Recruiting

Von Carmen Wolf

In unserem vorangegangenen Beitrag rund um das Thema „Ausbildung in der Anwaltskanzlei“ haben wir uns insbesondere damit beschäftigt, wer ausbilden darf und wie auszubilden ist. Aber was wird zum Ausbilden benötigt? Eine Auszubildende bzw. ein Auszubildender: Ein passender Kandidat oder eine passende Kandidatin muss also gefunden werden!

Wie und wo kann man potenzielle Azubi-Kandidaten rekrutieren?

Die Generation, die Sie ansprechen, liest selten eine Stellenanzeige in der Zeitung. Zwar darf man auch nicht die Eltern unterschätzen, die ihren Kindern gelesene Anzeigen weitergeben, aber auch diese Generation ist heute mit dem Internet vertraut. Streuen Sie Ihre Stellenanzeige überwiegend oder ausschließlich auf entsprechenden Internetportalen, Jobbörsen, Stellenbörsen der Rechtsanwaltskammer, der eigenen Homepage, auf Social Media-Plattformen (Facebook oder Instagram). Versenden Sie aber auch Stellenanzeigen an Schulen in Ihrer Umgebung mit der Bitte um Aushang an das Schwarze Brett. Auch die Einreichung einer entsprechenden Stellenausschreibung bei der Agentur für Arbeit sollte erfolgen, da dort auch – gerade für unentschlossene Schulabgänger – Berufsberatungsgespräche stattfinden.

Was ist bei der Ausschreibung zu beachten?

Vorab: Die Zielgruppe, die Sie ansprechen, ist jung und modern. Sie verzichtet oft auf Konventionen. Sofern in Ihrem Betrieb das „Du“ an der Tagesordnung ist, kann und sollte sich dies auch in der Anzeige widerspiegeln. Allerdings macht eine entsprechend vertraute Anzeige in dieser Ansprache wenig Sinn, wenn der Umgang so nicht gelebt wird und dies im Vorstellungsgespräch direkt anders wahrgenommen wird.

Eine Stellenausschreibung sollte darüber hinaus neugierig auf die Ausbildung und den Beruf machen, so dass es sinnvoll ist, schon in der Ausschreibung auf die Ausbildungsinhalte hinzuweisen: Sie suchen eine Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter, die oder der genau dieses Berufsbild ausfüllen und erlernen möchte – nicht jemanden, die/der blauäugig in die Berufsausbildung hineintappt.

Beispiel für eine aussagekräftige Stellenanzeige

Das obige Beispiel weicht von den üblichen Vorgaben für eine Stellenanzeige ab: Denn regelmäßig wird die Ansicht vertreten, dass nicht mehr als drei Spiegelstriche verwendet werden sollen, damit ein:e Interessent:in nicht von einer Bewerbung absieht, weil das eine oder andere Tätigkeitsfeld vielleicht nicht passt bzw. die eine oder andere Anforderung nicht erfüllt werden kann. Hier geht es aber nicht um eine Stellenanzeige für einen ausgelernten Bewerber, sondern gerade um einen Ausbildungsplatz. Deshalb kann und sollte die Anzeige wesentlich umfangreicher und detaillierter sein, um ein klares Bild aufzuzeigen. Im Übrigen kann nur empfohlen werden, die Stellenanzeige mit Bildern der Kanzlei bzw. den Kanzleimitgliedern, insbesondere auch mit einem Bild der Ausbilderin bzw. des Ausbilders, aufzupeppen, damit auch eine persönliche „Vertrautheit“ hergestellt werden kann. Digital ist insoweit vieles möglich.

Das Praktikum – nicht zu unterschätzende Schnupperwochen

Die allgemeinbildenden Schulen bieten ihren Schüler:innen – regionalabhängig – nicht nur die Möglichkeit, im Rahmen eines Praktikums in einen Beruf hinein zu schnuppern, sondern zum Teil werden die Praktika auch verpflichtend und während der Schulzeit über einen Zeitraum von ein bis vier Wochen durchgeführt. Ein Praktikumsplatz ist eine hervorragende Recruiting-Möglichkeit, wenngleich sie auch nicht direkt auf den ersten Blick so erkannt wird: Bestimmt sind auch in Ihrer Kanzlei schon entsprechende Bewerbungen eingegangen, die aber vielleicht schnell beiseitegelegt wurden, weil die Betreuung einer Praktikantin oder eines Praktikanten Zeit und Geduld erfordert: Die Praktikantin oder der Praktikant möchte ja auch beschäftigt werden – kann aber ja nichts (außer vielleicht kopieren, scannen und Altakten vernichten).

Praktikum als Chance für beide Seiten

Aber genau hierfür soll ein:e Praktikant:in gerade nicht in die Kanzlei kommen: Das Praktikum soll eine Chance sein, Eindrücke und Informationen zu sammeln, den Beruf kennenzulernen, erste praktische Erfahrungen in der Arbeitswelt zu machen, zu sehen, wie ein typischer Arbeitstag aussieht, sich also ein umfassendes Bild vom Ausbildungsberuf zu verschaffen – ein Bild, das falsch vermittelt wird, wenn die Aufgaben „Scannen“, „Kopieren“ und „Vernichten“ heißen. Solche Aufgaben bringen Frust, wo Spaß und Motivation nötig ist.

Die richtigen Voraussetzungen für ein Praktikum sind demnach abwechslungsreiche Aufgaben, eine gute Betreuung und die Einbindung in die Arbeitsabläufe des Unternehmens, denn ein Praktikum soll nicht dazu dienen, eine:n Interessent:in als „billige Arbeitskraft“ zu beschäftigen: Der Praktikant oder die Praktikantin lernt –  richtig eingesetzt –  etwas über die eigenen Fähigkeiten, den Umgang mit Stress und Kritik, Teamfähigkeit und kann dadurch wertvolle Erfahrungen für die Berufswahl ziehen. Auf der anderen Seite kann die Kanzlei sehen, ob der Praktikant oder die Praktikantin sowohl im Hinblick auf die Anforderungen als auch in Bezug auf den Charakter „passt“.

Viel Spaß und besonders viel Erfolg mit Ihren (künftigen) Auszubildenden und Praktikant:innen!

Weitere Beiträge

Carmen Wolf ist gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte mit Weiterbildung zur Rechtswirtin und zur Kanzleimanagerin, Ausbilderin für Rechtsanwaltsfachangestellte sowie Büroleiterin der Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei FROMM. Dort ist sie mit allen Bereichen der Kanzleipraxis betraut. 

Sie hat mehrere Fachbücher, wie „Arbeitshilfen für Rechtsanwaltsfachangestellte“ und „RVG für Einsteiger“ verfasst und ist Herausgeberin des „Infobriefs anwaltbüro“.

Foto: Adobe Stock/©tomertu

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.