Fachanwaltstitel für Arbeitsrecht Voraussetzungen

Bevor man sich als Anwältin oder Anwalt  dazu entscheidet, die Karriere durch einen Fachanwaltslehrgang voranzutreiben, hat man vermutlich erst einmal etliche Fragen. Lohnt sich ein solcher Lehrgang, wie lange dauert er und was kommt inhaltlich auf einen zu? Das Für und Wider muss natürlich jeder letztendlich für sich selbst entscheiden, doch dieser Artikel soll ein wenig dabei helfen, indem er die grundlegenden Fragen zum Fachanwaltslehrgang im Arbeitsrecht beantwortet. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht ist eine der ältesten deutschen Fachanwaltsbezeichnungen. Am 1. Januar 2024 waren 11.163 Fachanwälte für Arbeitsrecht in Deutschland zugelassen, sodass das Arbeitsrecht die zahlenmäßig größte Fachanwaltschaft darstellt. 

Voraussetzungen für die Verleihung des Fachanwaltstitels?

Die zuständige Rechtsanwaltskammer verleiht nach Maßgabe der FAO die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Die Voraussetzungen für diese Verleihung sind:

  • Dreijährige Zulassung und Tätigkeit als Rechtsanwalt innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung (§ 3 FAO)
  • Antragstellung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 22 FAO)
  • Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse (§§ 4, 4a und 6 FAO)
  • Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (§§ 5, 6 FAO)
  • Nachweis besonderer Kenntnisse (§ 14b FAO)

Wie lange dauert der Lehrgang?

Der Erwerb des Fachanwaltstitels setzt voraus, dass der Antragsteller an einem auf die Bezeichnung als Fachanwalt vorbereitenden anwaltsspezifischen Lehrgang teilgenommen hat, der alle relevanten Bereiche des jeweiligen Fachgebiets umfasst. Die Gesamtdauer des Lehrgangs muss dabei mindestens 120 Zeitstunden betragen. Der Zeitraum, in dem sie absolviert werden, ist individuell und variiert je nach Anbieter. Die Leistungskontrollen sind hier nicht umfasst.

Welche Leistungskontrollen gibt es?

Um den Fachanwaltstitel führen zu dürfen muss der Antragsteller mindestens drei schriftliche Leistungskontrollen (Aufsichtsarbeiten) in Präsenzform aus verschiedenen Bereichen des Lehrgangs erfolgreich ablegen. Eine Leistungskontrolle muss mindestens eine Zeitstunde ausfüllen und darf fünf Zeitstunden nicht überschreiten. Die Gesamtdauer der bestandenen Leistungskontrollen darf fünfzehn Zeitstunden nicht unterschreiten (§ 4a FAO). Man sieht also auch hier, dass es die pauschale Antwort an dieser Stelle nicht gibt. Das Gute daran ist jedoch, dass man – je nach persönlichen Vorlieben – verschiedene Möglichkeiten hat, je nachdem, welche Art von Lehrgang man bevorzugt.

Welche Inhalte kommen auf einen zu?

Die Norm des § 10 FAO bestimmt die Kenntnisse, die man als angehender Fachanwalt im Arbeitsrecht nachzuweisen hat. Das Arbeitsrecht teilt sich in die Bereiche Individual- und Kollektivarbeitsrecht.  Es findet  während der Ausbildung also noch keine Spezialisierung statt. Hat man die Ausbildung abgeschlossen, kann man sich frei entfalten und entweder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber vertreten. Ebenfalls im Rahmen der Fortbildungen sollten entsprechende Schwerpunkte gesetzt werden.

In folgenden Bereichen sind gem. § 10 FAO besondere Kenntnisse nachzuweisen:

  1. Individualarbeitsrecht

a) Abschluss, Inhalt und Änderung des Arbeits- und Berufsausbildungsvertrages
b) Beendigung des Arbeits- und Berufsausbildungsverhältnisses einschließlich Kündigungsschutz
c) Grundzüge der betrieblichen Altersversorgung
d) Schutz besonderer Personengruppen, insbesondere der Schwangeren und Mütter, der Schwerbehinderten und Jugendlichen
e) Grundzüge des Arbeitsförderungs- und des Sozialversicherungsrechts

  1. Kollektives Arbeitsrecht

a) Tarifvertragsrecht
b) Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht
c) Grundzüge des Arbeitskampf- und Mitbestimmungsrechts

  1. Verfahrensrecht

Welche praktischen Erfahrungen muss man nachweisen?

Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass man innerhalb der letzten drei Jahre (künftig fünf Jahre; Änderungsbeschluss der Satzungsversammlung vom 26.5.2025) vor der Antragstellung im jeweiligen Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei eine bestimmte Anzahl von Fällen bearbeitet hat (§ 5 FAO). Den Mindestumfang gibt die FAO vor. Für das Arbeitsrecht sind es laut § 5 Abs. 1c) FAO hundert Fälle aus allen der in § 10 Nr. 1a) bis e) und 2a) und b) bestimmten Gebiete. Davon müssen mindestens fünfzig Fälle gerichts- oder rechtsförmliche Verfahren sein. Mindestens fünf Fälle müssen aus dem Bereich des Kollektivarbeitsrechts sein, wobei auch Fälle des Individualarbeitsrechts zählen, in denen kollektives Arbeitsrecht eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Beschlussverfahren sind dabei nicht erforderlich.

Lohnt sich ein Fachanwaltstitel?

Viele Rechtsratsuchende suchen speziell nach fachlich erfahrenen Anwältinnen und Anwälten. Insofern ist eine weitere Spezialisierung, die auch von der zuständigen Berufskammer kontrolliert und vergeben wird, ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil. Des Weiteren verpflichtet der Fachanwaltstitel, durch Fortbildungen den hohen Qualitätsstandard der Arbeit sicherzustellen. Wer seiner Fortbildungspflicht nicht nachkommt, dem droht der Widerruf der Erlaubnis, den Titel zu führen.

Die Fachanwaltsordnung verlangt hier entweder eine kalenderjährliche Publikation auf dem jeweiligen Gebiet oder die Absolvierung von mindestens 15 Fortbildungsstunden pro Jahr (§ 15 FAO). Derartige Fortbildungen werden sowohl online als auch in Präsenz angeboten. Sie bieten zum einen die Möglichkeit, speziell zu dem gewählten Fachbereich Vorträge zu hören oder an Seminaren teilzunehmen. Zum anderen bieten gerade Präsenzveranstaltungen den Vorteil, Kolleginnen und Kollegen zu treffen und kennenzulernen, die im gleichen Fachbereich tätig sind. Vor dem Hintergrund der eigenen Mandatsakquise ist vor allem dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Denn eine Empfehlung  erhält immer derjenige, den man kennt und mit dem man gerne zusammenarbeitet.

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Wo kann man einen Fachanwaltslehrgang absolvieren?

Auch den Fachanwaltslehrgang selbst kann man als Online- oder Präsenzlehrgang absolvieren. Nachdem der Fachanwaltslehrgang im Arbeitsrecht schon seit vielen Jahren Teil der FAO ist, werden zahlreiche Lehrgänge angeboten. Drei verschiedene Anbieter sollen im Folgenden vorgestellt werden:

ARBER Seminare bieten Hybrid-Lehrgänge an, die einmal im Monat über ca. vier Monate lang stattfinden. Der Preis liegt hier bei rund 1.490 Euro.

Die Anwaltsakademie bietet ebenfalls Hybrid-Lehrgänge an, die etwa drei Monate dauern und blockweise stattfinden. Es gibt insgesamt sechs verschiedene Bausteine mit einer jeweiligen Dauer von drei Tagen. Der Preis liegt – je nachdem, in welche Kategorie man fällt – in diesem Bereich:

Fachseminare von Fürstenberg werben damit, den Fachanwaltstitel in nur neun Tagen absolvieren zu können. Ebenfalls bei diesem Anbieter hat man die Möglichkeit den Lehrgang entweder vor Ort oder Online zu absolvieren. Innerhalb von etwa drei Monaten finden drei Blöcke statt, die jeweils drei Tage stattfinden. Die Klausur findet abschließend zwei Monate nach dem letzten Block statt und nimmt zwei Tage in Anspruch. Auch hier ist der Preis gestaffelt:

