Reform Personengesellschaftsrecht

Von Dr. Metin Konu Linda Dauser

Das gesetzliche Leitbild der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist längst überkommen. Nach dem Regelungskonzept der bislang geltenden §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die GbR eine nicht rechtsfähige, zur Durchführung begrenzter Einzelgeschäfte gegründete Gesamthandsgemeinschaft. Demgegenüber dürfte der überwiegende Anteil der in dieser Rechtsform bestehenden Gesellschaften aufgrund der Bandbreite an Gesellschaftszwecken auf Dauer und zur Teilnahme am Rechtsverkehr angelegt sein.

Dementsprechend gab es in Rechtsprechung und Kautelarpraxis stets Bemühungen, das Recht der Personengesellschaft an die Bedürfnisse eines modernen Wirtschaftslebens anzupassen. Mit dem am 10. August 2022 verkündeten Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (MoPeG) beabsichtigt der Gesetzgeber insbesondere die Diskrepanz zwischen der geschriebenen Rechtslage und der tatsächlichen Rechtsanwendung zu überwinden.

Das neue Personengesellschaftsrecht tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Nachfolgend sollen die wichtigsten Neuerungen und der damit einhergehende Handlungsbedarf für bestehende Gesellschaften aufgezeigt werden.

Die Reform

Wie bereits angedeutet, beabsichtigt der Gesetzgeber mit der Reform zum einen die Angleichung des gesetzlichen Regelungskonzepts der GbR mit der Rechtstatsächlichkeit. Demnach werden durch die Reformvorschriften viele bislang geltende ungeschriebene Rechtsgrundsätze nunmehr ausdrücklich im BGB kodifiziert. Das MoPeG schafft mit § 709 Abs. 3 BGB n.F. beispielsweise die bisherige Stimmgewichtung und Gewinn- und Verlustverteilung nach Köpfen in § 722 BGB ab und führt die in der Praxis ohnehin gebräuchliche Regelung ein, dass die Stimmkraft und Ergebnisverteilung vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen zu bestimmen ist. Gleichermaßen sind in § 723 Abs. 1 BGB n.F. nunmehr viele Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters normiert, die auch schon nach der Praxis der Vertragsgestaltung nicht zur Auflösung der Gesellschaft geführt haben.

Zum anderen ergeben sich bedeutsame Neuerungen aus der (1.) Behebung des Publizitätsdefizits der GbR durch die Einführung eines Gesellschaftsregisters, (2.) aus der Modernisierung des Beschlussmängelrechts im Personenhandelsgesellschaftsrecht sowie (3.) aus der Öffnung des Zugangs der Rechtsform der Personengesellschaften.

1. Behebung des Publizitätsdefizits der GbR

Als Herzstück des MoPeG darf wohl ohne Zweifel die künftige Eintragungsfähigkeit der GbR bezeichnet werden. Ab dem 1. Januar 2024 wird bei Amtsgerichten in Anlehnung an das Handelsregister ein Gesellschaftsregister geführt, in das eine rechtsfähige GbR unter Nennung von Firma, Sitz, Gesellschafterbestand sowie Vertretungsregelungen eingetragen werden kann.

a. Einführung eines Gesellschaftsregisters

Da die GbR rege am Rechtsverkehr teilnimmt, wird Dritten nunmehr dieselbe Sicherheit vermittelt wie durch sonstige öffentliche Register. So können sich etwa Gläubiger Gewissheit über wesentliche Umstände der GbR wie etwa Vertretungsverhältnisse verschaffen. Der handelsrechtliche Gutglaubensschutz gemäß § 15 Handelsgesetzbuch (HGB) ist auf die Eintragungen nach § 707a Abs. 3 BGB n.F. entsprechend anzuwenden.

Inhalt der Eintragung und Verfahren des Gesellschaftsregisters orientieren sich weitgehend an bisherigen Regelungen für das Handelsregister. Die Anmeldung hat die üblichen Angaben zu Gesellschaft, Gesellschaftern und deren Vertretungsbefugnis sowie neuerdings die Versicherung zu enthalten, dass die Gesellschaft nicht bereits in einem anderen Register eingetragen ist, vgl. § 707 Abs. 2 Nr. 1 – 4 BGB n.F. und § 707b Nr. 2 BGB n.F. Zuständig für Eintragungen im Gesellschaftsregister ist der Rechtspfleger des Amtsgerichts am Sitz der Gesellschaft. Die Registeranmeldung ist elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die Notargebühren für die Anmeldung einer eGbR zur Eintragung in das Gesellschaftsregister entsprechen ebenfalls denen einer Personenhandelsgesellschaft.

Aus der Anerkennung der Rechts- und Eintragungsfähigkeit der GbR folgt, dass das Vermögen künftig nicht mehr der Gesamthand der Gesellschafter, sondern gemäß § 713 BGB n.F. als Gesellschaftsvermögen der GbR zugeordnet wird. Diese wird selbst Trägerin von Rechten und Pflichten und kann in eigenem Namen Partei eines Zivilprozesses sein.

b. Was gilt es jetzt zu tun?

