Von Dr. Anna Bolz
Für die rechtsberatenden Berufe ist Geldwäscheprävention kein neues Thema. Bereits mit der zweiten und dritten EU-Richtlinie aus den Jahren 2001 und 2005 wurden Berufsträgerinnen und Berufsträger in Anwalts-, Notar- und Steuerkanzleien sowie Wirtschaftsprüfungen als Verpflichtete in das GwG aufgenommen. Hintergrund dieser frühen Miteinbeziehung ist, dass diese Berufsgruppen als sogenannte Gatekeeper gelten, die bei der Platzierung illegal erwirtschafteter Gelder genutzt werden können, beispielsweise über treuhänderische Tätigkeiten oder über die Entgegennahme und Verwahrung von Geldern auf Treuhand- oder Anderkonten.
Wann unterliegen Anwältinnen und Anwälte den Pflichten des GwG?
Gerade in der praktischen Umsetzung der geldwäscherechtlichen Vorschriften ergeben sich einige Fragen im Hinblick auf die Verpflichteteneigenschaft von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten.
Rechtsanwälte und Notare unterliegen den Pflichten des GwG nicht generell, sondern nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG enumerativ genannten Kataloggeschäfte. Darunter fällt
- die Mitwirkung an der Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten,
- die Beratung des Mandanten im Hinblick auf dessen Kapitalstruktur, dessen industrielle Strategie oder damit verbundene, Beratungen oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder
- die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a)-e) GwG).
Das Führen eines Prozesses oder beispielsweise die Strafverteidigung lösen demnach keine Pflichten nach dem GwG aus, sondern nur wenn sich die anwaltliche Berufsausübung auf eine in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG aufgeführte Tätigkeit bezieht. Hierbei ist zu beachten, dass bei der gemeinsamen Bearbeitung eines Mandats durch mehrere Berufsträgerinnen und Berufsträger (ggf. unterschiedlicher Kanzleien) jeder (mit-)bearbeitende Berufsträger Verpflichteter im Sinne des GwG ist. Das Maß der Beteiligung an der Bearbeitung ist dabei ohne Relevanz, sodass eine kurze oder nur unwesentliche Bearbeitung für die Einstufung als verpflichteter Berufsträger genügt.
Ein weiterer Punkt in der Prüfung der Verpflichteteneigenschaft ist die mögliche Mehrfachverpflichtung von Berufsträgerinnen und Berufsträgern. Ist ein Berufsträger mehrfach qualifiziert, weil er beispielsweise als Rechtsanwalt und als Steuerberater tätig wird, führt dies in der Praxis zu unterschiedlichen Pflichten sowie zu einer mehrfachen Beaufsichtigung durch verschiedene Kammern.
Für die Feststellung der Verpflichteteneigenschaft ist maßgeblich, in welcher Funktion ein mehrfach qualifizierter Berufsträger die betreffende Tätigkeit erbringt. Kann diese Tätigkeit mehr als einem Berufsfeld zugeordnet werden, muss der Berufsträger die Pflichten der jeweiligen Berufsart erfüllen. Dies kann zur Folge haben, dass verschiedene Aufsichtsbehörden zuständig sind, sodass die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der jeweiligen Behörden bei Implementierung des Risikomanagements anzuwenden sind.
Welche Pflichten sieht das Geldwäschegesetz im Einzelnen vor?
Was bedeutet das konkret für verpflichtete Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte?
Ist der Anwendungsbereich des GwG eröffnet, unterscheidet das GwG je nach Grad des Risikos der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zwischen allgemeinen, vereinfachten und verstärkten Sorgfaltspflichten. Im Normalfall sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Im Gegensatz zu einigen anderen Verpflichtetengruppen legt das GwG die Sorgfaltspflichten dem Rechtsanwalt stets selbst als natürliche Person auf (§ 10 Abs. 3 GwG).
