In diesem Beitrag werden die wichtigsten Änderungen für die anwaltliche Beratungspraxis vorgestellt. Der Praktiker wird sich an neue Paragraphen-„Hausnummern“ gewöhnen müssen. Hier werden die Normen in der Fassung ab dem 1.1.2018 verwendet:

1. Ausweitung des personellen Anwendungsbereichs

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MuSchG gilt das Gesetz für alle Frauen in einer Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV, gemeint ist also die nichtselbstständige, weisungsgebundene Arbeit. Es folgt unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis in Satz 2 ein Katalog von Fällen, auf die das MuSchG auch Anwendung findet, in der Praxis relevant sind v. a. Auszubildende, Praktikantinnen, Frauen im Bundesfreiwilligendienst und arbeitnehmerähnliche Personen.

2. Flexibilisierung der Arbeitszeit

Die Beschäftigung von Schwangeren im Zeitraum zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr ist gemäß § 5 Abs. 1 MuSchG verboten. Ersatzlos weggefallen sind die bisherigen branchenbezogenen Ausnahmetatbestände. Neu ist daher, dass Nachtarbeit zulässig ist, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Ausdrückliche Bereiterklärung der Arbeitnehmerin zur Leistung von Nachtarbeit
  • Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses
  • Ausschluss einer unverantwortbaren Gefährdung von Frau oder Kind durch nächtliche Alleinarbeit gemäß §§ 28,29 Abs. 3 Satz 2 MuSchG
  • Einverständniserklärung zur Nachtarbeit kann jederzeit widerrufen werden, § 28 Abs. 1 Satz 3 MuSchG.
  • Genehmigung der Aufsichtsbehörde (idR Gewerbeaufsichtsamt)
Zwischen 20:00 – 22:00 Uhr

Ermessensentscheidung nach §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1 MuSchG

Zustimmung gilt als erteilt, wenn der vollständige Antrag des Arbeitgebers nicht innerhalb von 6 Wochen ab Eingang abgelehnt wird, § 28 Abs. 3 Satz 1 MuSchG.

Zwischen 22:00 – 6:00 Uhr

Nachtarbeit nur in besonders begründeten Einzelfällen genehmigungsfähig, § 29 Abs. 3 Nr. 3 MuSchG

Wichtig: Arbeitgeber kann Arbeitnehmerin bereits ab Antragstellung wie geplant einsetzen Erlaubnis hat konstitutive Wirkung, der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmerin nicht vorläufig, also ab Antragstellung, einsetzen, sondern erst ab Vorlage der Genehmigung

Die Arbeit an Sonn-und Feiertagen ist verboten; sie ist zulässig unter den gleichen Voraussetzungen wie Nachtarbeit, allerdings mit dem Unterschied, dass keine behördliche Genehmigung erforderlich ist. Auch hier kann die Arbeitnehmerin ihre Einwilligung jederzeit widerrufen.

3. Betrieblicher Gesundheitsschutz und Gefährdungsbeurteilung

Völlig neu gestaltet wurde die Gefährdungsbeurteilung. Die Arbeitsbedingungen sind so zu gestalten, dass Gefährdungen möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Die Regelungen dazu finden sich nunmehr in §§ 9 ff. MuSchG. Wichtig ist dabei, dass das MuSchG und die MuSchArbV im Gesetz zusammengefasst worden sind. Die alte MuSchArbV tritt zum 1.1.2018 außer Kraft.

Bei der Gefährdungsbeurteilung ist nach § 13 MuSchG in folgender Reihenfolge zu prüfen, ob

  1. eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes durch Schutzmaßnahmen oder
  2. eine Versetzung der Arbeitnehmerin an einen anderen geeigneten Arbeitsplatz möglich ist oder
  3. die Verhängung eines Beschäftigungsverbotes geboten ist.

Der Arbeitgeber schuldet allerdings keinen unverhältnismäßigen Aufwand, die Maßnahmen müssen zumutbar bleiben.

Wichtig: Die Gefährdungsbeurteilung ist eine neue Arbeitgeberpflicht.

Die Gefährdungsbeurteilung ist anlasslos vorzunehmen, also auch dann, wenn der jeweilige Arbeitsplatz durch einen Mann oder eine nicht geschützte Frau ausgefüllt wird. Der Umfang der Dokumentationspflicht ergibt sich aus § 14 MuSchG.

Die Verletzung der Pflicht zur erweiterten Vornahme einer Gefährdungsbeurteilung ist gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG mit einem Bußgeld sanktioniert. Die Bußgeldvorschrift tritt erst mit Wirkung zum 1.1.2019 in Kraft.

Solange die Schwangere nicht über die konkreten Maßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes informiert ist, steht ihr ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

4. Kündigungsschutz

Der bekannte Sonderkündigungsschutz für Mütter findet sich nunmehr in § 17 MuSchG. Neu und in der Praxis bedeutsam ist das Kündigungsverbot bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche, § 17 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG.

Wichtig ist die Erweiterung des Kündigungsverbots auch auf entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen, § 17 Abs. 1 S. 3 MuSchG. Trifft der Arbeitgeber dennoch solche Vorbereitungsmaßnahmen während des Sonderkündigungsschutzes, ist die Kündigung gemäß § 134 BGB nichtig. Vorbereitungsmaßnahmen sind u.a.

  • Anhörung des Betriebsrates,
  • Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung,
  • Einholung der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes,
  • Suche und Planung einer Ersatzkraft.

Zulässig bleiben für den Arbeitgeber Umstrukturierungsmaßnahmen sowie der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan, auch wenn davon Arbeitsplätze von geschützten Arbeitnehmerinnen betroffen sein sollten

Fazit

Durch die Reform ändert sich einiges, aber nicht alles im Mutterschutz. Ziel ist es, die Beschäftigung von Schwangeren und Stillenden soweit wie möglich zu gewährleisten und Beschäftigungsverbote zu vermeiden.

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