Unternehmensjurist

Von Philipp Nothaft

Während sich Anwältinnen und Anwälte in Kanzleien zum Teil stark auf ein Rechtsgebiet spezialisieren, werden an ihre Kolleginnen und Kollegen in Unternehmen andere Anforderungen gestellt: Sie werden mit zum Teil sehr unterschiedlichen rechtlichen Fragestellungen konfrontiert und müssen agil mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten. Dabei lernen sie nicht nur, komplexe Sachverhalte juristischen Laien verständlich zu vermitteln und interdisziplinär zu arbeiten – sie profitieren oft auch von flachen Hierarchien und flexiblen Arbeitsmodellen. Philipp Nothaft arbeitet als Expert Legal Counsel bei Flixbus und verrät im Interview, was er an seinem Job besonders schätzt und welche nicht-juristischen Fähigkeiten in seinem Arbeitsalltag unverzichtbar sind.

Herr Nothaft, wie sieht ein typischer Arbeitstag als Legal Counsel bei Ihnen im Unternehmen aus?

Als erstes checke ich morgens meine Mails, um zu sehen, ob über Nacht etwas Dringendes geschickt wurde, um das ich mich sofort kümmern muss, weil beispielsweise Fristen ablaufen. Außerdem habe ich täglich mehrere Online-Meetings. Dabei erläutere ich entweder meinen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen Rechtsfragen, die dort aufgetaucht sind – oder ich bin in Vertragsverhandlungen mit (potenziellen) externen Partnerunternehmen.

Ansonsten erstelle und überarbeite ich Verträge und berate das Unternehmen, wie neue Projekte rechtssicher umgesetzt werden können. Ab und an stehen Gerichtstermine an, bei denen ich mit unseren externen Anwältinnen und Anwälten zusammenarbeite.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede – und Vorteile – der Arbeit in der Rechtsabteilung gegenüber der Arbeit in einer Kanzlei?

Das sind für mich ganz klar der Teamspirit und die bessere Work-Life-Balance.

Wir haben beispielsweise täglich unser „Team-Café“, eine Videokonferenz, an der unser gesamtes Team teilnimmt und wir uns über unsere aktuellen Projekte austauschen. Dabei haben alle ein offenes Ohr füreinander und es werden Ideen und Lösungen diskutiert. Alle, insbesondere unsere tolle Chefin, unterstützen sich hier gegenseitig – man ist also nie allein, sollte es mal ein Problem geben. Diese Zusammenarbeit ist in eher konservativ geführten Kanzleien noch nicht selbstverständlich.

Außerdem sind die Arbeitszeiten, wenngleich stets einiges zu tun ist, nicht mit denen einer (Groß)Kanzlei vergleichbar. Mein Feierabend ist planbar und ich schaffe es, mir auch unter der Woche noch etwas Zeit für Familie, Freunde und Hobbies zu nehmen.

Welche Tätigkeiten oder Fragestellungen, mit denen Sie sich im Arbeitsalltag beschäftigen, machen die Arbeit als Unternehmensjurist aus Ihrer Sicht spannend?

Ich bastle total gerne an Verträgen. Sowohl die Vorlagen selbst zu erstellen, als auch Verträge nach potenziellen Risiken und Nachteilen zu durchforsten und mit der juristischen Fachsprache an einzelnen Formulierungen zu feilen, macht mir Spaß.

Außerdem finde ich es sehr interessant, welche völlig unterschiedlichen rechtlichen Fragestellungen, die Arbeit aller Abteilungen in einem Unternehmen mit sich bringt.

Das reicht von Fragen zum Umgang mit verlorenem Gepäck (Customer Service) bis hin zur Umsetzung von EU-Richtlinien/Verordnung im Mobilitätssektor (Politik).

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Welche nicht-juristischen Fähigkeiten sind in Ihrem Arbeitsalltag unerlässlich?

Die Unternehmenssprache ist bei uns Englisch. Das sollte man daher gut beherrschen und es sich bei Verhandlungen nicht anmerken lassen, falls einem mal das korrekte Wort nicht einfällt. Man muss außerdem bereit sein, sich bei Verhandlungen für das Unternehmen einzusetzen und sich nicht von dem erfahreneren Gegenüber einschüchtern zu lassen. Mit der Zeit merkt man aber, was man kann und tritt dem selbstbewusst entgegen.

Wie steht es um das Thema Work-Life-Balance als Unternehmensjurist?

Hier kann ich mich nicht beschweren (siehe oben). Die Arbeitszeiten sind recht human und auch die Urlaubsplanung läuft völlig problemlos. Ich kann mir jederzeit spontan freinehmen und muss nicht den kompletten Jahresurlaub schon im Januar geplant haben.

Weitere Beiträge

Philipp Nothaft studierte Jura in Bayreuth. Bereits während des Studiums lernte er Flixbus als preiswerte Möglichkeit kennen und schätzen, um zwischendurch seine Heimatstadt München zu besuchen. Nach seinem Zweiten Staatsexamen ist er seit Oktober 2020 bei Flixbus tätig, zunächst als Junior Legal Counsel und seit Oktober 2022 als Expert Legal Counsel. Seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erhielt er im März 2021.

Bild: Adobe Stock/©fizkes

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