Wie einige von Ihnen bereits durch den BRAK-Newsletter 34/2019 vom 29.11.2019 vermutlich vernommen haben, macht die schleswig-holsteinische Arbeitsgerichtsbarkeit nun mit der „aktiven Nutzungspflicht“ des beA ernst. In diesem Beitrag erfahren Sie, was hinter der BRAK-Meldung steckt und wie Sie sich auf die aktive Nutzungspflicht in Schleswig-Holstein vorbereiten.
1. Was wird in Schleswig-Holstein geschehen?
Ausgangspunkt ist das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERVGerFöG).
Nach Art. 24 Abs. 2 S. 1 ERVGerFöG können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die in Artikel 26 Abs. 7 ERVGerFöG genannten Bestimmungen ganz oder teilweise bereits am 01. 01.2020 oder am 01.01. 2021 in Kraft treten. Art. 26 Abs. 7 ERVGerFöG verweist unter anderem auf den neuen § 46g ArbGG. § 46g ArbGG ordnet an, dass Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Damit ist die vielzitierte „aktive Nutzungspflicht“ gemeint.
Nach der Presseerklärung des schleswig-holsteinischen Ministeriums für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung wird die entsprechende Rechtsverordnung im Dezember 2019 ausgefertigt und verkündet. Ab dem 01.01.2020 ist daher § 46g ArbGG im Rahmen der schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichtsbarkeit zu beachten.
2. Was müssen Sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt ab dem 01.01.2020 beachten?
Die geplante Rechtsverordnung des Landes Schleswig-Holstein betrifft ausschließlich die Arbeitsgerichtsbarkeit.
Die aktive Nutzungspflicht hat nichts damit zu tun, ob Sie in Schleswig-Holstein Ihre Kanzlei haben oder, ob Ihre Mandanten in Schleswig-Holstein leben. Entscheidend ist allein, ob Sie in einem Verfahren mit der schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichtsbarkeit kommunizieren wollen.
3. Was müssen Sie vorbereiten?
a) Sie müssen gemäß der passiven Nutzungspflicht berufsrechtlich die für die Nutzung des beAs erforderlichen technischen Einrichtungen vorhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis nehmen (vgl. § 31a Abs. 6 BRAO). Prozessual müssen Sie nach § 50 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 174 Abs. 3 S. 4 ZPO damit rechnen, dass schleswig-holsteinische Arbeitsgerichte Ihnen Dokumente an Ihr beA-Postfach übersenden.
b) Sie müssen sicherstellen, dass Sie selbst Nachrichten aus Ihrem beA versenden können (§ 46c Abs. 3 Alt. 2 ArbGG). Alternativ müssen Sie den Umgang mit der qualifizierten elektronischen Signatur beherrschen (§ 46c Abs. 3 Alt. 1 ArbGG).
Zum Thema qualifizierte elektronische Signatur empfehlen wir Ihnen den Beitrag „SIGNATUREN BEIM EINSATZ DES beA – DAS SOLLTEN SIE WISSEN“ in der Ausgabe 6/19 des Fachinfo-Magazin MKG.
c) Sie müssen die Anforderungen an elektronische Dokumente nach der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) beherrschen, d.h.
- Sie müssen ein druckbares, kopierbares und, soweit technisch möglich, durchsuchbares PDF-Dokument erstellen können (§ 2 Abs. 1 ERVV),
- Sie sollen einen Dateinamen wählen, der den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreibt und der bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthält (§ 2 Abs. 2 ERVV),
- Sie sollen dem elektronischen Dokument einen XML-Datensatz beifügen; dies macht das beA für Sie auf Knopfdruck (§ 2 Abs. 3 ERVV) und
- Sie müssen die Höchstgrenzen für die Anzahl und das Volumen elektronischer Dokumente einhalten; dies sind derzeit maximal 100 Dateien mit insgesamt maximal 60 MB Größe (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 ERVV).
4. Was machen Sie, wenn das beA (mal wieder) gestört ist?
Bisherige Nutzer des beA haben sicherlich schon leidvoll festgestellt, dass die Kommunikation via beA zum Teil schleppend läuft oder vereinzelt überhaupt nicht funktioniert. In diesen Fällen müssen Sie auf einen anderen Transportweg ausweichen (z.B. Boten, Post, Telefax). Wie sieht dies ab dem 01.01.2020 in einem Verfahren mit der schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichtsbarkeit aus?
Hier hilft Ihnen § 46g S. 3 und4 ArbGG:
Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
Es muss sich also um eine vorübergehende Störung (entweder des beA oder Ihrer IT handeln). Über diese Vorschrift können Sie versäumte Vorbereitungen (Siehe Ziffer 3.) nicht rechtfertigen.
Sie können das Dokument in diesem Fall auf einem anderen zulässigen Weg an das Gericht versenden.
Sie müssen glaubhaft machen, dass es sich um eine vorübergehende Störung handelt.
Sollten Sie eine der vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllen, ist Ihr eingereichtes Dokument prozessual unwirksam!
5. Müssen Sie jedes Dokument elektronisch versenden?
Im Zuge der beA-Einführung gab es viele Kolleginnen und Kollegen, die auf folgenden Gedanken kamen: Der Wortlaut von § 46g ArbGG ordnet eine Übermittlung als elektronisches Dokument für vorbereitende Schriftsätze an. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass nicht-vorbereitende Schriftsätze herkömmlich versandt werden können.
Dies dürfte der Gesetzgeber bei der Vereinheitlichung des elektronischen Rechtsverkehrs mit der Justiz kaum beabsichtigt haben. Es dürfte daher im Sinne des sichersten Weges angezeigt sein, sämtliche Dokumente in einem Verfahren mit der schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichtsbarkeit als elektronische Dokumente zu versenden.
6. Fazit: Seien Sie „beA-ready“!
Ab dem 01.01.2020 müssen Sie mit der schleswig-holsteinischen Arbeitsgerichtsbarkeit elektronisch kommunizieren.
Sie müssen „beA-ready“ sein.
Sie müssen ordnungsgemäße elektronische Dokumente erstellen und versenden können.