Ein Patentrezept für die ideale Karriereplanung gibt es nicht. Eine gute Planung mit den richtigen Informationen kann jedoch vieles erleichtern und negative Erfahrungen ausschließen. Juristin und Legal Recruitment-Expertin Fee Rahel Schlaegel erklärt, wie sich eine juristische Karriere auch mit Unabwägbarkeiten ideal planen lässt.
Nach gut 16 Jahren als Rechtsanwältin in der freien Wirtschaft führte mich mein persönlicher Weg zum Legal Recruitment. Es gab auch vorher schon Unterbrechungen bzw. Nebenschauplätze. So entschied ich mich nach vier Jahren erfolgreicher Kanzleiarbeit für die Aufnahme eines redaktionellen Volontariats in einer Fernsehproduktionsfirma in Köln. Auch danach war ich neben der anwaltlichen Arbeit fachjournalistisch tätig. Als ständige Autorin für das Fachmagazin des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen kam ich mit vielen Juristen verschiedenster Fachrichtungen und Senioritäten ins Gespräch und stellte mir immer häufiger die Frage nach den individuellen Karriereschritten meiner Interviewpartner. Welchen Berufseinstieg haben sie gewählt? An welchen Punkten sind sie abgebogen? Das brachte mich zu meinem jetzigen Arbeitgeber. Seit gut einem halben Jahr bin ich nun als Beraterin in einem auf juristische Personalberatung spezialisierten Unternehmen tätig und helfe ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, ihren ganz persönlichen Weg zu finden.
Die Karriereplanung hört nie auf
Für die meisten Juristen beginnt die Karriereplanung schon während des Studiums und hält das gesamte Berufsleben an. Erfahrungsgemäß wird es immer wieder Situationen geben, in denen man im Hinblick auf das persönliche Fortkommen und die Geschäftsentwicklung den eigenen Weg überdenken möchte oder muss. Die erste Weichenstellung nach dem Referendariat wirft bereits Fragen auf: Möchte ich in den öffentlichen Dienst, wage ich den Schritt in die Selbständigkeit oder suche ich ein Anstellungsverhältnis in einer Kanzlei oder einem Unternehmen? An dieser Stelle sollen insbesondere die letzten beiden Optionen beleuchtet werden.
Fragen Sie sich: Welcher Arbeitgeber passt zu mir?
Zunächst gilt es, den Arbeitgeber zu finden, der den eigenen Vorstellungen am ehesten gerecht wird. Arbeite ich gerne im Team oder eher eigenständig? Möchte ich mich früh spezialisieren oder erst einmal breit aufstellen? Möchte ich international arbeiten? Was möchte ich verdienen und wo sehe ich mich in drei, fünf und zehn Jahren? All dies sind Fragen, die es zu Beginn einer Karriereplanung bestmöglich zu beantworten gilt. Hat man etwa das erklärte Ziel, in spätestens sieben bis acht Jahren Partner zu sein, sollte man sich sehr genau über die tatsächlichen Perspektiven, die die Kanzlei bieten kann, erkundigen. Möchte man langfristig einen verantwortungsvollen Job in einem Unternehmen übernehmen, ist das Renommee der Kanzlei, in der man vorher war, oft entscheidend. Aufgrund der Vielzahl der Kanzleien am Markt – auch durch immer mehr Spin-Offs großer renommierter Einheiten – macht es Sinn, sich hier mit einem fachkundigen Berater, der einen guten Überblick über den juristischen Markt hat, auszutauschen.
Sehen Sie den Kanzleiwechsel als Chance
Eine Analyse der Berufslaufbahn in Zweijahresschritten hat sich bewährt. Dabei sollte die eigene Tätigkeit und das Umfeld hinterfragt und die Entwicklungen am Markt beobachtet werden. Gibt es vielleicht eine bessere Plattform und damit bessere Partnerschaftsaussichten in einer anderen Kanzlei? Bietet eine andere Einheit aufgrund anderer Aufstellung und Kostenstruktur bessere Verdienstmöglichkeiten? Garantiert ein neuer Job eine ausgewogenere Work-Life-Balance? Kann man sich in einer Boutique Kanzlei eine Nische schaffen und so ein Alleinstellungsmerkmal erarbeiten? All diese Punkte sollte man insbesondere in den ersten Jahren im Blick behalten, um bei der Jobsuche nicht unter Zeitdruck zu geraten. Ein solcher Druck zeigt sich dem Gegenüber in den mit Verspätung geführten Bewerbungsgesprächen sehr schnell. Fast alle Kanzleien wollen die bzw. den Neuen erst eine längere Zeit kennenlernen, bevor sie ihn zum Partner machen – es sei denn ein Kandidat kann von Anfang an einen absolut überzeugenden Businessplan vorlegen.
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten besondere Perspektiven
Dass auch WP-Gesellschaften als Arbeitgeber eine Option für junge Juristen darstellen, ist nichts Neues. Auch jenseits der BIG 4 werden die Legal-Bereiche der WP-Gesellschaften immer weiter gestärkt und bieten jungen Anwälten Karrierechancen mit realistischen Partnerperspektiven. Der Imagewechsel ist hier längst vollzogen. Das Arbeiten an hochkarätigen Mandaten ist ebenso möglich wie bei Großkanzleien oder Boutiquen. Oftmals bietet sich für Juristen mit erster Berufserfahrung gerade hier die Chance, sich in einem neu etablierten Rechtsgebiet einen Namen zu machen und die erste Frau/der erste Mann am Standort zu werden.
Karrierestart als Unternehmensjurist
Junior-Positionen in Unternehmen ohne erste Berufserfahrung sind die Seltenheit. Aber auch solche Stellen gibt es. Diese sind dann regelmäßig mit der Bereitschaft der Bewerber verbunden, sich zunächst sehr breit aufzustellen und sich ein Spezialgebiet zu erarbeiten. Im Wirtschaftsrecht wird jedoch in den meisten Fällen einschlägige Erfahrung aus einer spezialisierten Boutique oder einer größeren namhaften Einheit vorausgesetzt. Der Wechsel von der Kanzlei ins Unternehmen ist oftmals geprägt von dem Wunsch nach mehr unternehmerischem Arbeiten, einer früheren Einbindung in Entscheidungsprozesse und nicht zuletzt auch nach geregelteren Arbeitszeiten.
Am Ende muss bei jedem Wechsel unbedingt der menschliche Faktor stimmen. In diesem Punkt fühle ich mich als Beraterin sowohl Kandidaten als auch Kunden gegenüber verpflichtet.