Von Lena Battenberg
Nach dem erfolgreichen Absolvieren des Ersten Staatsexamens beschäftigen sich einige Juristen und Juristinnen mit ihrem Promotionsvorhaben. Schließlich drängt sich nach dem Bestehen der Ersten Staatsprüfung die Frage auf, ob und wann der richtige Zeitpunkt für eine Promotion gekommen ist: direkt nach dem Ersten Staatsexamen, während des Referendariats oder doch erst nach dem erfolgreichen Beenden des Referendariats und dem Bestehen des Zweiten Staatsexamens? Welcher Zeitpunkt der günstigste für eine Promotion in Jura ist und was es rund um die juristische Promotion zu beachten gibt, erfahrt ihr hier.
Die Promotion als Jurist – nicht zwingend erforderlich, aber wertvoll
Um als Jurist oder Juristin tätig sein zu können, ist eine Promotion nicht zwingend erforderlich. Dennoch ist ein Doktortitel unter Juristen und Juristinnen aber begehrt – und das aus gutem Grund:
Wer als Jurist bzw. Juristin einen Doktortitel führt, verbessert seine Chancen bei der Bewerbung um begehrte Stellen. Außerdem ist nach einer Promotion mit einem deutlich höheren Einkommen zu rechnen. Konkret bedeutet das: Berufseinsteiger und Berufseinsteigerinnen, die einen Doktortitel führen, verdienen durchschnittlich etwa 14.000 Euro pro Jahr mehr als jene ohne Doktortitel. Zusätzlich dazu steht ein Doktorgrad gerade im deutschsprachigen Raum nach wie vor für Renommee und Kompetenz – und lässt sich so für das Vorantreiben der Karriere nutzen.
Bevor es an die Promotion gehen kann, gilt es jedoch eine wichtige Frage zu beantworten: Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen? Diese Frage muss jeder, der formell promovieren darf, für sich selbst beantworten – und die Vor- und Nachteile mehrerer Optionen gegeneinander abwägen.
Promotion in Jura: Wer darf promovieren?
Wer promovieren darf, richtet sich nach der Promotionsordnung der zuständigen Fakultät. Regelmäßig ist in den Promotionsordnungen vorgesehen, dass jeder, der das Erste Staatsexamen mit neun Punkten (also der Note „vollbefriedigend“) abgelegt hat, promovieren darf.
Das bedeutet: Wer sein Erstes Staatsexamen sehr erfolgreich und mit gutem Ergebnis abgeschlossen hat, ist formal bereit für eine Promotion. Selbstverständlich ist aber auch eine spätere Promotion (während des Referendariats oder nach Referendariat und Zweitem Staatsexamen) unproblematisch möglich.
Darüber hinaus müssen diejenigen, die ihr Erstes Examen mit weniger als neun Punkten abgeschlossen haben, ihre Promotionspläne nicht zwingend begraben. Oft sehen die Promotionsordnungen nämlich Ausnahmeregelungen vor, die eine Promotion auch im Falle einer geringeren Punktzahl im Ersten Examen erlauben. Für einen Dispens sind dann zusätzliche Voraussetzungen erforderlich (z. B. ein Nachweis der mit der Note „gut“ bewerteten Seminarleistung).
Die Promotion nach dem Ersten Staatsexamen
Wer das Erste Staatsexamen erfolgreich absolviert hat und bereit für eine Promotion ist, hat regelmäßig bereits mindestens fünf Jahre mit dem Studium der Rechte verbracht. Außerdem sind in zumindest einem Rechtsgebiet meist vertiefte Kenntnisse vorhanden, die sich im Idealfall mit den eigenen Interessen decken.
Vielen Juristen und Juristinnen erscheint der Zeitpunkt für eine Promotion daher nach dem Ersten Examen als besonders passend. Schließlich lässt sich der „theoretischere“ Teil des Studiums auf diese Weise sozusagen in „einem Rutsch“ erledigen, bevor es ans Referendariat und den Berufseinstieg geht. Und tatsächlich: Eine Promotion direkt nach dem Ersten Staatsexamen bringt einige Vorteile mit sich – allerdings gibt es auch ein paar Nachteile, die bedacht werden müssen.
