Aufhebungsvertrag

Von Petra Geißinger

Im ersten Teil der Artikelserie rund um das Thema arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag wurden bereits Unterschiede zur Kündigung, die AGB-Kontrolle sowie Vergütungshinweise thematisiert. In den folgenden Teilen sollen nun die Klauseln im Einzelnen näher betrachtet werden. Auf was sollten Arbeitgeber:innen beim Aufhebungsvertrag achten? Und welche Stolperfallen lauern für Arbeitnehmer:innen? Es sollten dabei nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Interessen berücksichtigt werden und bei Bedarf eine Steuerberatung hinzugezogen und Auskünfte der Sozialversicherungsträger eingeholt werden.

Das Klausel-ABC erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es sollte immer je nach Mandatsauftrag und -umfang im Einzelfall eine individuelle Anpassung erfolgen. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass die Klauseln der AGB-Kontrolle unterliegen können und sich die hierzu relevante Rechtsprechung kurzfristig ändern kann.

Die Besonderheiten des Dienstvertragsrechtes, insbesondere bei Geschäftsführer-Anstellungsverträgen wurden bei diesem Artikel nicht berücksichtigt.

A wie Abfindung:

Die meisten Arbeitnehmer denken nach wie vor, dass sie einen Rechtsanspruch auf Abfindung hätten, wenn der Arbeitgeber sie – aus welchen Gründen auch immer – entlassen möchte. Als Arbeitnehmeranwalt oder -anwältin ist noch vor Beginn der Verhandlungen zu einem Aufhebungsvertrag im ersten Gespräch unmissverständlich klarzumachen, dass es gerade keinen Rechtsanspruch auf Abfindung im Aufhebungsvertrag gibt. Einzige Ausnahme wäre ein Arbeitgeberangebot nach den engen Voraussetzungen der Regelung des § 1a KSchG. Es ist vielmehr reine Verhandlungssache, auf welche Höhe einer möglichen Abfindung sich die Parteien einigen.

In der Regel wird der Arbeitgeber unter Berücksichtigung sozialer Faktoren, wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Anzahl der Unterhaltspflichten, Schwerbehinderteneigenschaft bzw. Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen, ein konkretes Angebot unterbreiten, das meist befristet ist. Der Arbeitgeber ist natürlich nicht verpflichtet, sich an die Orientierungsgröße der Rechtsprechung zu halten. Diese sieht seit Jahren unverändert pro Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Bruttomonatseinkommen, das aktuell bezogen wird, als Berechnungsgrundlage an.

In der Praxis finden sich durchaus – je nach Branche und Umfang des Personalabbaus – auch Quoten im Bereich von 0,75 bzw. 1,0 pro Jahr der Betriebszugehörigkeit als Berechnungsgrundlage für eine Abfindung – vereinzelt sogar noch höher.

In der Beratungspraxis sollte Arbeitnehmern unbedingt erläutert werden, dass es sich bei der angebotenen Abfindungssumme um Bruttobeträge handelt, die ab dem ersten Euro in vollem Umfange nach § 3 Nr. 9 EStG einkommensteuerpflichtig sind. Je nach persönlichen Steuermerkmalen können die Abzüge für Einkommensteuer über 40 Prozent liegen. Die Möglichkeit der Steuerermäßigung nach §§ 34, 24 EStG ist gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Tipp:

Ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin sollte bezüglich der steuerlichen Gestaltung und Belastung anhand der persönlichen Steuermerkmale unbedingt dem Mandanten/der Mandantin (schriftlich) empfehlen, eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater vor Abschluss der Aufhebungsvereinbarung zurate zu ziehen.

Die im Internet angebotenen Abfindungsrechner sind mit Vorsicht zu genießen und können nur als eine erste Orientierung für den tatsächlich zu erhaltenden Nettoabfindungsbetrag dienen.

