Wie kostbar ein Moment mit Menschen ist, die man liebt, wissen wir alle spätestens seit der Coronakrise umso mehr. Doch verbringen nicht viele von uns die Abende und die Wochenenden am Schreibtisch, weil Akten bearbeitet werden müssen oder Fristen drücken? Wäre es nicht viel schöner, mehr Zeit für sich, für seine eigenen Interessen und seine Lieben oder auch für den Ausbau des Kanzleierfolgs zu haben?

Zeitmanagement als Anwältin bzw. Anwalt

Der Umgang mit der eigenen Zeit entscheidet maßgeblich über die persönliche Zufriedenheit, über den beruflichen Erfolg als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt und auch über das Einkommen. Beispiel:

  • Wer früher und entspannter mit seiner Arbeit fertig ist, hat mehr freie Zeit für sich.
  • Je mehr Zeit man hat, desto mehr Zeit kann in Fortbildungen und die Mandatsbearbeitung investiert werden. Dies führt zu einer höheren Qualität, zufriedeneren Mandanten und einer besseren Reputation.
  • Wer gewonnene Zeit in die Akquise oder in das Kanzleimanagement investiert, generiert weitere finanzielle Vorteile und kann in derselben Zeit mehr Mandate bearbeiten und ein höheres Einkommen erzielen.

Die gute Nachricht ist, dass jeder selbst verantwortlich ist, wie er mit der eigenen Zeit umgeht – egal, ob angestellte Anwältin bzw. angestellter Anwalt, Kanzleiinhaber:in oder Assistenz.

Für die folgenden Tipps zum Zeitmanagement benötigen Sie keine Erlaubnis vom Vorgesetzten, kein zusätzliches Budget und auch keine extra Zeit, sondern nur den eigenen Wunsch, den Zeitdieben am eigenen Arbeitsplatz auf die Schliche zu kommen.

Vor allem weil Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte viel Zeit vor Gericht, für Fortbildungen, Reisen und Besprechungen verplanen, bleiben in der Regel nur kleine Zeitfenster, um die „eigentliche Mandatsbearbeitung“ bei „normalen RVG-Mandaten“ fristgerecht und im Einklang mit den eigenen und fremden Erwartungen zu erledigen.

Zehn Impulse im Zeitmanagement

Mit den folgenden zehn erprobten Impulsen im Bereich Zeitmanagement können Sie die Zeit am Schreibtisch maximal nutzen, ohne sich verbiegen zu müssen:

1. „Haben Sie mal kurz einen Moment …?“

Die kostbaren Zeitfenster sollten so gut wie möglich genutzt werden, denn nur in diesen Zeiten kann alles bearbeitet werden, was bearbeitet werden muss. Umso ärgerlicher ist es, wenn man gestört wird. Studien belegen, dass eine Unterbrechung, z. B. bei der Ausarbeitung eines schwierigen Schriftsatzes oder durch einen Anruf, bis zu 15 Minuten Zeit kostet, bis man wieder im Thema ist, zu Fehlern führt und die Leistungsfähigkeit sinken lässt. Die Protokollierung dieser Störungen bietet Lösungsansätze – auch für angestellte Anwältinnen und Anwälte.

2. Das vorhandene Werkzeug beherrschen

In den meisten Kanzleien sind eine Reihe von Software-Programmen im Einsatz: Von MS Outlook bis zur Kanzleisoftware, vom Diktiersystem bis zur Scansoftware. Jedes einzelne der Programme hat mehr sinnvolle Funktionalitäten, als im Alltag zum Einsatz kommen. Der Hilfebereich und die Internetseite der Hersteller bieten Anregungen dazu, wo und wie die Nutzungstiefe Schritt für Schritt erweitert werden kann. Eine bessere Kenntnis und Nutzung der Programme und ihrer Funktionen ist vor allem bei einem vollen Schreibtisch besonders hilfreich, weil sie direkt zu einer dauerhaften Zeitersparnis führt – vor allem in MS Word und der Kanzleisoftware.

3. „Was habe ich damit zu tun?“

In einer Kanzlei werden viele Entscheidungen, Schreiben und Tätigkeiten in den Verantwortungsbereich der Anwältin bzw. des Anwalts geschoben oder geholt, obwohl sie teils sogar besser, oder zumindest genauso gut, durch jemand anderes erledigt werden können. Die Arbeitszeit der Anwältin bzw. des Anwalts ist endlich, deshalb sollte diese für die maximal wertschöpfenden Tätigkeiten genutzt werden. Statt immer wieder neu zu delegieren, bietet es sich an, manche Tätigkeiten ganz ohne Verfügung durch die Assistenz bearbeiten zu lassen.