Die Vorteile: Das spricht für eine Promotion nach dem Ersten Staatsexamen
Wer direkt nach dem Ersten Staatsexamen mit seiner Promotion startet, ist noch „voll im Thema“. Insbesondere die Themen, denen man sich bereits während des Schwerpunktstudiums gewidmet hat, lassen sich im Rahmen einer Promotion optimal ausbauen.
Regelmäßig fällt es aufgrund der zeitlichen Nähe zum Schwerpunktbereichsstudium nach dem Ersten Staatsexamen zudem leicht, einen Doktorvater zu finden. Oft sind die Professoren und Professorinnen schließlich noch aus dem Schwerpunktstudium persönlich bekannt.
Zusätzlich dazu ist Juristen und Juristinnen nach dem Ersten Staatsexamen wissenschaftliches, eher theoretisches Arbeiten nicht nur gut bekannt. Vielmehr fällt ihnen diese Arbeitsweise auch (noch) besonders leicht, da mit dem praxisbezogenen Referendariat noch nicht begonnen wurde.
Die Nachteile: Das spricht gegen eine Promotion nach dem Ersten Staatsexamen
Nach dem Ersten Staatsexamen ist wissenschaftliches Arbeiten noch sehr präsent. Im Rahmen einer Promotion ist das hilfreich. Nicht vergessen werden darf jedoch, dass sich einige Gebiete der Rechtswissenschaft erst dann vollumfänglich erschließen, wenn auch die prozessuale Seite verinnerlicht worden ist. Allerdings spielen prozessuale Kenntnisse im Ersten Examen noch eine eher untergeordnete Rolle. Dieses fehlende prozessuale Verständnis kann eine Promotion erschweren.
Außerdem ist zu bedenken: Nach dem Ersten Examen befinden sich Absolventen und Absolventinnen sozusagen auf dem Höhepunkt ihres Wissens. Wird nun eine zeitintensive Promotion begonnen, ist viel relevanter Stoff später, wenn es nach der Promotion an das Referendariat geht, nicht mehr präsent. Das kann die spätere Referendariatszeit deutlich erschweren.
Ein nicht unwesentlicher Nachteil einer Promotion direkt im Anschluss an das Erste Staatsexamen ist zudem die Promotionsfinanzierung. Schließlich muss sich, wer direkt nach dem Ersten Staatsexamen promoviert, längere Zeit mit einem eher mageren Studenteneinkommen abfinden. Wer hingegen zuerst einmal das Referendariat abschließt, kann seine Promotion finanziell abgesicherter angehen.
Die Promotion während des Referendariats
Prinzipiell ist es möglich, nach dem Ersten Staatsexamen in das Referendariat einzusteigen und parallel dazu an einer Promotion zu arbeiten. Hierbei ist allerdings zu bedenken: Während des Referendariats muss viel Neues (insbesondere rechtspraktisches und prozessuales) Wissen erarbeitet werden. Das geschieht zum einen mithilfe der Tätigkeit als Referendar oder Referendarin an den fünf Referendarsstationen und zum anderen durch die Arbeit in den begleitenden Arbeitsgruppen.
Üblicherweise sind Referendare und Referendarinnen mit diesen Aufgaben und der zusätzlichen Vorbereitung auf das Zweite Staatsexamen voll ausgelastet. Eine parallele Promotion ist daher in den allermeisten Fällen nicht ratsam. Schließlich scheint es mehr als zweifelhaft, dass zwischen praktischer Arbeit, Arbeitsgemeinschaften und Examensvorbereitung noch genügend Zeit bleibt, um sich auf eine Doktorarbeit zu konzentrieren.
Die Promotion nach dem Zweiten Staatsexamen
Ist die juristische Ausbildung mit dem Zweiten Staatsexamen abgeschlossen, wurde wissenschaftliches Arbeiten erlernt und ein umfassender Überblick über sämtliche Rechtsgebiete erlangt. Der Zeitpunkt für eine Promotion scheint nun optimal. Tatsächlich hat eine Promotion nach dem Zweiten Staatsexamen gewichtige Vorteile – kommt jedoch nicht vollkommen ohne Nachteile aus.