Der Einfachheit halber werden in die Höhe der Abfindung oftmals auch noch offene Sonderzahlungen (zum Beispiel Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld bzw. 13./14. Gehalt) sowie offene Tantiemen und Boni/Provisionen mit in den Abfindungsbetrag hineingerechnet. Diese Gestaltungspraxis ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Hintergrund ist hier, dass die Abfindung selbst zwar nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt, jedoch die Sonderzahlungen. Es besteht somit die Gefahr eines möglichen Betruges zu Lasten der Sozialversicherungsträger, der tunlichst vermieden werden sollte. Besser ist es daher, alle Positionen einzeln mit den jeweiligen Bruttobeträgen auszuweisen.

Im Interesse aller Beteiligten sollte weiter bei der Abfindung eine konkrete Regelung zum Zeitpunkt des Entstehens, der Fälligkeit und der Vererblichkeit mit aufgenommen werden.

Formulierungsvorschlag:

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß den § 9,10 KSchG eine Abfindung in Höhe von ………. (Betrag in Euro) brutto. Die Abfindung ist zusammen mit der letzten Verdienstabrechnung ordnungsgemäß abzurechnen und auf das bekannte Konto zu überweisen. Der Anspruch auf Abfindung gilt mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung als entstanden und vererblich.

B wie Beendigungszeitpunkt und Beendigungsgrund:

Sofern der Arbeitnehmer nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages Ansprüche auf ALG I nach SGB III von der BA für Arbeit geltend machen möchte, sollte ein besonderes Augenmerk auf den Beendigungszeitpunkt und den Beendigungstatbestand gelegt werden. Oft wird aus dringenden betrieblichen Gründen, etwa bei Umstrukturierungsmaßnahmen ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Zur Vermeidung der Verhängung einer Sperrzeit beim Bezug von ALG I sollte dringend darauf geachtet werden, dass der Beendigungszeitpunkt auf jeden Fall unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß Arbeitsvertrag/Tarifvertrag festgelegt wird.

Handelt es sich um einen langjährigen, ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer, sollte dies berücksichtigt werden, in dem man je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit die ansonsten vergleichbare ordentliche Kündigungsfrist als soziale Auslauffrist bezeichnet und so den Beendigungszeitpunkt definiert.

Wird der Aufhebungsvertrag wegen langanhaltender Erkrankung des Arbeitnehmers mit ungewisser Zukunftsprognose auf Genesung geschlossen, sollte dies ebenfalls erwähnt werden. In diesem Fall bietet es sich auch an, festzuhalten, wie lange der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Damit wird für beide Seiten klar, ab welchem Zeitpunkt andere Ansprüche, wie das Krankengeld nach SGB V, eingreifen.

Formulierungsvorschlag:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zur Vermeidung einer ansonsten drohenden betriebsbedingten Kündigung unter Wahrung der vertraglichen/tariflichen/gesetzlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des ………. (Datum einsetzen) enden wird.

Alternativ bei krankheitsbedingter Kündigung:

Die Parteien sind sich einig, dass der Arbeitnehmer die von ihm geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr auf Dauer erbringen kann und auch kein anderer Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung steht, auf dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden kann. Die Parteien sind sich darüber hinaus einig, dass eine Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht möglich ist, da aus zwingenden betrieblichen Gründen die Arbeit des Arbeitnehmers als Schichtarbeit nur in Vollzeit erbracht werden kann.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass eine BEM-Maßnahme keinen Erfolg haben wird und der Arbeitnehmer daher auf die Durchführung dieser BEM-Maßnahme verzichtet hat. Zur Vermeidung einer ansonsten unvermeidlichen Arbeitgeberkündigung aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, wird daher das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der vertraglichen/tariflichen/gesetzlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des ………. (Datum einsetzen) sein Ende finden.

D wie Dienstwagen:

Die Bereitstellung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber ist meist in einer Dienstwagen-Zusatzvereinbarung, auch hinsichtlich der Rückgabeverpflichtung und deren Modalitäten im Einzelfall, geregelt. Dennoch gibt es auch beim Abschluss des Aufhebungsvertrages insbesondere dann Klärungsbedarf, wenn vertraglich auch die private Nutzung des Dienstwagens erlaubt ist und gleichzeitig vor Beendigung des Arbeitsvertrages eine Freistellung vereinbart wird.

