Mit zunehmender Professionalisierung der Kanzleiabläufe und ebenso zunehmendem Aktenaufkommen stellt sich früher oder später die Frage nach dem Einsatz einer Kanzleisoftware. Eine Differenzierung zu dem Begriff Anwaltssoftware scheint insoweit überflüssig, als heute längst nicht mehr die klassische Tätigkeitsverteilung in den Kanzleien besteht, die vormals zwischen rein administrativ-organisatorischen und den rein juristischen Tätigkeiten unterschieden hat. Zum einen verfügt längst nicht jede Kanzlei über eine Personaldecke von Fachangestellten, zum anderen erschöpft sich die Tätigkeit von qualifizierten Fachangestellten längst nicht mehr in reinen Verwaltungstätigkeiten. Insoweit bilden die gängigen Lösungen regelmäßig einen bunten Strauß von Funktionen, die von den administrativen Basisfunktionen der Akten- und Adressverwaltung bis hin zu Wissens- und Dokumentenmanagement-Systemen oder integrierten Fachinformationen reichen. Im Folgenden soll daher zunächst ein Überblick über die wesentlichen Grundfunktionen von Kanzleisoftware geliefert werden, die in ähnlicher Ausprägung in allen gängigen Programmen vorhanden sind. Die Grundmodule einer Kanzleisoftware umfassen im Wesentlichen folgende Komponenten:
• Aktenverwaltung
• Adressdaten
• Kollisionskontrolle (Core Value)
• Dokumentenmanagement
• Termine, Fristen, Wiedervorlagen
• Berechnungstools
• Zwangsvollstreckung
• Mustertexte
Die Akte ist das zentrale Organisationselement der Kanzlei und wird daher auch in allen gängigen Softwarelösungen als solches digital abgebildet. Die Anlage einer neuen Akte ist oftmals der erste Arbeitsschritt beim Kennenlernen einer neuen Kanzleisoftware. Oftmals geben die Lösungen bereits durch eine Kategorisierung der Akten der Kanzleiorganisation eine bestimmte Richtung, etwa durch die Möglichkeit Fallakten, Vorgangsakten oder Vertragsakten anzulegen. Die Akte enthält neben den Stammdaten alle Dokumente zum Vorgang. Sie nennt die Adressdaten der beteiligten Personen, Gerichte und Institutionen, sie enthält zudem weitere wichtige Daten wie Fristen. Bei der Erstellung eines digitalen Pendants ging es nun zunächst darum, die Aktenführung mit Papierakten zu unterstützen. Sobald eine Person mit Ihren Adressdaten in einer Akte zum Beispiel als Mandant oder Gegner auftaucht, wird aus dieser Person ein „Beteiligter“. Diese an sich banale Funktion, die dem Datum in der Datenbank diese konkrete Eigenschaft zuweist, ist für die Software und auch für die anwaltliche Praxis von entscheidender Bedeutung. Denn wie sich aus § 43a Abs. 4 BRAO ergibt, gilt für den Anwalt das Verbot widerstreitender Interessen. Daher ist die Beteiligungsart einer Person in einer Akte sehr wichtig für die sogenannte Kollisionsprüfung. Hierbei prüft die Software, ob eine Person, die in einer Akte Mandant war, nunmehr Gegner ist oder umgekehrt und gibt eine entsprechende Warnmeldung bereits bei der Aktenanlage aus. Als Dokumentenmanagement wird heute von den Anbietern nicht nur die Organisation der Dokumente in der Aktenstruktur gesehen, sondern auch die Versionierung der Dokumente und sogenannte Workflow-Funktionalitäten. So lassen sich in den gängigen Lösungen einzelne Dokumente mit unterschiedlichen Berechtigungen versehen, oder auch beispielsweise für die Betrachtung durch den Mandanten über einen Online-Zugriff freigeben.
So bereiten Sie sich optimal auf ein Gespräch mit einem Kanzleisoftwareanbieter vor:
a) Fragen, die Sie selbst für den Termin vorbereiten sollten
• Größe der Kanzlei, Anzahl der Anwälte und Fachkräfte?
• Aktenbestand?
• Buchhaltungserforderlichkeit?
• Notariat erforderlich?
• Inhaltliche Ausrichtung, Spezialisierung?
b) Checkliste für Ihre Fragen an den Anbieter der Kanzleisoftware
• Welchen Eindruck macht die generelle Bedienbarkeit (Test: Anlegen einer neuen Akte, Erstellen einer Gebührenrechnung)?
• Wie sieht ein Datenimport, aber auch ein Datenexport beim Wechsel aus?
• Wie komfortabel ist das Dokumentenmanagement?
• Wie werden Fristen, Termine und Wiedervorlagen gehandhabt?
• Funktioniert die Synchronisationsstrecke mit einem Terminkalender und dem mobilen Endgerät?
• Wie sieht die Online-Strategie des Anbieters aus?
• Kann die Software mit Computer-Telefonie/CTI, Fax, Scanner und digitaler Frankierung interagieren?
• Können digitales Diktat und/oder Spracherkennung angebunden werden?
• Kann die Software automatisch Druck und Kopierkosten erfassen?
• Bietet die Software eine anpassbare Zeiterfassung?
• Bietet die Software Möglichkeiten zur betriebswirtschaftlichen Auswertung?
• Gibt es Strategien zur intelligenten Einbindung von juristischen Fachinhalten?