In der letzten Ausgabe habe ich die allgemeinen Fragen zum Anspruch auf einen Vorschuss gegenüber der Staatskasse (§ 47 RVG) dargestellt. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit den Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe des Vorschusses.
Frage | Antwort |
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§ 47 Abs. 1 Satz 1 RVG unterscheidet zwischen Gebühren und Auslagen. |
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Einen Vorschuss auf Gebühren kann der Rechtsanwalt nur auf die (bereits) „entstandenen Gebühren“ verlangen (AG Koblenz AGS 2005, 352). Für noch nicht entstandene Gebühren, wie z.B. eine Terminsgebühr, kann ein Vorschuss nicht gefordert werden; die voraussichtliche Entstehung reicht nicht aus (LSG Thüringen, Beschl. v. 5.8.2013 – L 6 SF 904/13 B; Burhoff, RVGreport 2011, 327).
Hinweis: Der Anspruch auf einen Vorschuss nach § 47 RVG unterscheidet sich also von dem Anspruch des Wahlanwalts nach § 9 RVG, der auch einen Vorschuss auf die voraussichtlich noch entstehenden Gebühren verlangen kann. |
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Nein. |
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Der Anspruch des Rechtsanwalts auf einen Vorschuss für Auslagen erfasst „die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen“. Er geht also weiter als der Vorschussanspruch auf Gebühren. |
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Vom Vorschussanspruch erfasst werden die in Teil 7 VV RVG aufgeführten Auslagen, z.B. die Reisekosten nach Nr. 7003 ff. VV RVG (vgl. LG Bautzen JurBüro 2007, 655). Der Rechtsanwalt kann aber auch einen Vorschuss für Aufwendungen i.S.v. § 670 BGB geltend machen (OLG Hamm RVGreport 2013, 307 = AGS 2013, 307 [für im Zivilverfahren eingeholtes Privatgutachten]). |
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Nein, auch der Anspruch auf Ersatz der Auslagen muss noch nicht fällig sein. |
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Der Rechtsanwalt kann auf alle Auslagen einen Vorschuss verlangen, die bei Anwendung eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls voraussichtlich entstehen. Die Entstehung muss im Rahmen des § 46 Abs. 2 RVG höchstwahrscheinlich sein (Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl. 2014, Teil A: Vorschuss aus der Staatskasse [§ 47], Rn 2343 ff.; Hartung/Schons/Enders-Hartung, RVG, 3. Aufl. 2017, § 47 Rn 15; vgl. auch noch OLG Hamm, a.a.O.). Damit bietet das Verfahren zur Festsetzung eines Vorschusses nach § 47 Abs. 1 RVG eine gute Möglichkeit zu klären, ob Auslagen von der Staatskasse erstattet werden. |
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§ 47 Abs. 1 RVG gewährt einen „angemessenen“ Vorschuss. |
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Sinn und Zweck des § 47 RVG ist es, dem Rechtsanwalt bereits für den Zeitraum zwischen dem Entstehen des Anspruchs und der sich nach § 8 RVG richtenden Fälligkeit, die ggf. länger hinausgeschoben sein kann, eine Vergütung zukommen zu lassen. Deshalb richtet sich der „angemessene Vorschussanspruch“ nach dem Erfüllungsanspruch, der dem Rechtsanwalt zusteht (AnwKomm-RVG/Fölsch, 7. Aufl., § 47 Rn 10; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 22. Aufl., § 47 Rn 2). |
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Es ist zu unterscheiden:
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Nein, und zwar weder bei Gebühren noch bei Auslagen (AnwKomm-RVG/Fölsch, a.a.O., § 47 Rn 10; Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 47 Rn 2). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt in der Lage ist, die Auslagen bis zur Fälligkeit seiner Vergütung nach § 8 RVG selbst zu tragen (Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 47 Rn 4). |
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Bei Betragsrahmengebühren, z.B. in Sozialgerichtsverfahren nach Nr. 3102, 3106 VV RVG, kann der Rechtsanwalt den Vorschuss in Höhe der Mittelgebühr geltend machen (AnwKomm-RVG/Fölsch, a.a.O., § 47 Rn 13; Mayer/Kroiß-Ebert, RVG, 6. Aufl., § 47 Rn 8; LSG Baden-Württemberg JurBüro 1990, 883). |
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Verdient der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt Festbetragsgebühren, wie z.B. als Verteidiger nach den Teilen 4–5 VV RVG, kann er nur diese – dann aber in voller Höhe – geltend machen (AnwKomm-RVG/Fölsch, a.a.O.; Hartung/Schons/Enders-Hartung, a.a.O., § 47 Rn 18). |
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Zugrunde zu legen sind die Gebührentabellen der §§ 13, 49 RVG (AnwKomm-RVG/Fölsch, a.a.O., § 47 Rn 12; Hartung/Schons/Enders-Hartung, a.a.O., § 47 Rn 17). Ein darüber hinausgehender Anspruch auf weitere Vergütung nach § 50 RVG kann erst nach dem Ende des Verfahrens geltend gemacht werden.
Hinweis: Grundlage der Berechnung des Vorschusses ist der Gegenstandswert des Verfahrens: Ggf. ist dieser vom Gericht vorläufig festzusetzen (Hartung/Schons/Enders-Hartung, a.a.O., § 47 Rn 17). |