Die Vorteile: Das spricht für eine Promotion nach dem Zweiten Staatsexamen
Ist das Zweite Staatsexamen erfolgreich bestanden, können Volljuristen und Volljuristinnen etwa mit einer halben Stelle in einer Kanzlei ins Berufsleben starten. Das bringt finanzielle Sicherheit und lässt gleichzeitig genügend Zeit, um sich auf die Promotion zu konzentrieren. Gleichzeitig fällt der Druck, die Promotion aus finanziellen Gründen schnellstmöglich hinter sich bringen zu müssen, weg. So wird es möglich, entspannt und konzentriert an den Erwerb des Doktortitels heranzugehen.
Außerdem interessant: Viele Arbeitgeber fördern Promotionsvorhaben ihrer Mitarbeitenden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Doktorarbeit mit einem Thema befasst, welches für das Unternehmen oder die Kanzlei zukünftig von Bedeutung sein wird.
Die Nachteile: Das spricht gegen eine Promotion nach dem Zweiten Staatsexamen
Wer das Zweite Staatsexamen hinter sich hat, kann meist auf sieben bis acht Ausbildungsjahre zurückblicken. Sich nach einer derart langen Zeit der Ausbildung zu weiterem wissenschaftlichem Arbeiten im Rahmen einer Promotion zu motivieren, fällt oft schwer. Zudem haben über die Jahre familiäre und private Verpflichtungen oft zugenommen – das erhöht den Druck, nach dem Zweiten Staatsexamen möglichst schnell in die Berufstätigkeit zu starten. Für eine Dissertation bleibt parallel zu einer Vollzeitstelle allerdings nur wenig Zeit und es fällt schwer, Arbeits- und Privatleben sowie die Promotion unter einen Hut zu bekommen.
Der passende Zeitpunkt für die Promotion in Jura: Auf die Lebensumstände kommt es an
Die Frage nach dem passenden Zeitpunkt für eine juristische Promotion lässt sich nicht pauschal beantworten. Vielmehr kommt es bei der Entscheidung zwischen einer Promotion nach dem Ersten oder dem Zweiten Staatsexamen auf die individuellen Lebensumstände an:
Wer sein Erstes Staatsexamen verhältnismäßig schnell erfolgreich absolviert und noch keine familiären Verpflichtungen hat, trifft mit einer frühzeitigen Promotion oft die richtige Entscheidung. Zum einen fällt die Promotion direkt nach dem Ersten Examen oft leicht und das Beibehalten eines eher einfachen, studentischen Lebensstandards wird nicht als Entbehrung empfunden. Das macht es leicht, sich vollkommen auf die Dissertation zu konzentrieren und neben der Promotion weniger zu arbeiten.
Wer sein Erstes Examen hingegen vergleichsweise spät erfolgreich absolviert und sich möglichst schnell ein sicheres Einkommen wünscht (oder dieses benötigt), sollte sich für eine Promotion nach dem Zweiten Examen entscheiden. So lässt sich die Doktorarbeit später ohne den zeitlichen Druck, das Referendariat noch absolvieren zu müssen, anfertigen. Außerdem besteht eine geringere Gefahr, für das Erste Examen Gelerntes bis zum Zweiten Examen wieder vergessen zu haben.
Zu bedenken ist allerdings, dass eine Promotion nach dem Zweiten Staatsexamen oft insgesamt mehr Zeit in Anspruch nimmt. Das hängt damit zusammen, dass diejenigen, die nebenberuflich promovieren, oft weniger Zeit zur Verfügung haben, um sich auf ihre Doktorarbeit zu konzentrieren.
Lena Battenberg hat Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg studiert. Bereits während ihres Studiums war sie in einer Kanzlei tätig, die sich unter anderem auf Bau- und Planungsrecht, aber auch auf Immobilienwirtschaftsrecht spezialisiert hat. Nach Abschluss ihres Studiums und mit Kanzleierfahrung im Gepäck ist sie seit Ende 2015 als freiberufliche Fachtexterin im juristischen sowie im Finanzbereich tätig.