Zusatzqualifikationen

Von Dr. Anja Schäfer Dr. Katarzyna Pekala-Speer

Sehen Sie Ihre Anwaltstätigkeit als einen ständigen Kampf um Mandate an? Wenn Sie diese Frage bejahen, dann ist es höchste Zeit, durch entsprechende Qualifikationen wie Doktor- oder Fachanwaltstitel bzw. einem „Master of Laws“ Klasse zu zeigen und sich so mit Erfolg von der breiten Masse abzuheben. Lesen Sie in diesem Beitrag, warum Sie eine – oder auch mehrere – der hier vorgestellten Zusatzqualifikationen in Betracht ziehen sollten, wenn Sie als Expertin oder Experte zu einem bestimmten fachlichen Thema oder Rechtsgebiet wahrgenommen werden und anerkannt sein wollen.

Erfahren Sie darüber hinaus, welche Vor- und Nachteile die wichtigsten Qualifikationsnachweise für die Anwaltschaft haben und was Sie konkret mit der jeweiligen „Eintrittskarte“ in den Expertenstatus erreichen können sowie für diesen investieren müssen.

Voraussetzungen für den Sprung in die Expertenliga

Der Sprung in die Expertenliga war nie so leicht möglich wie heute. Denn alles, was Sie dafür brauchen, stellt Ihnen die digitale Kommunikations- und Marketingwelt – zum Teil sogar kostenfrei – zur Verfügung. Völlig unabhängig von Kanzleigröße oder Marketingbudget können Sie sich als Expertinnen und Experten am Markt positionieren, sich als solche nicht nur in sozialen Netzwerken wie LinkedIn, sondern auch im unmittelbaren Kanzleiumfeld gegenüber der (potenziellen Mandantschaft) sichtbar und erlebbar machen und so an Bekanntheit und Reichweite gewinnen. Es ist beispielweise innerhalb kurzer Zeit möglich, mit einem Podcast zu starten, auf YouTube einen eigenen Kanal ins Leben zu rufen oder einen Blog zu veröffentlichen und so Mandate wie auch das Interesse von Medienvertretenden oder für Sie relevante Kooperationspartner zu gewinnen.

Ein Expertenstatus ist neben einer glasklaren Positionierung, konsequentem Personal Branding und proaktivem Selbstmarketing das Mittel raus aus der von Unsichtbarkeit und Austauschbarkeit geprägten breiten Masse.

Denn eines ist heute nicht anders als früher: Um nicht nur in Ihrem Netzwerk, sondern auch darüber hinaus als Expertin oder Experte wahrgenommen zu werden und anerkannt zu sein, müssen Sie über die entsprechende Expertise zu einem bestimmten fachlichen Thema oder einem speziellen Rechtsgebiet verfügen. Auch im Geldbeutel macht sich dies sichtbar: Denn Anwältinnen und Anwälte mit Spezialisierung erzielen laut Star-Report 2020 der BRAK höhere Gewinne als ihre Kolleginnen und Kollegen ohne Spezialisierung.

Die Promotion – Durchhaltevermögen und wissenschaftliche Eignung

Die Promotion ist eine der angesehensten Zusatzqualifikationen für Juristinnen und Juristen. Besonders für Personen, die eine akademische Laufbahn anstreben, ist sie unabdingbar. Sie weist nicht nur Forschungskompetenzen und wissenschaftliche Eignung nach, sondern auch Charaktermerkmale, die ebenfalls außerhalb der akademischen Welt hochgeschätzt werden: Durchhaltevermögen, Selbstdisziplin und Engagement für ein bestimmtes Fachthema.