Da es sich grundsätzlich um eine bloß optionale Registrierung im Gesellschaftsregister handelt, besteht auch bei bestehenden Gesellschaften insoweit grundsätzlich kein zwingender Handlungsbedarf. Auch nach Einführung des Gesellschaftsregisters behält eine nicht eingetragene Außen-GbR alle bisherigen Rechte. Eine eingetragene GbR muss nach § 707a Abs. 2 S. 1 BGB n.F. allerdings den Zusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen. Im Gesellschaftsvertrag sollte eine Eintragungsabsicht klargestellt und der einhergehende Rechtsformzusatz angepasst werden.

Aufgrund des gesetzlichen Voreintragungserfordernisses in Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB n.F., § 47 Abs. 2 GBO n.F. kann eine grundstückshaltende GbR über ihre Grundstücksrechte aber erst wieder verfügen, wenn sie zuvor in das Gesellschaftsregister eingetragen worden ist. Eine faktische Eintragungspflicht und damit entsprechender Handlungsbedarf entstehen daher, wenn Eintragungen im Grundbuch oder sonstigen Registern verändert werden sollen. Um weiter effektiv am Grundbuchverkehr teilhaben zu können und unter Umständen erhebliche Verzögerungen bei der Vornahme von solchen Rechtsgeschäften (insbesondere Vormerkungen) zu vermeiden, sollte frühzeitig eine Eintragung in das Gesellschaftsregister anvisiert werden.

Angesichts der Abkehr vom Gesamthandvermögen sind auch alle sonstigen Register dergestalt zu „berichtigen“, dass bestehende Gesellschaften nunmehr selbst unter ihren Namen eingetragen werden. Das betrifft neben dem Eigentum an Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten auch die Beteiligung der GbR an anderen eingetragenen Gesellschaften und Immaterialgüterrechte. Hierbei dürfte es sich lediglich um eine Berichtigung der Bezeichnung des Berechtigten im Objektregister und mithin keine Eintragung eines neuen Berechtigten im Sinne eines Gebührentatbestands handeln, so dass dieser Vorgang kostenfrei wäre.

Sofern sich eintragungspflichtige Erwerbsvorgänge oder Änderungen im Gesellschafterbestand schon jetzt abzeichnen, sollten diese bestenfalls noch im laufenden Jahr 2023 vorgenommen werden.

2. Modernisierung des Beschlussmängelrechts

Um die Rechtssicherheit im Umgang mit fehlerhaften Gesellschafterbeschlüssen zu erhöhen, sieht § 110 HGB n.F. in Anlehnung an die Bestimmungen des Aktiengesetzes künftig eine fristgebundene Anfechtungsklage und damit die Unterscheidung zwischen anfechtbaren und nichtigen Gesellschafterbeschlüssen vor.

Nach der verabschiedeten Fassung des MoPeG soll das damit neu eingeführte Beschlussmängelrecht allein für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) gelten. Für die GbR hingegen ist ein mangelhafter Beschluss von Gesetzes wegen weiterhin materiell nichtig. Gleichwohl bleibt es GbR-Gesellschaftern unbenommen, dass künftig für die Personenhandelsgesellschaften geltende handelsrechtliche Anfechtungsmodell gesellschaftsvertraglich zu optieren.

3. Öffnung der Rechtsform der Personengesellschaften

Mit § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. werden die Rechtsformen der Personengesellschaften nunmehr zur gemeinsamen Ausübung freier Berufe zugänglich gemacht.

Bislang waren diese dem Betrieb eines Handelsgewerbes vorbehalten, weil der Schutzbedarf des Rechtsverkehrs bei freien Berufen mit den weitgehenden Haftungsbeschränkungen von Personengesellschaften vermeintlich nicht erfüllt werden konnte. Einen Ausgleich für dieses Risiko bieten berufsspezifische Versicherungspflichten.

Fazit: Frühzeitige Prüfung ratsam

Abgesehen von der Kodifizierung bestehender und in vielen Gesellschaftsverträgen bereits abgebildeter Regelungen kommt der Einführung des Gesellschaftsregisters im neuen Personengesellschaftsrecht herausragende Bedeutung zu. Insoweit darf sich die Praxis auf spürbare Auswirkungen der Reform einstellen.

Gesellschaften sollten frühzeitig prüfen, ob über die Eintragung ins Gesellschaftsregister und die Berichtigung von sonstigen Registern hinaus auch eine Modernisierung einzelner Regelungen wie etwa diejenigen über die Stimmgewichtung oder Gewinn- und Verlustverteilung in ihren Gesellschaftsverträgen gewünscht ist.

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Metin Konu ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partner der Kanzlei Menold Bezler. Er ist spezialisiert auf die Beratung rund um Stiftungs- und Vereinsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht und Gesellschaftsrecht. Er verfügt über große Erfahrung, insbesondere in der Beratung von Stiftungen und kommunaler Unternehmen.

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Linda Dauser ist Rechtsanwältin in Gesellschaftsrecht und berät KMUs in komplexen, unternehmensrechtlichen Fragestellungen.

Bild: Adobe Stock/©Michal Hubka (edited)

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