Die in Schleswig-Holstein bereits seit 01.01.2020 geltende Pflicht zur Einreichung von Schriftsätzen, und deren Anlagen als elektronische Dokumente, hat die aktive Nutzung des beAs erheblich beschleunigt. Aber auch in anderen Bundesländern ist die Einführung der E-Akte zum Teil bereits so weit fortgeschritten, dass Gerichte die Einreichung als elektronische Dokumente erbitten, selbst wenn diese dort noch nicht verpflichtend gilt. Wer die dafür gesetzlich vorgeschriebenen Formalia nicht beachtet, geht ein hohes Risiko ein, wie ein aktuelles BAG-Urteil zeigt.

Hier ist insbesondere der 01.01.2021 im Auge zu behalten, weil damit gerechnet werden muss, dass weitere Bundesländer die bundeseinheitliche Pflicht, die zum 01.01.2022 in Kraft tritt, von einigen Bundesländern in Arbeitsgerichtssachen vorgezogen wird. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, die Anforderungen an elektronische Dokumente zu kennen, damit die Einreichung fristwahrend und wirksam erfolgen kann. Die komplexen rechtlichen Zusammenhänge sind dabei häufig nicht aus sich heraus verständlich. Die für die Übermittlung und Überarbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen gem. § 130a Abs. 2 S. 2 ZPO sowie § 46c Abs. 2 S. 2 ArbGG (korrespondierende Vorschriften finden sich auch z. B. im FFG, der SGO und VwGO), sind in der seit 01.01.2018 in Kraft getretenen ERVV[1] geregelt. Diese ERVV wurde mit Verordnung vom 09.02.2018[2] auch auf Straf- und OWi-Sachen erstreckt.

§ 2 Abs. 1 S. 1 ERVV regelt, dass das elektronische Dokument in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln ist. Ergänzend regelt § 5 ERVV, dass die technischen Anforderungen an das zulässige Dateiformat sich aus entsprechenden Bekanntmachungen zum elektronischen Rechtsverkehr ergeben können. Inzwischen sind zwei ERVBs in Kraft getreten (ERVB 2018 sowie ERVB 2019). Beide ERVB sind ergänzend zur jeweiligen verfahrensrechtlichen Vorschrift, wie z. B. § 130a ZPO und § 46c ArbGG zwingend zu beachten.

Den Richtlinien nicht entsprechende Dokumente werden moniert

Speziell für die Arbeitsgerichtssachen regelt § 46c Abs. 6 ArbGG wortidentisch zu §130a Abs. 6 ZPO, dass, wenn ein eingereichtes elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist, dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitzuteilen ist. Dabei gilt das Dokument zum Zeitpunkt der früheren Einreichung als eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

Dieser „Rettungsanker“ bei Formatfehlern soll nach dem Willen des Gesetzgebers einer Vielzahl von Wiedereinsetzungsanträgen entgegenwirken und auch dem verfassungsrechtlichen Gebot Rechnung tragen, dass an die Einreichung von fristwahrenden Dokumenten nicht derart hohe Anforderungen gestellt werden sollen, dass schon kleinste Fehler zu einem Fristversäumnis führen können.

In der Praxis werden konkrete Mängel des Dokuments nicht mitgeteilt

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass dieser Rettungsanker ausschließlich für Formatfehler greift, das heißt, wenn ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet ist. Andere Fehler, z. B. bei der Anbringung einer elektronischen Signatur, können hierdurch nicht korrigiert werden. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass Arbeitsgerichte häufig lediglich einen pauschalen Hinweis auf die Nichtgeeignetheit zur Weiterverarbeitung eines Dokuments unter Hinweis der geltenden technischen Rahmenbedingungen erteilen. Woran ein Dokument „krankt“, wird jedoch häufig nicht mitgeteilt. Dies muss die Nutzerin bzw. der Nutzer dann selbst teilweise mühevoll herausfinden. Insbesondere die ERVB 2019 lässt sich hier für den Normalnutzer auch nicht ohne Weiteres verstehen. Die Verwendung von Fachbegriffen aus dem IT-Bereich überfordert nicht nur manche Bürokraft, sondern auch viele Anwältinnen und Anwälte.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun in einer Entscheidung am 12.03.2020[3] beschlossen hat, eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revisionsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, da die vorgegebenen technischen Rahmenbedingungen nicht eingehalten worden seien und auf den einmaligen Hinweis wiederum kein den Anforderungen entsprechendes Dokument eingereicht wurde.

Auch nachgereichtes Dokument wies Formatfehler auf

Am 26.02.2020 wies das Gericht den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf den Formmangel und die geltenden technischen Rahmenbedingungen hin. Auf diesen Hinweis, der am 28.02.2020 beim Prozessbevollmächtigten einging, erfolgte noch am selben Tag (und damit unverzüglich) die erneute Übermittlung der Beschwerdebegründung.

Dies wurde vom BAG aber deshalb als nicht ausreichend angesehen, da zum einen die Beschwerdebegründung wiederum nicht durchsuchbar war und es zudem an einer Glaubhaftmachung der inhaltlichen Übereinstimmung beider Dokumente fehlte (z. B. durch eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten). Nach Ansicht des BAG sei eine erneute Mitteilung bzgl. fortbestehender Formmängel durch § 130a Abs. 6 S. 1 ZPO nicht geboten, da das Gesetz keine mehrfache Hinweispflicht vorsähe. Eine solche wäre, so das BAG, mit der gesetzlichen Vorgabe eines unverzüglichen Nachreichens auch nicht vereinbar. Nach Auffassung des BAG ist die „einmalige Möglichkeit der Nachreichung auch ausreichend, um den Zugang zu den Gerichten ohne unverhältnismäßige Einschränkung zu gewährleisten.“[4]

Die begehrte PKH wurde mangels Erfolgsaussicht mit derselben Entscheidung nicht gewährt, sodass der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst zu tragen hatte.

Aus dieser recht strengen Entscheidung des BAG lässt sich entnehmen, dass eine Kenntnis über die technischen Rahmenbedingungen sowohl bei MitarbeiterInnen als auch AnwältInnen in Kanzleien zwingend erforderlich ist, damit derartige Fehler nicht passieren. Dabei stellt die fehlende Durchsuchbarkeit häufig nur ein Problem dar. Auch nicht in das PDF-Dokument eingebettete Schriften oder die Verwendung von Logos etc. können zu Problemen führen.

[1] Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV vom 24.11.2017, BGBl. I, S. 3803.

[2] BGBl. I, S. 200.

[3] BAG, Beschl. v. 12.03.2020, Az.: 6 AZM 1/20. NJW 2020, 1694 = NZA 2020, 607.

[4] BAG, a.a.O.

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PDF für beA und ERV

Foto:Adobe.Stock/vege

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