Die Zulassung zur juristischen Promotion setzt einen Abschluss in Rechtswissenschaften voraus. Wer direkt nach dem Ersten Staatsexamen promoviert, hat noch das theoretische Wissen aus dem Jurastudium sehr präsent. Eine Promotion verbunden mit einer Stelle an einer Universität erleichtert den Zugang zur universitären Infrastruktur (Bibliotheken, Datenbanken, Angebot an Lehrveranstaltungen), zu Doktorvater oder Doktormutter und zum wissenschaftlichen Austausch mit anderen Doktorandinnen und Doktoranden. In diesem Fall kann eine Promotion den Start in den (Anwalts-)Beruf verzögern, verspricht dafür aber einen leichteren Einstieg, nicht nur bei großen, renommierten Kanzleien, sondern in der Regel auch ein lukrativeres Einstiegsgehalt. Der finanzielle Aspekt hat aber auch eine Kehrseite: Während einer Anstellung an der Universität – in den allermeisten Fällen nur in Teilzeit – verdient man beispielweise als wissenschaftliche Mitarbeiterin deutlich weniger als eine regelmäßig in Vollzeit arbeitende Anwältin ohne Promotion in einer Kanzlei.

Wer dagegen bspw. nach dem Zweiten Staatsexamen nebenberuflich promoviert und in Teilzeit in einer Kanzlei arbeitet, sammelt bereits praxisbezogene Berufserfahrung und hat in den allermeisten Fällen eine deutlich bessere finanzielle Ausgangslage für die Zeit während der Promotion, muss im Einzelfall ggfs. sich jedoch intensiver mit den Herausforderungen des Zeitmanagements auseinandersetzen. Und das ist der Wermutstropfen: Unabhängig vom Einstiegsszenario ist die Promotion im Vergleich zu anderen Zusatzqualifikationen zweifelsfrei die zeitintensivste. Dies sollte man auf keinen Fall unterschätzen.

Der gesamte Prozess – von der Suche eines Themas und eines Doktorvaters bzw. einer Doktormutter, der Vorbereitung eines Exposés, über die Forschung, das Schreiben der Doktorarbeit, bis hin zur Verteidigung inklusive der, von der jeweiligen Hochschule verlangten, mündlichen Prüfung und ihrer Veröffentlichung – ist langwierig und wird nur in seltenen Fällen in weniger als zwei Jahren abgeschlossen. Bei komplexen Themen und umfangreicheren Doktorarbeiten kann es noch länger dauern. Regelmäßig wird das Privatleben eher hintenanstehen, da nicht selten die Freizeit für die Promotion geopfert werden muss. Dabei können auch bestimmte persönliche und/oder familiäre Lebensumstände sich neben der eigentlichen Dissertation als herausfordernd erweisen.

Für viele ist die eigene Promotion eine spannende intellektuelle Reise, die sehr erfüllend sein kann. Man muss aber bereit sein, nach einem zeitintensiven Jurastudium (und je nach Lebensabschnitt auch Referendariat) für weitere Jahre „die Schulbank zu drücken“. Denn es gilt, den langen Prozess nicht nur zu beginnen, sondern auch zu beenden, da nur eine abgeschlossene Promotion das gewünschte Ansehen und auch den im Einzelfall sich daraus ergebenden (nicht nur finanziellen) Mehrwert einbringt.

In Teil 2 der Artikelreihe erfahren Sie nächste Woche mehr über zwei weitere Zusatzqualifikationen: den Fachanwaltstitel und den LL. M.

Weitere Beiträge

Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und unterstützt als Mentorin Juristinnen schwerpunktmäßig in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen und spricht über die genannten Themen alle zwei Wochen in ihrem Podcast.
Mehr Informationen zum Podcast: anja-schaefer.eu/podcast.

Weitere Beiträge

Dr. Katarzyna Pekala-Speer ist Juristin, promovierte Pädagogin, Philosophin und Expertin für juristische Fort- und Weiterbildung. Bei der ARBER-Seminare GmbH ist sie für die Leitung und Konzeption neuer LL.M.-Studiengänge zuständig.

Mehr Informationen zu den berufsbegleitenden LL.M.-Studiengängen der ARBER/seminare in Bildungskooperation mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden: https://www.arber-campus.de

Bild: Adobe Stock/©Konstantin

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