4. „Muss das wirklich sein?“

Tätigkeiten, die nicht wirklich nötig sind und nur Zeit und Energie binden, finden sich vor allem in falsch terminierten Wiedervorlagen, Sachstandanfragen oder Rückrufen. Wer seine Mandanten gleich im Bearbeitungsprozess vollständig über die weiteren Schritte informiert, z. B. mit automatischen Informationsschreiben, und die Bearbeitung zügig erledigt, verbraucht die Arbeitszeit nicht, um verunsicherte Mandanten am Telefon zu beruhigen.

5. Individualität ist netter Luxus

Von den vielen Schreiben, die jede Woche in einer Kanzlei erstellt werden, können sehr viele ganz oder zumindest teilweise inhaltlich standardisiert und in ganz wenigen Klicks erstellt werden. Die meisten Kanzleisoftwareanbieter stellen entsprechende Möglichkeiten bereit – mit individuell anpassbaren Vorlagen.

6. Wenn …, dann …

Einige Aktionen resultieren als logische Folge aus dem vorangegangenen Schritt. Diese können durch die Assistenz gut selbstständig und vor allem ohne Verfügung und Wiedervorlage automatisch ausgeführt werden.

7. Die schlaue Verlängerung

Statt nach der Ausarbeitung eines Schriftsatzes oder nach einem Telefonat nur die Wiedervorlage zu definieren, lohnt es sich, direkt die nächsten zwei Schritte zu skizzieren, zu erledigen und zu verfügen.

8. Verführungen des Alltags

Eine Bearbeitung in drei über den Tag verteilten Zeitfenstern ist eine gute Alternative. Die konsequente Bearbeitung der E-Mails setzt Energie und Zeit frei. Dank Regeln, „QuickSteps“ zur Verwendung von Vorlagen, Textbausteinen und einer Verzahnung der Programme können sogar aktenbezogene Anliegen in fünf Minuten direkt abschließend erledigt werden.

9. Besprechungen im Block

Statt „zwischen Tür und Angel“ bieten sich zwei tägliche 30-Minuten-Besprechungen mit der Assistenz an. Dies schafft Ruhe, um Arbeitsaufträge zu verteilen und nachzuhalten, aufgetretene Fragen zu beantworten, Termine und abzurechnende Akten zu besprechen sowie (möglichst ohne Handakte) die Post und Wiedervorlagen zu verfügen.

10. Planung

Ein Überblick über die Termine und Fristen der kommenden Woche bietet Sicherheit, schützt vor Überraschungen und schafft Gestaltungspielraum. Erfolgt am Vorabend eine möglichst konkrete, realistische und schriftliche Planung des nächsten Arbeitstags, gibt dies Klarheit, Orientierung und zugleich einen motivierenden Nachweis, was man an dem Tag alles geschafft hat.

Selbstmanagement ist Eigenverantwortung

Letzten Endes geht es beim erfolgreichen Zeitmanagement primär um Selbstmanagement. Dieses ergibt sich aus der Übernahme von Verantwortung für den Umgang mit der eigenen Lebenszeit. Für erfolgreiches Zeitmanagement in der Anwaltskanzlei bedeutet es, dass jeder durch eine kritische Reflexion unnötige Tätigkeiten eliminieren, standardisieren oder delegieren kann sowie durch konsequente Lernbereitschaft nötige Tätigkeiten schneller erledigen kann.

Wir haben die Wahl.

Zehn Impulse für erfolgreiches Zeitmanagement in der Anwaltskanzlei zum Abhaken.

  1. Protokollieren und korrigieren
  2. Lernen und üben, üben, üben
  3. Delegieren
  4. Hinterfragen und korrigieren
  5. Standardisieren
  6. „Automatisieren“
  7. Zeit in der Zukunft einsparen
  8. Erledigen
  9. Entscheidungen treffen
  10. Planen
Foto: Adobe Stock/©fizkes

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.

Kurzratgeber für den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei:
Hier kostenlos downloaden!

Hier kostenlos herunterladen