Bei einer auch privaten Nutzung des Dienstwagens hat diese auch als Sachbezug Entgeltcharakter und ist entsprechend in der Verdienstabrechnung auszuweisen. Die Vergütung, auch in Form des Sachbezugs, ist eine Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, vgl. § 611a Abs. 2 BGB, und kann daher nicht vom Arbeitgeber einseitig entzogen werden. Dies bedeutet, dass auch während einer Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber der Dienstwagen weiter zur Verfügung zu stellen ist und der Arbeitgeber eine Herausgabe des Dienstwagens erst zum rechtlichen Ende des Arbeitsvertrages verlangen kann. Verlangt der Arbeitgeber zu einem früheren Zeitpunkt die Herausgabe des Dienstwagens, ist er nach der Rechtsprechung des BAG verpflichtet, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, die sich an der 1 %-Regel des Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung orientiert (vgl. BAG vom 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, NZA 2012,616).

Formulierungsvorschlag:

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den überlassenen Dienstwagen der Marke/Modell ………. (genaue Bezeichnung einschließlich Fahrgestellnummer und amtlichem Kennzeichen) einschließlich der Kfz-Papiere, sämtlicher Schlüssel, Tankkarte und Zubehör (zum Beispiel eingebautes Handy und Navigationssystem etc.) im Fall der Freistellung ab dem ………. (konkretes Datum) am Betriebssitz ………. (genaue Ortsangabe) zurückzugeben.

Für den Fall der vorzeitigen Herausgabe vor dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses verpflichtet sich der Arbeitgeber, bis zur Beendigung eine Nutzungsentschädigung in Höhe von ………. (Betrag in Euro) pro Monat zu zahlen.

E wie Erledigungsklausel (Abgeltungsklausel):

Besondere Vorsicht und Sorgfalt ist bei der Erledigungsklausel, auch Abgeltungsklausel genannt, geboten. Auf der einen Seite wird der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, nicht noch nachträglich mit weiteren Ansprüchen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis konfrontiert zu werden, auf der anderen Seite wird ein Arbeitnehmer Interesse daran haben, dass alle Forderungen, die ihm gegen den Arbeitgeber zustehen, im Aufhebungsvertrag berücksichtigt worden sind.

Grundsätzlich sind Abgeltungsklauseln weit auszulegen, da die Vertragsparteien beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages alle Detailpunkte regeln möchten, gerade um einen möglichen Streit in der Zukunft zu vermeiden.

Wichtig ist, dass unverzichtbare Ansprüche nicht Gegenstand einer Abgeltungs- oder Erledigungsklausel sein können, denn solche Ansprüche unterliegen nicht der freien Disposition der Vertragsparteien. Dies gilt insbesondere für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG und die Erteilung des Arbeitszeugnisses gemäß § 109 Abs. 1 GewO. Ein weiterer wichtiger Fall der unverzichtbaren Ansprüche sind die unverfallbaren Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung gemäß den §§ 1b, 3 Abs. 1 BetrAVG.

Nach Auffassung des BAG handelt es sich bei einem Arbeitgeberdarlehen grundsätzlich um keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis selbst, da es sich um ein neben dem Arbeitsvertrag bestehendes selbstständiges Vertragsverhältnis handelt (vgl. BAG vom 19.1.2011-10 AZR 873/08).

Formulierungsvorschlag:

Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung gleich welcher Art, ob bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt.

Hiervon ausgenommen sind Ansprüche aus vorsätzlicher Pflichtverletzung oder der Pflichtverletzung nach strafrechtlichen Vorschriften, gesetzliche Ansprüche (z. B. Mindestlohn, Urlaub) sowie Ansprüche wegen Verletzung von Leben und Gesundheit und sonstige unverzichtbare Ansprüche (z. B. unverfallbare Anwartschaften auf Betriebsrente).

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Petra Geißinger ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, zertifizierte Teletutorin, Dozentin, tätig als Einzelanwältin, freie Mitarbeiterin, Onlinetrainerin, Autorin.
www.kanzlei-geissinger.de
Foto: Adobe Stock/domoskanonos

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