnen und Referendare in den ersten Monaten vier Tage wöchentlich in der Kanzlei arbeiten. Anschließend darf man sich oft einvernehmlich nur noch der Examensvorbereitung widmen. Dieses Vorgehen wird auch „Tauchen“ genannt. Ein Anspruch auf dieses Modell besteht aber selbstverständlich nicht. 

Bedenkt außerdem: Die Phase der Examensvorbereitung empfinden viele als besonders anstrengend. Während es zuvor hauptsächlich um praktisches Arbeiten ging, muss nun wieder für Klausuren gelernt werden. Unterstützung in dieser Zeit finden Referendarinnen und Referendare etwa bei Anbietern von Examenscrashkursen. 

Die Wahlstation

Sind die Examensklausuren absolviert, folgt die (üblicherweise dreimonatige) Wahlstation. Nur in Hamburg gibt es im Referendariat noch eine weitere Wahlstation. Während des Ableistens der Wahlstation gibt es in einigen Bundesländern keine Pflicht-AGs mehr. In anderen Ländern muss weiterhin eine wöchentliche AG besucht werden. 

Bei vielen Referendarinnen und Referendaren ist die Wahlstation besonders beliebt. Das verwundert wenig – schließlich sind die Klausuren bereits überstanden und es besteht Wahlfreiheit, wo die Station absolviert werden soll. Gewählt werden darf dabei zwischen Kanzleien, Behörden, Unternehmen oder sogar der Absolvierung der Wahlstation im Ausland. 

Insbesondere die Absolvierung der Wahlstation im Ausland ist für viele eine tolle Chance. So bietet sich die Möglichkeit, auch die Auslandsniederlassungen eines potenziellen Wunscharbeitgebers kennenzulernen. Für die Zeit des Auslandsaufenthalts ist eine Befreiung von eventuellen Pflicht-AGs möglich. Wer keine Ambitionen hat, ins Ausland zu gehen, kann die Wahlstation selbstverständlich dazu nutzen, einen eventuellen Wunscharbeitgeber im Inland noch genauer kennenzulernen.  

Nach der Wahlstation erwartet Referendarinnen und Referendare noch ein letzter Schritt bis sie endlich Volljurist:innen sind: die mündliche Prüfung. Wie viel Zeit zwischen Wahlstation und mündlicher Prüfung bleibt, hängt vom Bundesland ab. Daneben ist der Prüfungszeitpunkt aber auch Glückssache – in allen Bundesländern gibt es sowohl frühere als auch spätere Prüfungstermine. 

Darauf solltet ihr während der Wahlstation achten

Nach der Wahlstation wartet die mündliche Prüfung. Entsprechend wichtig ist es, sich bereits während der Wahlstation auf die anstehende Prüfung vorzubereiten. Insbesondere das Einüben von Aktenvorträgen in kleinen Lerngruppen ist wichtig und hilfreich. Außerdem ist es sinnvoll – sobald der Prüfer feststeht – Prüfungsprotokolle vergangener mündlicher Prüfungen zu beschaffen und sie durchzugehen. So lässt sich absehen, womit bei der Prüfung zu rechnen ist – das schafft Sicherheit. 

Weitere Beiträge

Lena Battenberg hat Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg studiert. Bereits während ihres Studiums war sie in einer Kanzlei tätig, die sich unter anderem auf Bau- und Planungsrecht, aber auch auf Immobilienwirtschaftsrecht spezialisiert hat. Nach Abschluss ihres Studiums und mit Kanzleierfahrung im Gepäck ist sie seit Ende 2015 als freiberufliche Fachtexterin im juristischen sowie im Finanzbereich tätig.

Bild: dimon_ua

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