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Auch über Stadtgrenzen hinaus setzt sich der Kölner Anwaltverein (KAV) mit der Initiative #juranotalone für die Anwaltschaft während der Coronakrise ein. KAV-Vorsitzender Markus Trude erklärt im Interview mit mkg-online.de, warum aus seiner Sicht die Anwaltschaft die Folgen der Krise vergleichsweise spät treffen wird.

Die Initiative #juranotalone läuft nun schon ein paar Tage. Wie sind die ersten Reaktionen?

Wir freuen uns sehr, dass wir als regionaler Anwaltverein mit unserer Initiative bundesweit so vielen Kolleginnen und Kollegen helfen konnten. Wir haben zahlreiche Informationen über unsere Initiative fließen lassen und damit insbesondere die vielen Fragen am Anfang der Pandemie beantwortet. Wir haben nur positive Reaktionen erhalten. Neben den Informationen, die wir liefern konnten und auch derzeit ständig liefern, haben wir mit #juranotalone auch ein überregionales Netzwerk geschaffen, in dem mittlerweile nicht mehr nur wir als Kölner Anwaltverein Hilfen leisten, sondern in dem die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte untereinander die vielfältigen Fragen, die sich heute stellen, beantworten. Als Reaktion auf die kurzfristige Absage der Einstellung von Rechtsreferendare in NRW, die ursprünglich zum 01. April ihren Vorbereitungsdienst in NRW antreten wollten, haben wir diese Zielgruppe in unserer Initiative mit einbezogen. Es gelang uns mittlerweile, einige der Referendarinnen und Referendare, zumindest temporär an Kanzleien in NRW zu vermitteln, die in dieser Zeit zusätzliche Unterstützung benötigen.

Was sind die häufigsten Fragen, die Anwälte im Zuge der Krisenbewältigung haben?

Viele Fragen betreffen den organisatorischen Bereich, wie z. B. die Kommunikation mit den Gerichten, Beschränkungen beim Zutritt zu den Gerichten, wie die Justiz derzeit mit der Anberaumung von Terminen umgeht und welche Verfahren trotz Pandemie zügig fortgesetzt werden. Ein weiteres großes Thema sind die staatlichen Hilfestellungen für Selbständige. Die Mitglieder des Kölner Anwaltvereins sind zum Großteil auch Unternehmer mit deren Existenz viele Arbeitsplätze verbunden sind. Die Anwaltschaft treibt die große Sorge um, dass es sie als kleine und Kleinstunternehmer in der Krise besonders hart treffen könnte.

Was brauchen die AnwältInnen jetzt? Welche Unterstützung sollte die Politik leisten?

Die Anwaltschaft braucht wie alle betroffenen Unternehmen möglichst schnell Planungssicherheit. Ferner wird die Anwaltschaft zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen weitergehende Hilfen des Staates benötigen. Denn anders als z. B. den Einzelhandel und die Gastronomie treffen die finanziellen Folgen der Pandemie die Anwaltschaft zeitverzögert deutlich später, wahrscheinlich sogar erst in der zweiten Jahreshälfte oder im Jahre 2021, was insbesondere auch mit den Verfahrensdauern bei den Gerichten und Behörden zusammenhängt. Ferner wird mehr Flexibilität bei den gerichtlichen Fristen und der Durchführung von Verhandlungen bei Gerichten benötigt, die beispielsweise auch als Videokonferenz durchgeführt werden könnten. Derzeit gibt es praktisch keine Gerichtstermine, was zu einem faktischen Stillstand der Rechtspflege in vielen Bereichen führt. Das ist so nur für kurze Zeit hinnehmbar.

Tauschen Sie sich für die Krisenhilfe auch mit Anwaltvereinen aus anderen Regionen aus?

Wir stehen als Kölner Anwaltverein insbesondere mit allen anderen nordrhein-westfälischen Anwaltvereinen in engem Kontakt, wobei uns regional und organisatorisch gesehen natürlich die zum Bezirk der Rechtsanwaltskammer Köln gehörenden Anwaltvereine am nächsten stehen. Besonders haben wir uns als Kölner Anwaltverein darüber gefreut, dass auch andere Anwaltvereine aus ganz anderen Bundesländern ein sehr positives Feedback auf unsere Initiative gegeben haben und wir auch zu vielen dort gestellten Fragen von Köln aus über unsere Initiative helfen können.

Können Sie in Zahlen ungefähr abschätzen, wie viele AnwältInnen durch die Krise finanziell in ihrer Existenz gefährdet sind?

Eine Prognose wage ich da kaum. Es wird besonders stark darauf ankommen, wie lange die Kontaktsperren dauern und wie lange die Justiz keine Gerichtstermine durchführt. Für größere Kanzleien wird auch entscheidend sein, welche Folgen die Pandemie auf große Unternehmen haben wird. Ich schätze die Zahl der existentiell gefährdeten Kolleginnen und Kollegen derzeit bereits auf mindestens zehn Prozent, wobei kleinere Betriebe sicher stärker betroffen sind, als größere. Sollten die Beschränkungen allerdings noch wesentlich länger dauern, wird sich diese Zahl nach meiner Einschätzung noch deutlich erhöhen.

Durch die Pandemie sind ja einige wichtige Debatten einfach untergegangen. An welchen Projekten hat der KAV vor der Coronakrise noch gearbeitet bzw. arbeitet noch an ihnen?

Der KAV versteht sich als zukunftsorientierter Partner an der Seite seiner Mitglieder. Aus diesem Grunde gab und gibt es jederzeit zahlreiche Projekte, die von uns er- und bearbeitet, bzw. geplant werden. Einige der Projekte werden parallel zur Bewältigung der gegenwärtigen Situation, die sehr viel Einsatz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlangt, weitergeführt. Wir hoffen, dass diese sukzessive umgesetzt werden können, wenn die Lage sich etwas übersichtlicher und die Situation für alle planbarer wird. Näheres dazu können wir Ihnen aber erst dann berichten, wenn es soweit ist.  

Herr Trude, ich danke vielmals für das Gespräch!

Das Interview führte Bettina Taylor.

Der Kölner Anwaltverein hat die Initiative #Juranotalone gestartet. Über Facebook, per E-Mail (hilfe@koelner-anwaltverein.de) und auch Telefon und WhatsApp (017666098456) können sich hilfesuchende Anwältinnen und Anwälte mit Kollegen vernetzen.

Weitere Infos finden Sie auf koelner-anwaltverein.de

Experten-Tipps rund um Homeoffice, beA, digitale Beratung & Co. erhalten Sie in der kostenlosen Fachinfo-Broschüre „Coronakrise effizient meistern: Erste-Hilfe-Ratgeber für Anwaltskanzleien“.

Hier geht es zum Download:

Coronakrise effizient meistern

Foto: Adobe Stock/ Alexander Limbach

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