Diplom-Jurist

Anwaltsalltag ist kein Zuckerschlecken: Mandanten zufriedenstellen, Gegnern parieren, Richter überzeugen – der Erwartungsdruck ist hoch. Und Juristen sind Perfektionisten. Déformation professionelle, wie man so schön sagt. Quasi Berufskrankheit.

Mit der Kanzleigröße korreliert oft auch das Stress-Level, denn neben der Mandatsarbeit gibt es für die Associates noch die Dynamik innerhalb des Teams und eine leistungsorientierte Atmosphäre. „Zipperlein“ werden unterdrückt. Man möchte schließlich Souveränität ausstrahlen. Wenn sich aber doch er(n)ste Stress-Symptome ihren Weg an die aalglatte Oberfläche bahnen, werden sie vom geschäftigen Umfeld belächelt, ignoriert oder bagatellisiert: So schlimm wird’s schon nicht sein. Stress haben doch alle. Und gar Burnout? Na, man soll’s ja nicht gleich übertreiben. Doch: Wo ist die Grenze?

Ist es noch Stress oder ist es schon Burnout?

Die Unterscheidung zwischen Stress und beginnendem Burnout ist nicht einfach. Je nach individueller Resilienz führt Dauerstress bei dem Einen früher zum Burnout, beim Anderen später und beim Dritten gar nicht.

Eine Hamburger Rechtsanwältin berichtet: Ich war in Hamburg gerade frisch Partnerin geworden als meine Mutter in Freiburg an Krebs erkrankte. Ich versuchte, sie so oft wie möglich zu sehen. Zeitgleich forderten mich Mandate und bundesweite Termine.“

Stress ist in der Regel temporär. Ein besonders komplexes Mandat, akuter Fristendruck, eine private Krisensituation – da kann man schon mal an seine Grenzen kommen. Und kurzzeitig kann Stress auch positiv wirken. Manch einer prokrastiniert immer mal, bis das Fristende unaufhaltsam vor der Tür steht, und läuft dann plötzlich zu Hochtouren auf!

Als es ihr wieder besser ging, versuchte ich, das Liegengebliebene aufzuholen. Wochenlang war ich abends die Letzte im Büro.“

Früher oder später kommt der Punkt, wo es umschlägt und zu viel wird.

 Ich klotzte ran und merkte nicht, wie sich Erschöpfung breitmachte. Ich konnte mich nicht mehr richtig konzentrieren. Ich guckte minutenlang auf den blinkenden Cursor, bevor ich eine Zeile schrieb. Jede Kleinigkeit notierte ich mir, um sie nicht zu vergessen.“

Äußerer Stress verursacht inneren Stress.

 Ich brauchte für alles unendlich viel Zeit und bekam kaum noch was auf die Reihe. Das stresste mich zusätzlich. Nachts schlief ich schlecht. Ich grübelte über meine Situation, meine Mutter, die Akten – manchmal lag ich zwei Stunden wach und wachte nach kurzem Schlaf morgens wie gerädert auf.“

Burnout ist die Folge von Dauerstress, bei dem oft auch mehrere Faktoren zusammenkommen.

Ich war dann irgendwann total durch. Die Kollegen waren alle mit sich beschäftigt und bemerkten anfangs nichts, denn nach außen hin funktionierte ich noch irgendwie. Rückblickend eigentlich erstaunlich… Ich distanzierte mich zunehmend von der Arbeit. Einiges blieb wochenlang liegen. Bis ich nicht mehr konnte. Naja, also eines Vormittags kippte ich dann einfach um. Zusammenbruch. Ich kam in eine Klinik und fiel vier Monate aus.“

Wenn das Burnout erstmal da ist, folgt oft eine lange Auszeit. Daher ist Stressprävention so wichtig. Es hilft schon, ein paar grundsätzliche Dinge zu berücksichtigen.

Tipps zur Vorbeugung von Stress

  • Mehr Pausen im Alltag: Der Geist arbeitet nicht gerade schärfer, wenn Sie zwölf Stunden im Büro sitzen. Verlassen Sie mittags zum Essen das Haus, machen Sie ein Mittagsschläfchen oder nehmen Sie sich außerhalb des klassischen Urlaubs einfach mal unter der Woche einen Tag frei – ganz für sich.
  • Urlaub: Juristen sind Kopfarbeiter und daher braucht auch das Gehirn mal Ferien. Ob Sie nun in einer Lodge in einem afrikanischen Nationalpark oder lieber auf Sylt ausspannen – Hauptsache, sie schalten mal ab und sind nach dem Urlaub so richtig schön erholt.
  • Sport: Ärzte empfehlen es, Studien belegen es: Regelmäßiger Sport hilft, den Alltagstrubel zu kompensieren. Stresskiller Nr. 1: Laufen!
  • Achtsamkeit: Wenn der Stress mal wieder überhand nimmt, fragen Sie sich: Was verursacht gerade diesen Stress: Ist er real oder kreiere ich ihn mir selbst (z. B. durch Leistungsdruck)? Welche Gedanken mache ich mir? Welche Emotionen resultieren daraus und was empfindet mein Körper dabei? Selbstreflexion und Selbstbeobachtung sind kein esoterisches Chichi, sondern notwendig, um die eigenen Grenzen zu erkennen. Und diese dann auch abzustecken.
  • Alte Glaubenssätze und Verhaltensmuster ablegen: Keine Schwäche zeigen dürfen, alles unter Kontrolle haben müssen, nicht Nein sagen dürfen, stets alle Bälle in der Luft halten wollen … Das muss nicht sein. Es ist nur Druck, den Sie sich selbst auferlegen. Denken Sie mal darüber nach.
Foto: Julia Torner

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