ReFa-Mangel

In Stellenbörsen und auf Kammerseiten liest man es überall: Rechtsanwaltsfachangestellte werden gesucht. Händeringend. Immer weniger Schülerinnen und Schüler wollen sich nach ihrem Abschluss zur „ReFa“ oder „ReNo“ ausbilden lassen und auch gute erfahrene Kräfte sind schwer zu bekommen. Woran liegt das?

Unangenehme Folge schlechter Bedingungen: „Fachkräftemangel”

Auf dem Image der Anwaltschaft liegt eine fingerdicke Staubschicht. Moderne Entwicklungen wie Legal Tech & Co. haben daran nicht viel ändern können, weil die Krux in Mindset und Organisation liegt: Strenge Hierarchien, schlechte Bezahlung, Stress, Druck, Überstunden, dünkelhaftes Verhalten. Das macht sie für potenzielle Azubis, die sich vorab via Internet oder Praktika informiert haben, unattraktiv. Und so ist auch die Zahl jener, die sich ausbilden lassen wollen, stetig rückläufig. Das bringt Kanzleien zunehmend in die Bredouille.

Wie man Rechtsanwaltsfachangestellte rekrutiert

Ob Suche nach Azubi oder erfahrener Kraft: Man sollte wissen, wo sich im Netz die Zielgruppe tummelt (Social Media!) und wie man sich dort als attraktiver Arbeitgeber präsentiert. Mit Transparenz in der Stellenausschreibung hebt man sich bereits ab: statt „attraktives Gehalt“ eine Gehaltsspanne angeben, statt „familienfreundlich“ die Option zu Teilzeit und Homeoffice anführen oder statt „gutes Team“ die Open-Door-Policy oder Mitarbeiter-Events benennen.

Spezialisierte Dienstleister im Bereich des Recruitings nichtjuristischen Kanzleipersonals weisen darüber hinaus auf diverse Fehler im Bewerbungsprozess hin, mit denen Kanzleien Bewerberinnen und Bewerber verprellen: Intransparenz bezüglich der Stelle und ihrer Rahmenbedingungen, fehlendes Feedback nach Bewerbungseingang und eine unentspannte Gesprächsatmosphäre durch Mangel an Vorbereitung oder gar unzulässige Fragen lassen aussichtsreiche Kandidaten früh die Segel streichen.

Die Notwendigkeit, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, um hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, scheinen viele Kanzleien noch nicht erkannt zu haben. Sie werden ihre Attitüde ändern müssen, um Kräfte zu finden, die wirklich Lust auf ihren Job haben und ihn nicht nur als notwendiges Übel sehen, um die Miete zahlen zu können.

Die moderne Kanzlei: Digital? Optimal!

Die fortschreitende Digitalisierung krempelt in Kanzleien derzeit vieles um. Besonders im Sekretariat. Elektronische Aktenführung und moderne Kommunikationsmittel (Apps, Skype u.ä.) erfordern ein Umdenken insbesondere älterer Mitarbeiter(innen) und die Anpassung etablierter Arbeitsabläufe; und das in immer engerer Taktung, denn die Technik ändert sich rasant. Dieses Tempo muss man als ReFa mitgehen. Um die Tools souverän nutzen zu können, braucht es Offenheit der Nutzer gegenüber der Technik sowie regelmäßige Schulungen.

Zugleich sollte aber auch das Ziel sein, sich sukzessive in der Kanzlei moderner aufzustellen, um Anwältinnen und Anwälten sowie ReFas die Arbeit zu erleichtern bzw. ihnen zu erlauben, sich nur noch auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Dies betrifft insbesondere kleine Kanzleien. Stichworte sind hier Automatisierung (z. B. Weiterleitung eingehender Anrufe an Dienstleister bei Pause, Krankheit oder Urlaub der ReFa), Prozessoptimierung (Legal Tech) oder das flexible Outsourcen zeitraubender Aufgaben an passende Freelancer (IT, Website, SEO-Optimierung, Newsletter, Social Media, Monitoring aktueller Urteile, Erstellung laienverständlicher Texte für den Kanzlei-Blog etc.).

Wir hier oben, Ihr da unten

Anwältinnen und Anwälte sind nicht dafür bekannt, gegenüber flachen Hierarchien und New Work besonders aufgeschlossen zu sein. Im Gegenteil. Seit Jahrzehnten gibt es in Kanzleien „die Anwälte“ und „das Sekretariat“, dazwischen ein tiefer Graben mit temporär auftretenden Referendaren darin. Sie mäandern zwischen den Welten, tendieren auf der Weihnachtsfeier aber auch schon dazu, den „Sekretärinnen-Tisch“ (sic!) zu meiden.

Dünkel und Hierarchiedenken mögen längst überholt sein, doch in eher konservativen  Branchen ändert sich nur langsam etwas. Jahrelanges „Nicht geschimpft ist Lob genug“ rächt sich jetzt. Wertschätzung ist der Begriff, der immer wieder fällt, weil er immer wieder fehlt. Zu diesem Fazit kam im September 2019 auch ein DAV-Expertenforum („Die Zukunft eines Berufes“), das ReFas und ReNos in den Mittelpunkt stellte. Ein Lichtblick: Bei den jüngeren Anwältinnen und Anwälten findet bereits ein Umdenken statt. ReFas werden als Teil des Teams gesehen.

Live-Mitschnitt: „Die Zukunft eines Berufes – DAV-Expertenforum ReNo“

So können Sie gute Mitarbeiter(innen) halten

Ein Anwalt bzw. eine Anwältin sollte eben nicht nur die Akten im Blick haben, sondern auch das Sekretariat „sehen“. Dabei hat Wertschätzung viele Gesichter:

  • Das Potenzial guter Mitarbeiter(innen) erkennen und fördern (Fortbildungen)
  • Namentliche Benennung des Sekretariats neben den AnwältInnen auf der Website
  • Übertragung einzelner Projektaufgaben
  • Gemeinsame Mittagessen mit AnwältInnen und Sekretariat
  • Explizite Anerkennung überdurchschnittlichen Engagements (z. B. regelmäßige Überstunden)
  • Unkomplizierte Ermöglichung von Homeoffice, Teilzeit oder Bildungsurlaub
  • Überdurchschnittliches Gehalt, großzügige Urlaubsregelung

Wer dazu nicht bereit ist, wird zukünftig keine guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr finden, nur noch Unzufriedene bei sich horten oder die Guten zeitnah wieder verlieren. Denn die wirklich fitten Kräfte wissen um ihren Wert und sind selbstbewusst genug, sich einen Arbeitgeber zu suchen, der mit ihnen angemessen agiert.

Kurzum: Zielgerichtetes Recruiting, Wertschätzung und Einbindung, solide Aus- und Weiterbildung sowie ein angemessenes Gehalt sind das Fundament dafür, dass das Sekretariat mit motivierten, engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt ist!

Foto: Adobe Stock/©LIGHTFIELD STUDIOS

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