Von Dr. Anja Schäfer

Sie wollen sich als Anwältin oder Anwalt als Experte bei der Mandantschaft, im Team Ihrer Kanzlei und darüber hinaus in einem Netzwerk (z. B. online auf LinkedIn) etablieren? Eine gute Idee – denn eine fehlende Spezialisierung kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Sie in der breiten Masse untergehen und den Beruf wechseln (müssen).

Besonders dann, wenn Sie als Person mit Expertise wahrgenommen und wertgeschätzt werden wollen, sollten Sie im Interesse Ihrer Positionierung als Spezialistin oder Spezialist einen elementaren Fehler (im Folgenden unter 1.) vermeiden, eine wichtige Regel (im Folgenden unter 2.) beachten und des Weiteren flexibel sowie vorausschauend agieren (im Folgenden unter 3.).

1. Meiden Sie folgende Falle

Ein klares Anzeichen dafür, dass Sie nicht als Expertin oder Experte agieren, sondern vielmehr in die „Generalistenfalle“ getappt sind, ist, dass die Mandantschaft von Ihnen zu „allen“ rechtlichen Fragen beraten und zu „jedem“ Sachproblem vertreten werden. Als Einzelanwältin wie als Kollege einer größeren Einheit übernehmen Sie jedes an Sie herangetragene Mandat, unabhängig davon, ob Sie die entsprechende fachliche Expertise und/oder praktischen Erfahrungen aufweisen.

Dies ist keine Situation, mit der sich nur Berufseinsteigerinnen und -einsteiger auseinandersetzen müssen. Dennoch fällt es am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn regelmäßig schwer, sich auf bestimmte Rechtsgebiete oder Mandate festzulegen. Sie sehen sich selbst schließlich noch nicht als Expertin oder Experte an. Folglich bezweifeln sie, ob sie als solche nach außen auftreten und intern, extern sowie im Netz bzw. Netzwerk sichtbar werden können. Mitunter besteht auch die Angst – oder besser gesagt der Irrglaube, durch eine zu frühe Fokussierung einzelne Beratungsaufträge oder gar Mandate und damit an Ansehen und Reputation – nicht nur in der Kanzlei – verlieren zu können.

Wenn Sie selbst nicht so genau wissen, wofür Sie stehen, wissen es die Menschen in Ihrem Umfeld in der Regel auch nicht. Das Fehlen einer eindeutigen Positionierung und damit einer klaren und zügigen Entwicklung zu Spezialistinnen und Spezialisten führt immer wieder dazu, dass einzelne in der breiten (oder auch „grauen“) Masse der Anwaltschaft untergehen und den Beruf wechseln.

2. Spezialisierung statt Generalisierung

Sich für ein Thema, Rechtsgebiet oder auch für die Beratung bestimmter Mandate zu entscheiden, ist mitunter nicht leicht. Es ist aber notwendig, wenn Sie in Ihrer Mandantschaft, in der Branche und in Ihrem Netzwerk als Fachexpertin oder -experte sichtbar und bekannt werden wollen.

Insbesondere Ihre Expertise und die im Regelfall damit einhergehenden guten Ergebnisse sorgen dafür, dass sich Ihre Mandantschaft aufgrund Ihrer Spezialisierung bei Ihnen gut aufgehoben, beraten sowie betreut fühlen. Dadurch steigt auch Ihre Weiterempfehlungsquote sowie Ihre Perspektiven in der Kanzlei.

Je mehr rechtliches Know-how und praktische Erfahrungen Sie vorweisen können, umso wertvoller sind Sie als Expertin oder Experte, nicht nur für Ihre arbeitgebende Kanzlei.

Dies gelingt Ihnen jedoch nur, wenn Sie nicht (immer wieder) versuchen, alles abzudecken, sondern sich wirklich auf Ihre Geniezone und die Rechtsfragen bzw. -gebiete fokussieren, in denen Sie (beinahe) unschlagbar sind.

Auch oder insbesondere für Sie gilt: Weniger ist mehr und zudem ein Erfolgsgarant für Ihr Weiterkommen im Kanzlei-Business.

3. Was Positionierung wirklich bedeutet

Auch wenn es noch immer einzelne von Ihnen etwas überrascht: Ihre Positionierung ist nicht in Stein gemeißelt, sondern ein das Berufsleben andauernder, sich stetig weiterentwickelnder Prozess. Denn nicht nur die Herausforderungen im Kanzleialltag oder die Fragen der Mandantschaft ändern sich regelmäßig. Auch das Recht und unsere Welt selbst befinden sich in einem permanenten, schnelllebigen Veränderungsprozess. Dies verlangt von jedem Anwalt und jeder Anwältin, dass sich diese permanent an den Wandel anpassen müssen.

Positionierung bedeutet daher, sich fortwährend weiterzuentwickeln, immer wieder neu seinen Platz zu finden und einzunehmen. Dies bedeutet weiterhin, mutig die Mandantschaft und deren Umfeld, die Rechtsbranche sowie das eigene Netzwerk wissen zu lassen, dass man ihre Expertin bzw. ihr Experte ist.

Dies gelingt jeder Anwältin bzw. jedem Anwalt und damit auch Ihnen, wenn Sie strategisch, zielfokussiert und proaktiv agieren und sich mit Ihrer Expertise, praktischen Erfahrung sowie Persönlichkeit zeigen und diese leben. Und das smart und immer dann und dort, wenn und wo es für Sie passt.

Weitere Beiträge

Dr. Anja Schäfer ist Anwältin, Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und unterstützt als Mentorin Juristinnen schwerpunktmäßig in puncto Netzwerkaufbau, Selbstmarketing und Sichtbarkeit als Expertin. Sie veranstaltet regelmäßig Networking-Events von, für und mit Juristinnen und spricht über die genannten Themen alle zwei Wochen in ihrem Podcast.
Mehr Informationen zum Podcast: anja-schaefer.eu/podcast.

Kennen Sie schon unser MkG-Magazin?

Im Magazin finden Sie weitere spannende Beiträge u. a. zum neuen Nachweisgesetz, Berufsrecht, zur Sichtbarkeit im Netz und zur Terminvertretung.

Hier gratis downloaden

Bild: Adobe Stock/©Nuthawut

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.