Viele junge Juristinnen und Juristen beschäftigen sich mit dem Thema Altersvorsorge, denn der demografische Wandel macht sich auch bei den anwaltlichen Versorgungswerken bemerkbar. Auch wenn die Versorgungswerke nur teilweise nach dem Umlageverfahren arbeiten, stellen sich viele, gerade jüngere Berufstätige die Frage: Welche Leistungen und Besonderheiten der berufsständischen Versorgungswerke sollte man während des Berufslebens und im Ruhestand kennen? Wie werden die Beiträge berechnet und was gilt beispielsweise während einer Elternzeit? Dieser Artikel klärt auf und beschäftigt sich u. a. mit der Frage, ob die berufsständische Altersvorsorge alleine ausreicht, um im Ruhestand den Lebensstandard zu erhalten.

Was sind die Aufgaben und Ziele der Versorgungswerke?

Die berufsständischen Versorgungswerke sind öffentlich-rechtliche Pflichtversorgungseinrichtungen, die Leistungen auf Basis der gesetzlichen Pflichtversicherung bieten und für kammerfähige, freie Berufe zugänglich sind. Sie unterstehen damit den Landesrechnungshöfen und nicht der Aufsicht der BaFin.

Zusammengefasst erbringen die Versorgungswerke auf landesrechtlicher Grundlage Leistungen im Rahmen der Alters-, Berufsunfähigkeits-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung sowie alternativ eine Kapitalabfindung für ihre Mitglieder.

Darüber hinaus können die Versorgungswerke Zuschüsse für Rehabilitationsmaßnahmen gewähren. Diese gelten i. d. R. aber eher als Solidarleistungen für spezielle Fälle. Eine private Vorsorge ist daher essentiell, da ein Leistungsfall mit hohen privaten Zuzahlungen verbunden sein kann.

Durch Ihre Leistungen beugen die Versorgungswerke somit einer Überalterung der Berufsstände vor und tragen dem Erhalt voll leistungsfähiger freier Berufe bei.

Beiträge

Jedes Mitglied ist verpflichtet, an das Versorgungswerk den Pflichtbeitrag zu entrichten. Die individuelle Beitragserhebung ist in den jeweiligen Satzungen der Versorgungswerke geregelt. Nach unten wird die Leistungspflicht laut Satzung dabei i. d. R. durch den Mindestbeitrag begrenzt.

Wie errechnet sich der Beitrag?

Für angestellte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bildet das erzielte Arbeitsentgelt die Grundlage zur Beitragskalkulation. Dabei richtet sich die Beitragshöhe grundsätzlich analog nach dem zu zahlenden Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gerade für Besserverdiener birgt diese Deckelung im Alter das Risiko des Konsumverzichts, da die Höchstbeiträge an das Versorgungswerk auf die Beitragsbemessungsgrenze (8.050 Euro brutto im Monat in 2025) der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt sind.

Bei Selbstständigen werden die Beiträge in einem bestimmten Verhältnis zur geltenden Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung festgelegt. Dabei ist der Regelbeitrag als Höchstbeitrag analog der gesetzlichen Rentenversicherung bestimmt. Eine einkommensbezogene Beitragsfestsetzung ist im Falle einer Einkommensunterschreitung der BBG möglich und macht eine private Vorsorge wiederum umso wichtiger.

Generell lassen die Versorgungswerke auch Zahlungen über den Pflichtbeitrag hinaus zu. Dies wird gewährt, da die versicherten Personenkreise oft durch lange Ausbildungszeiten und dem Aufbau der eigenen Kanzlei an einer bedarfsgerechten Beitragszahlung gehindert waren. Die meisten Versorgungswerke deckeln die freiwillige Zahlung hierbei auf maximal 15/10 des Nominalbeitrags.

Im Verlauf des Artikels betrachten wir daher auch, wie die Beiträge von den Versorgungswerken angelegt werden und welche Gründe für oder gegen eine freiwillige Zuzahlung sprechen.

Müssen während einer Elternzeit Beiträge gezahlt werden?

Während der Kinderbetreuungszeit kann sich die Höhe des Regelpflichtbeitrags je nach Versorgungswerk und Satzung ändern. Auf schriftlichen Antrag kann außerdem die Verpflichtung zur Zahlung des Regelpflichtbeitrags in dieser Zeit entfallen. Längstens jedoch bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes, sofern das Mitglied dem Versorgungswerk nachweist, in dieser Zeit nicht anwaltlich tätig zu sein (Bsp. VW Hessen).

Bitte beachten Sie, dass sich eine Reduzierung des Beitrags auf die Höhe der Alters- und Berufsunfähigkeitsrente auswirkt. Ebenso werden während des Bezugs von Mutterschaftsgeld keine Beiträge durch Ihren Arbeitgeber an das Versorgungswerk abgeführt. Eine ergänzende private Vorsorge ist daher dringend zu empfehlen.