Dabei beziehen sich die allgemeinen Sorgfaltspflichten auf die Identifizierungsflicht, auch bezogen auf eine ggf. für den Vertragspartner auftretende Person oder einen etwaig abweichenden wirtschaftlich Berechtigten sowie die Feststellung, ob es sich beim Mandanten bzw. dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person („PEP“) oder eine ihr nahestehende Person handelt. Diese allgemeinen Sorgfaltspflichten sind bei Begründung einer Geschäftsbeziehung durchzuführen, sofern sich die Mandatsbeziehung auf eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG bezieht. In der reinen Akquise- bzw. Mandatsanbahnungsphase bestehen die Pflichten noch nicht.
Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind zusätzlich im Verdachtsfall zu erfüllen: beim Vorliegen von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass eine Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen steht, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnten.
Eine Zuweisung der Pflichten auf die Kanzlei oder die Sozietät kennt das GwG grundsätzlich nicht. Dem steht aber nicht entgegen, dass Anwältinnen und Anwälte zur Erfüllung der Pflichten auf bestehende interne Kanzleistrukturen oder nach Maßgabe von § 17 Abs. 1 S. 2 GwG auf Dritte zurückgreifen dürfen. So kann beispielsweise bei Kanzleien ab einer bestimmten Größe die Einrichtung eines kanzleiweiten bzw. standortbezogenen Risikomanagements zweckmäßig sein, da sich alle Anwältinnen und Anwälte der Kanzlei oder des jeweiligen Standorts das Risikomanagement zu eigen machen können.
Das Risikomanagement umfasst nach § 4 Abs. 2 GwG eine Risikoanalyse und interne Sicherungsmaßnahmen. Der vom GwG vorgeschriebene risikobasierte Ansatz erfordert die Implementierung eines kanzleiinternen Risikomanagements, um das individuelle Risiko der Kanzlei identifizieren und bewerten zu können. Dabei muss im Grundsatz jeder Verpflichtete, also jeder Berufsträger, selbst eine Risikoanalyse erstellen – Anwältinnen und Anwälte können sich aber die Risikoanalyse der Kanzlei zu eigen machen.
Die internen Sicherungsmaßnahmen werden geschäfts- und mandantenbezogen in Form von Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen erstellt und dienen zur Steuerung und Minderung der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Bei Anwältinnen und Anwälten, die ihre berufliche Tätigkeit als Angestellte eines Unternehmens ausüben, obliegt die Verpflichtung interne Sicherungsmaßnahmen zu schaffen ausdrücklich dem Unternehmen als Arbeitgeber (§ 6 Abs. 3 GwG). Für die Schaffung interner Sicherungsmaßnahmen kommen folgende Maßnahmen in Betracht, deren konkreter Umfang von den in der Risikoanalyse festgestellten Risikobewertungen abhängig ist:
- Erstellung einer kanzleiinternen Geldwäschepräventionsrichtline
- Erstellung von Organisations- und Handlungsanweisungen für Mitarbeiter
- Überprüfung der Mitarbeiter auf ihre Zuverlässigkeit.
Auch dürfen Anwältinnen und Anwälte zur Erfüllung allgemeiner Sorgfaltspflichten wie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bestehende Strukturen der Kanzlei nutzen.
Besteht die Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebauftragten (GWB)?
Anwältinnen und Anwälte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen, da § 7 Abs. 1 GwG auf diese Verpflichtetengruppe keine Anwendung findet. Dabei obliegt es der zuständigen Aufsichtsbehörde, die Bestellung eines GWBs anzuordnen. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat den Rechtsanwaltskammern in dieser Sache empfohlen, entsprechende Anordnungen zu erlassen, wonach Anwältinnen und Anwälte einen Geldwäschebeauftragten sowie einen Stellvertreter zu bestellen haben, wenn in der eigenen Praxis mehr als insgesamt 30 Berufsangehörige oder Berufsträger sozietätsfähiger Berufe gemäß § 59c Abs. 1 Nrn. 1-3 BRAO tätig sind.
