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Den Aufbau und das Betreiben einer Kanzlei stellt viele Herausforderungen an Anwältinnen und Anwälte – die allermeisten haben jedoch nichts mit den beiden Examina zu tun, die zur Berufsausübung nötig sind. In Teil 1 dieser Artikelserie haben wir uns damit beschäftigt, warum Vertrieb für Kanzleien relevant ist und welche Online- und Offline-Strategien es im direkten Vertrieb gibt. In Teil 2 geht es nun um den indirekten Vertrieb und darum, wie man gezielt Kontakt zu den Zielgruppeninhabern aufbaut.

Intermediäre und Zielgruppeninhaber

Hier liegt der Schlüssel zum indirekten Vertrieb: Bauen Sie gezielt Kontakte zu Zielgruppeninhabern auf, denn wenn diese Sie mit „Ihrer“ Zielgruppe zusammenbringen, haben Sie gleich zwei positive Effekte für sich genutzt:

  1. Der passive Effekt, wie bei einer Kundenrezension und
  2. der Qualitätsvermutungseffekt: „Dieser Anwalt bzw. diese Anwältin muss ja was draufhaben und Expertenstatus haben, sonst würden die ihm bzw. ihr hier kein Forum bieten!“.

Wer sind also diese Zielgruppeninhaber? Dies können bspw. Immobilienmakler für Anwälte und Notare mit Immobilienschwerpunkt sein. Oder Verbände, Banken, Steuerberater etc. Hier ist der Kreativität keine Grenze gesetzt.

Aufbau einer Beziehung: Vertrauen und Mehrwert schaffen

Machen Sie sich klar, dass ein Zielgruppeninhaber in der Regel nichts davon hat, Sie zu empfehlen. Er erhält keine Provision. Für ihn steht daher im Vordergrund, dass er seinem Netzwerk (z. B. Mitglieder, Kunden etc.) eine gute Empfehlung gibt – z. B. Sie. Er hat daher viel zu verlieren, nämlich seinen guten Ruf. Nehmen Sie sich die Zeit, ihm ganz genau zu erklären, warum seine indirekte Reputation bei Ihnen in guten Händen ist. Erklären Sie ihm, wie sie sicherstellen wollen, dass sein Netzwerk bei Ihnen erstklassige Behandlung erfährt.

Erfolgsbeispiele und Best Practice

Für einen Fachanwalt für Verkehrsrecht sind Autowerkstätten ideale Zielgruppeninhaber. Menschen, die einen Verkehrsunfall hatten, wenden sich häufig zunächst an die Werkstatt. Gerade beim Thema Kosten sind diese dankbar, wenn die Werkstatt ihnen einen guten Anwalt empfiehlt, der die Kosten bei der Gegenseite wieder hereinholt – oder eben Kostenforderungen der Gegenseite abwehrt. Die Werkstatt „haftet“ ihren Kunden gegenüber dann auch mit dem eigenen guten Namen für die Qualität des empfohlenen Anwaltes. Wer die Empfehlung „Mit Anwalt XY arbeiten wir regelmäßig erfolgreich zusammen“ liest, wird keine Experimente mit einer anderen Kanzlei machen, sondern auf seine vertrauenswürdige Werkstatt hören.

Organisation und Prozesse im Vertrieb

CRM-Systeme und Tools: Wie man Kontakte und Leads verwaltet

Für den Anfang benötigen Sie eigentlich kein großes Equipment, selbst Excel tut’s hier bereits. Wichtig ist, dass Sie den Überblick behalten! Name, Funktion, Kontaktdaten, Branche, Kontakthistorie sind die Kernpunkte. Merken Sie sich auch off-topics. Die Geschäftsführerin des Verbandes liebt auch schottischen Whisky? Merken Sie sich das – wir Menschen sind keine Maschinen und an Ihre Aufmerksamkeit wird man sich positiv erinnern!

Effizienz durch Automatisierung? KI und digitale Helferchen

Ich selbst bin kein Freund davon, da mir zu schnell das Individuelle auf der Strecke bleibt. Je nachdem, welche Zielgruppe Sie bedienen, mag es jedoch sinnvoll sein, sich technische Unterstützung zu suchen, um Mengen an Kontakten zu verarbeiten. Es gilt ein Grundsatz: Zeitnah ist wichtiger als die Form!

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Häufige Stolpersteine und wie man sie vermeidet

Weniger ist mehr – Fokus!

Denken Sie daran, dass potenzielle Mandanten einen Experten für ihr Thema suchen. Sei es die rechtliche Kompetenz im speziellen Rechtsgebiet oder die Spezialkenntnis einer Branche – am besten ist die Kombination aus beidem, wenn die Nische noch groß genug bleibt. Denken Sie daran – der Bauchladen hat keine Zukunft!

Kontakte muss man pflegen!

Um wirkliche Früchte aus Ihren Aktivitäten zu ziehen, gehen Sie partnerschaftlich vor. Pflegen Sie Kontakte, bedanken Sie sich für das Kennenlernen, entwickeln Sie Ideen, gratulieren Sie zum Geburtstag. Verlangen Sie nicht sofort monetäre Kompensation, sondern geben Sie auch mal etwas gratis raus. Es wird wieder zurückkommen, denn Sie bauen sich Ihre Reputation als „angenehmer“ Geschäftspartner auf. Das schafft genau das Vertrauen, welches Sie benötigen, um vertrieblich erfolgreich zu sein!  

Eile mit Weile – bleiben Sie realistisch!

Rom wurde nicht an einem Tag erbaut! Kaum ein Thema braucht eine solche Konstanz wie Vertrieb und Kontaktpflege! Der eine große Paukenschlag bringt deutlich weniger als beständige Präsenz für die Zielgruppe(n). Merken Sie sich eins: Vertrieb ist kein Sprint, sondern ein Marathon.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Wenn das Thema gänzlich neu für Sie ist, dann zwingen Sie sich doch mal, in einem Satz zusammenzufassen, wo (!) Sie Ihrer Zielgruppe (!) einen Mehrwert (!) bieten! „Ich mache Arbeitsrecht“ beschreibt leider nur, welches Rechtgebiet Sie abdecken. Als nächstes fragen Sie sich, welche Zielgruppeninhaber es für Ihre Zielgruppe(n) gibt und wie Sie diese angehen könnten. Danach gehen Sie auf soziale Plattformen und machen sich damit vertraut bzw. schärfen Ihren Auftritt. Dann haben Sie noch immer keinen direkten Vertrieb begonnen, aber die „low hanging fruits“ einfach eingesammelt und damit genug Erfahrung gewonnen, die direkte Ansprache Ihrer Zielgruppe in Angriff zu nehmen!

Viel Erfolg – wer wagt, gewinnt!

Lassen Sie’s ordentlich krachen!

Weitere Beiträge

Götz F. Vinnen ist Geschäftsführer und Gründer von viax consulting. Als Wachstumsberater für Anwälte und Notare verhilft er diesen zu einer planbaren Kanzleientwicklung. Der studierte Betriebswirt und MBA berät Kanzleien im DACH-Raum bei Fragen zu Business Development, Positionierung, Kennzahlenentwicklung und Pricing.

www.linkedin.com/in/götz-vinnen

Pascal Croset ist Geschäftsführer und Gründer von CROSET | Fachkanzlei für Arbeitsrecht in Berlin. Der Fachanwalt berät mit seinem Team aus fünf Fachanwälten ausschließlich im Bereich des Arbeitsrechts sowohl die Arbeitnehmerseite als auch die Arbeitgeberseite deutschlandweit.

Bild: Canva/©Julien Eichinger 

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