Fachanwaltslehrgang Miet- und WEG-Recht

Bevor man sich als Anwältin oder Anwalt dazu entscheidet, die Karriere durch einen Fachanwaltslehrgang voranzutreiben, hat man vermutlich erst einmal etliche Fragen. Lohnt sich ein solcher Lehrgang, wie lange dauert er und was kommt inhaltlich auf einen zu? Das Für und Wider muss natürlich jeder letztendlich für sich selbst entscheiden, doch dieser Artikel soll ein wenig dabei helfen, indem er die grundlegenden Fragen zum Fachanwaltslehrgang im Miet- und Wohnungseigentumsrecht beantwortet.

Die Bezeichnung Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht wurde durch die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer auf ihrer Sitzung vom 22. bis 23. November 2004 eingeführt. Zum 1. Januar 2024 waren 3.876 Fachanwältinnen und Fachanwälte für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Deutschland zugelassen.

Voraussetzungen für die Verleihung des Fachanwaltstitels?

Die zuständige Rechtsanwaltskammer verleiht nach Maßgabe der FAO die Berechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Die Voraussetzungen für diese Verleihung sind:

  • Dreijährige Zulassung und Tätigkeit als Rechtsanwalt innerhalb der letzten sechs Jahre vor Antragstellung (§ 3 FAO)
  • Antragstellung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 22 FAO)
  • Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse (§§ 4, 4a und 6 FAO)
  • Nachweis besonderer praktischer Erfahrungen (§§ 5, 6 FAO)
  • Nachweis besonderer Kenntnisse (§ 14b FAO)

Wie lange dauert der Fachanwaltslehrgang?

Der Erwerb des Fachanwaltstitels setzt voraus, dass der Antragsteller an einem auf die Bezeichnung als Fachanwalt vorbereitenden anwaltsspezifischen Lehrgang teilgenommen hat, der alle relevanten Bereiche des jeweiligen Fachgebiets umfasst. Die Gesamtdauer des Lehrgangs muss dabei mindestens 120 Zeitstunden betragen. Der Zeitraum, in dem sie absolviert werden, ist individuell und variiert je nach Anbieter. Die Leistungskontrollen sind hier nicht umfasst.

Welche Leistungskontrollen gibt es?

Der Antragsteller muss – um den Fachanwaltstitel führen zu dürfen – mindestens drei schriftliche Leistungskontrollen (Aufsichtsarbeiten) in Präsenzform aus verschiedenen Bereichen des Lehrgangs erfolgreich ablegen. Eine Leistungskontrolle muss mindestens eine Zeitstunde ausfüllen und darf fünf Zeitstunden nicht überschreiten. Die Gesamtdauer der bestandenen Leistungskontrollen darf fünfzehn Zeitstunden nicht unterschreiten (§ 4a FAO). Man sieht also auch hier, dass es die pauschale Antwort an dieser Stelle nicht gibt. Das Gute daran ist jedoch, dass man – je nach persönlichen Vorlieben – verschiedene Möglichkeiten hat, je nachdem welche Art von Lehrgang man bevorzugt.

Welche Inhalte kommen auf einen zu?

Die Norm des § 14c FAO bestimmt die Kenntnisse, die man als angehender Fachanwalt oder angehende Fachanwältin im Miet- und Wohnungseigentumsrecht nachzuweisen hat.

In folgenden Bereichen sind gem. § 14c FAO besondere Kenntnisse nachzuweisen:

  1. Recht der Wohnraummietverhältnisse
  2. Recht der Gewerberaummietverhältnisse und Pachtrecht
  3. Wohnungseigentumsrecht
  4. Maklerrecht, Nachbarrecht und Grundzüge des Immobilienrechts
  5. Miet- und wohnungseigentumsrechtliche Bezüge zum öffentlichen Recht, einschließlich Steuerrecht
  6. Miet- und wohnungseigentumsrechtliche Besonderheiten des Verfahrens- und Vollstreckungsrechts

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Welche praktischen Erfahrungen muss man nachweisen?

Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass man innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im jeweiligen Fachgebiet als Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei eine bestimmte Anzahl von Fällen bearbeitet hat (§ 5 FAO). Den Mindestumfang gibt ebenfalls die FAO vor. Für das Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind es laut § 5 Abs. 1j FAO 120 Fälle. Davon müssen mindestens 60 gerichtliche Verfahren sein. Insgesamt müssen sich zudem mindestens die Hälfte der Fälle – also ebenfalls 60 Stück – auf die in § 14c Nr. 1 bis 3 FAO bestimmten Bereiche beziehen, wobei aus jedem dieser drei Bereiche mindestens fünf Fälle zu bearbeiten sind.

Lohnt sich ein Fachanwaltstitel?

Viele Ratsuchende suchen speziell nach fachlich erfahrenen Anwälten und Anwältinnen. Insofern ist eine weitere Spezialisierung, die auch von der zuständigen Berufskammer kontrolliert und vergeben wird, ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil. Des Weiteren verpflichtet der Fachanwaltstitel, durch Fortbildungen den hohen Qualitätsstandard der Arbeit sicherzustellen. Wer seiner Fortbildungspflicht nicht nachkommt, dem droht der Widerruf der Erlaubnis, den Titel zu führen.

Die Fachanwaltsordnung verlangt hier, dass man entweder kalenderjährlich auf dem jeweiligen Gebiet publiziert oder mindestens 15 Fortbildungsstunden in einem Jahr ableistet (§ 15 FAO). Derartige Fortbildungen werden sowohl online, als auch in Präsenz angeboten. Sie bieten zum einen die Möglichkeit, speziell zu dem gewählten Fachbereich Vorträge zu hören oder an Seminaren teilzunehmen. Zum anderen haben aber gerade Präsenzveranstaltungen den Vorteil, Kolleginnen und Kollegen zu treffen und kennenzulernen, die im selben Fachbereich tätig sind. Vor dem Hintergrund der Akquise eigener Mandate ist vor allem dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Eine Empfehlung wird nämlich immer derjenige erhalten, den man kennt und mit dem man gerne zusammenarbeitet.

Wo kann man einen Fachanwaltslehrgang im Miet- und WEG-Recht absolvieren?

Auch den Fachanwaltslehrgang selbst kann man als Online- oder Präsenzlehrgang absolvieren. Drei verschiedene Anbieter sollen im Folgenden vorgestellt werden:

 ARBER Seminare bieten Hybrid-Lehrgänge an, die einmal im Monat über ca. vier Monate lang stattfinden. Der Preis liegt hier bei 1.490 Euro.

Die Anwaltsakademie bietet derzeit ausschließlich einen Online-Lehrgang an, der etwa vier Monate dauert und blockweise stattfindet. Es gibt insgesamt sechs verschiedene Bausteine mit einer jeweiligen Dauer von zwei bis vier Tagen. Der Preis liegt – je nachdem, in welche Kategorie man fällt – in diesem Bereich:

  • 165 Euro RAe/-innen bis 3 Jahre nach Zulassung/Assessoren/-innen bis 3 Jahre nach 2. Examen/Referendare/-innen
  • 285 Euro Mitglieder Anwaltverein
  • 485 Euro Nichtmitglieder
  • 280 Euro Gebühr Klausuren

Die Hagen Law School bietet einen Fachanwaltslehrgang als reinen Fernlehrgang an, das bedeutet, dass man unabhängig von Zeit und Ort in Form von Skripten jederzeit teilnehmen kann. Dies eignet sich vor allem für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die gerne eigenständig arbeiten und dazu in der Lage sind, sich selbst zu organisieren. Der Preis liegt hier bei rund 1.750 Euro. Die abschließenden Klausuren werden in folgenden Städten angeboten: Berlin, Hagen, Hamburg, Frankfurt a. M., München, Leipzig, Nürnberg und Stuttgart.

Egal, wo man seinen Fachanwaltslehrgang letztendlich absolviert, es empfiehlt sich in jedem Fall, beim Arbeitgeber in Erfahrung zu bringen, ob die Kosten (zumindest teilweise) übernommen werden und unter welchen Bedingungen dies geschieht.

Karrierechancen als Fachanwalt im Miet- und Wohnungseigentumsrecht?

Wie in jedem anderen Rechtsgebiet auch, kann man natürlich auch im Miet- und Wohnungseigentumsrecht klassisch als Fachanwalt oder Fachanwältin arbeiten, entweder im Anstellungsverhältnis oder in einer eigenen Kanzlei. Meist tritt man hier entweder als Interessenvertreter für Mieter auf oder vertritt Vermieter sowie Wohnungseigentümer in ihren Rechten. Dies können sowohl Privatpersonen sein, als auch juristische Personen. Gerade im WEG-Recht spielt jedoch gerade die Zusammenarbeit mit Hausverwaltungen eine zentrale Rolle.