Darüber hinaus ist es ratsam und sachgerecht, die Kindererziehungszeiten trotz Mitgliedschaft im Versorgungswerk in der gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden, da es sich bei der Kinderbetreuung um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt und diese seit einem Urteil des BSG aus 2008 somit berücksichtigungsfähig sind.

Bezuschussung von Krankenversicherungsbeiträgen

Mitglieder der Versorgungswerke zahlen in der gesetzlichen Krankenversicherung auch im Ruhestand oftmals den Höchstbeitrag, da sich der Beitrag nicht nur an der individuellen Altersrente, sondern auch an weiteren Einkünften, wie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bemisst.

Unabhängig davon, ob das Mitglied im Ruhestand gesetzlich oder privat krankenversichert ist, sind spätestens ab Bezug der Altersrente 100 Prozent der Krankenversicherungsbeiträge vom Versicherten zu tragen, da die Versorgungswerke weder im Rentenbezug noch bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit im Erwerbsleben Zuzahlungen zur Krankenversicherung vorsehen.

Selbstständige Anwältinnen und Anwälte kommen bereits während ihres Erwerbslebens für die vollen Krankenversicherungsbeiträge auf, unabhängig davon, ob sie gesetzlich oder privat krankenversichert sind. Da es auch in den Gesundheitssystemen weitreichende Unterschiede gibt, die im Ernstfall mit hohen Zuzahlungen des Versicherten verbunden sein können, empfiehlt es sich, sich für eine bestmögliche Gesundheitsversorgung von einem Experten beraten zu lassen.

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Wie hoch sind die Rentenansprüche im Durchschnitt?

Laut den Zahlen der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke lag die Durchschnittsrente aus den Versorgungswerken im Jahr 2022 nur bei ca. 2.200 Euro vor Steuerabzug. Im Vergleich erstmal höher als eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Doch auch Versorgungswerke können sich dem gegenwärtigen Marktumfeld nicht entziehen und unterliegen keiner gesetzlichen Insolvenzregelung bzw. dem Schutz durch Protektor. Bevor jedoch der Insolvenzfall eines Versorgungswerks eintritt, können die laufenden Renten und Anwartschaften der Mitglieder auf ein nötiges Minimum reduziert werden um den Fall noch abzuwenden.

Faktoren wie Rechnungszins, Kostenquote, Lebenserwartung der Mitglieder und die Beitragshöhe können zwischen Eintritt im Versorgungswerk und Rentenantrag maßgeblich die Höhe der zu erwartenden Altersrente beeinflussen. Da diese Faktoren nicht vorhersehbar sind, kann die Altersrente in der Erwerbstätigkeit nicht garantiert werden. Die konkrete Rentenhöhe kann somit erst bei Rentenbeginn unter Berücksichtigung der dann zugrunde liegenden Gegebenheiten festgelegt werden. Negative wirtschaftliche Veränderungen können selbst im Nachgang eine Kürzung der Rentenleistung erfordern. In gravierenden Fällen kann sogar die Satzung vom Versorgungswerk i. d. R. mit einer 2/3 Mehrheit der Mitglieder jederzeit geändert werden. Nichts ist in Stein gemeißelt, alles ist veränderbar. Das ist in der privaten Altersvorsorge anders, da diese auf einer nachträglich nicht einseitig änderbaren vertraglichen Vereinbarung beruht.

Fazit: Die Leistungen der berufsständischen Versorgungswerke reichen allein nicht aus, um Ihren Lebensstandard im Alter zu erhalten. Wer den wohlverdienten Ruhestand angemessen und ohne Konsumverzicht genießen will, muss frühzeitig private Vorsorgemaßnahmen ergreifen.

Erfahren Sie in Teil 2 der Artikelreihe, welche privaten Vorsorgemöglichkeiten es gibt und welche Vor- und Nachteile sie haben. 

Weitere Beiträge

Julian Fleischer ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Anwaltvorsorge. Er begann 2020 seine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der Debeka, Deutschlands größtem privaten Krankenversicherer. Nach Abschluss der Ausbildung wählte er den direkten Weg in die Selbstständigkeit und ist seit September 2023 erfolgreich als selbstständiger Finanz- und Versicherungsmakler tätig.

Niklas Fleischer ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Anwaltvorsorge. Er begann 2014 seine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der Debeka, wo er nach Ausbildungsende im Juli 2017 als zuständiger Bezirksleiter hauptverantwortlich für die Betreuung der Marburger Justizbehörden zuständig war. Daneben war er als Ansprechpartner für die Ausbildung der Auszubildenden mitverantwortlich. Seit Dezember 2018 ist er erfolgreich als unabhängiger Finanz- und Versicherungsmakler tätig.

Bild: Adobe Stock/©chrizzystudio

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