Hier sind die amtlichen Bekanntmachungen der zuständigen Rechtsanwaltskammern zu beachten. Hintergrund dieser Empfehlung ist, dass bei größeren Kanzleien aufgrund des verstärkten Risikos von Informationsverlusten und -defiziten ein erhöhtes Bedürfnis für die Bestellung eines GWBs angenommen wird. Der GWB kann dabei selbst Berufsträger oder ein nicht-anwaltlicher Mitarbeiter sein, der als Ansprechpartner für die Mitarbeiter sowie für die zuständigen Behörden zur Verfügung steht. Die Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber der Kammer nach § 52 GwG verbleibt jedoch beim Verpflichteten persönlich.
Geldwäscheverdachtsmeldungen: Wann gilt die Meldepflicht?
- 43 Abs. 1 GwG verpflichtet zur Erstattung einer Geldwäscheverdachtsmeldung, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB darstellen könnte oder wenn der Mandant seiner Pflicht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten nicht nachkommt.
Gem. § 43 Abs. 2 GwG gilt eine Ausnahme von der Meldepflicht bei anwaltlicher Schweigepflicht. Eine Pflicht zur Meldungsabgabe besteht somit nicht, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die der Rechtsanwalt im Rahmen von Tätigkeiten der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erhalten hat.
Von dieser Ausnahme macht das GwG wiederum Rückausnahmen, sogenannte Gewissheitsmeldung gem. § 43 Abs. 2 S. 2 GwG und mit der Verdachtsmeldepflicht bei bestimmten Immobiliengeschäften nach § 43 Abs. 2 S. 2, Abs. 6 und der GwGMeldV-Immobilien.
Eine Gewissheitsmeldung muss abgegeben werden, wenn der Rechtsanwalt positiv weiß, dass der Mandant das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat nutzt. Zusätzlich bedeutet die mit Wirkung zum 1.10.2020 in Kraft getretene Verordnung zu den nach dem GwG meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (GwGMeldV-Immobilien) eine absolute Durchbrechung der Schweigepflicht, da bestimmte Sachverhalte von verpflichteten Rechtsanwälten stets zu melden sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein an dem Erwerbsvorgang Beteiligter oder ein wirtschaftlich Berechtigter in einem Risikostaat ansässig ist oder einen engen Bezug zu einem Risikostaat aufweist, sanktionsgelistet ist oder es Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den beteiligten Personen, dem wirtschaftlich Berechtigten oder dem Preis, der Kauf- oder Zahlungsmodalität gibt.
Fazit: Anwalts- und Notarkanzleien sind bei Geldwäschevorgaben besonders gefordert
Die geldwäscherechtlichen Vorgaben für Anwalts- und Notarkanzleien sind umfangreich und führen in der praktischen Umsetzung zu einigen Anwendungsfragen. Aufgrund der Anknüpfung der Verpflichtungen an die Berufsträger persönlich ist die Umsetzung der Verpflichtungen herausfordernder als bei manch anderen Verpflichtetengruppen. Hinzu kommt, dass die Meldepflicht ein vielfach diskutiertes Thema ist und die anwaltliche Schweigepflicht in der bisherigen Praxis oftmals so ausgelegt wird, dass nahezu keine Meldepflicht angenommen wird. Dass dem nicht so ist, was insbesondere auch die FATF im Rahmen ihrer Deutschlandprüfung bestätigte, zeigen die konkreten Rückausnahmen, die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in bestimmten Fällen zur Abgabe einer Verdachtsmeldung verpflichten.
Dr. Anna Bolz ist Compliance Managerin bei der Kerberos Compliance-Managementsysteme GmbH in Köln. Sie ist Dekra-zertifizierte Geldwäschebeauftragte und unterstützt diverse Unternehmen im Nicht-Finanzsektor als externe Geldwäschebeauftragte.