Möchte man außerhalb der Kanzleiwelt – beispielsweise als Syndikusrechtsanwalt oder -anwältin – tätig werden, kann man bei großen Unternehmen im Immobiliensektor fündig werden, beispielsweise Bauunternehmen, Wohnungsbaugesellschaften oder Unternehmen mit Immobilienbestand, z. B. Banken und Versicherungen. Auch eine Tätigkeit in Verbänden wie Mietervereinen oder Industrieverbänden ist vorstellbar.

Ebenfalls die Tätigkeit in einer Behörde oder generell im Öffentlichen Dienst sollte immer eine Möglichkeit darstellen, wenn auch die Gehaltsaussichten hier eher niedriger angesiedelt sind, als in der freien Wirtschaft.

Eine weitere Möglichkeit bietet die Tätigkeit in der Lehre, beispielsweise im Rahmen einer Professur oder an einer anderen Berufsausbildungsstätte. Viele Fachanwältinnen und Fachanwälte mit eigener Kanzlei arbeiten beispielsweise aber auch nebenher in der Lehre. Ein gutes Beispiel dürfte hier die IHK sein. Man sieht also, dass sich sowohl inhaltlich, als auch bei der Wahl der Kanzlei bzw. des Arbeitgebers extrem viele Kombinationsmöglichkeiten ergeben.

Wie sind die Gehaltsaussichten?

Das Gehalt als Fachanwalt oder Fachanwältin im Miet- und Wohnungseigentumsrecht variiert je nach Region, Berufserfahrung und Branche. Im Durchschnitt verdienen Fachanwälte im Miet- und Wohnungseigentumsrecht jedoch laut Statistik zwischen 3.083 Euro als Berufsanfänger und 5.289 Euro mit Berufserfahrung. Spitzenverdiener können wohl auch bis zu 6.383 Euro brutto im Monat verdienen. Bei einer 40-Stunden-Woche entspräche dies somit einem Stundenlohn von rund 36,83 Euro/Brutto. Man sieht jedoch, dass eine verlässliche Aussage im Grunde nie gemacht werden kann. Es hängt immer und überall vom Einzelfall ab.

Fazit: Kosten und Nutzen abwägen

Ob sich ein Fachanwaltstitel für den Einzelnen im Endeffekt nun lohnt, muss selbstverständlich jeder selbst beurteilen. Es stehen sich immer einerseits der Nutzen und andererseits die Kosten und der Zeitaufwand einer weiteren Ausbildung neben der beruflichen Tätigkeit gegenüber.

Inhaltlich sollte man als Grundvoraussetzung ein Interesse daran mitbringen, entweder Mietparteien, Vermieterinnen und Vermieter oder auch Wohnungseigentümer in ihren Rechten zu vertreten. Ebenfalls eine häufige Zusammenarbeit mit Architekturbüros, Bauträgern und Immobilienmaklern kann – je nach Branche und Spezialisierung – immer wieder vorkommen, genauso wie die Teilnahme an Eigentümerversammlungen, die mitunter an den Abenden stattfinden. Man sollte sich deshalb vorher gründlich informieren, ob die persönliche Vorstellung von diesem Rechtsgebiet und die Praxis letztendlich zusammenpassen. Im Idealfall arbeitet man schon einige Jahre in diesem Feld, bis man sich sicher ist, das für sich passende Rechtsgebiet gewählt zu haben. Schließlich investiert man selbst oder auch der Arbeitgeber viel Geld.

Pia Nicklas
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Pia Nicklas hat Rechtswissenschaften in Bayreuth und Wirtschaftsrecht an der Fernuniversität Hagen studiert. Sie arbeitete erst als Werkstudentin und nach Ihrem Abschluss als Wirtschaftsjuristin im Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen. Nach einem kurzen Ausflug in die Kanzleiwelt und in ein großes Wirtschaftsunternehmen, ist sie seit Anfang 2020 als freiberufliche Fachtexterin im juristischen Bereich tätig.

Bild: Adobe Stock@Maksym

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