  • Junganwältinnen und Junganwälte mit weniger als vierjähriger Zulassung: 2.499 €
  • Juristinnen und Juristen mit einer Zulassung von mehr als vier Jahren: 2.799 €
  • für die Teilnahme an der Leistungskontrolle: 380 €
  • Frühbucherrabatt (bis zwei Monate vor Kursbeginn): -200 €

Unabhängig davon, wo der Fachanwaltslehrgang letztendlich absolviert wird, empfiehlt es sich in jedem Fall, beim Arbeitgeber in Erfahrung zu bringen, ob und unter welchen Bedingungen die Kosten (zumindest teilweise) übernommen werden .

Karrierechancen als Fachanwältin oder Fachanwalt im Arbeitsrecht?

Aufgrund der Vielseitigkeit des Arbeitsrechts sind entsprechend auch die Karrieremöglichkeiten vielseitig. Man kann klassisch als Fachanwältin oder Fachanwalt im Arbeitsrecht arbeiten, entweder im Anstellungsverhältnis oder in einer eigenen Kanzlei. Meist tritt man hier entweder als Interessenvertreter für Arbeitnehmer auf oder vertritt Arbeitgeber, also meist Unternehmen. Jedoch ist gerade als Fachanwältin oder Fachanwalt für Arbeitsrecht auch die Tätigkeit im Bereich Personal sehr attraktiv – entweder in der freien Wirtschaft als Syndikus oder aber im Personalamt einer Behörde. Erfüllt man die Voraussetzungen, kann man selbstverständlich auch umsatteln und als Richterin oder Richter arbeiten. Eine weitere Möglichkeit bietet eine Tätigkeit in der Lehre, beispielsweise im Rahmen einer Professur oder an einer anderen Berufsausbildungsstätte. Viele Fachanwältinnen und Fachanwälte mit eigener Kanzlei sind nebenberuflich in der Lehre. Ein gutes Beispiel dürfte hier die IHK sein. Man sieht also, dass sich sowohl inhaltlich, als auch bei der Wahl der Kanzlei bzw. des Arbeitgebers extrem viele Kombinationsmöglichkeiten ergeben.

Wie sind die Gehaltsaussichten?

Das Gehalt als Fachanwältin oder Fachanwalt im Arbeitsrecht variiert je nach Region, Berufserfahrung und Branche. Im Durchschnitt verdienen Anwältinnen und Anwälte in diesem Beruf allerdings mit Berufserfahrung zwischen 5.994 € (Mecklenburg-Vorpommern) und 7.250 € (Hessen) monatlich. Berufseinsteiger bewegen sich im Durchschnitt bei 4.867 € pro Monat.

Fazit: Kosten und Nutzen abwägen

Ob sich ein Fachanwaltstitel für den Einzelnen im Endeffekt lohnt, muss selbstverständlich jeder für sich selbst beurteilen. Es ist immer eine Abwägung zwischen dem Nutzen einerseits und den Kosten und dem Zeitaufwand für eine weitere Ausbildung neben der beruflichen Tätigkeit andererseits.

Inhaltlich sollte man als Grundvoraussetzung ein Interesse daran mitbringen, entweder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber in ihren Rechten zu vertreten. Auch die Arbeit mit aktueller und bereits ergangener Rechtsprechung ist im Arbeitsrecht immer essentiell für die Auslegung des Sachverhalts. Die Bereitschaft, hier durchweg auf dem aktuellsten Stand zu bleiben, sollte von Vornherein vorhanden sein.

Pia Nicklas
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Pia Nicklas hat Rechtswissenschaften in Bayreuth und Wirtschaftsrecht an der Fernuniversität Hagen studiert. Sie arbeitete erst als Werkstudentin und nach Ihrem Abschluss als Wirtschaftsjuristin im Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen. Nach einem kurzen Ausflug in die Kanzleiwelt und in ein großes Wirtschaftsunternehmen, ist sie seit Anfang 2020 als freiberufliche Fachtexterin im juristischen Bereich tätig.

Bild: Adobe Stock/©Africa Studio

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