Immer mehr Unternehmen stellen Juristinnen und Juristen ein – und setzen etwa aufgrund von wachsenden branchenspezifischen Regulierungen sowie steigenden Anforderungen an das Risikomanagement vermehrt auf interne Rechtsabteilungen. Und während die Anwaltschaft schrumpft, wird die Tätigkeit als immer beliebter. Doch welche Tätigkeiten kann man als Unternehmensjurist oder Unternehmensjuristin ausüben? Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Berufsbilder und die Tätigkeiten, die möglich sind.
Welche Anforderungen sollte ich für eine Tätigkeit in der Rechtsabteilung erfüllen?
Hier entscheidet die Größe des Unternehmens zumindest teilweise über die Anforderungen, die an Bewerberinnen und Bewerber gestellt werden.
Unternehmensjuristen und -juristinnen – auch Justiziare genannt – haben ihr Studium wenigstens mit dem Ersten Examen abgeschlossen und sind in der Rechts- oder Compliance-Abteilung eines Unternehmens angestellt. Die Erfahrungen aus dem Referendariat sind hier nicht unbedingt nützlich und erforderlich. Ein Syndikus hingegen benötigt zwingend das Zweite Staatsexamen und muss von der Rechtsanwaltskammer zugelassen sein.
In kleinen Rechtsabteilungen ist es hilfreich, eher generalistisch aufgestellt zu sein. In bestimmten Branchen und in großen Rechtsabteilungen sind dagegen vertiefte Kenntnisse in einem Rechtsgebiet sehr wertvoll. So sind große Konzerne auf die Expertise von Arbeitsrechtlern angewiesen, Banken auf Juristinnen und Juristen, die sich auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert haben. Typische Rechtsgebiete, die in Rechtsabteilungen benötigt werden, sind das allgemeine Zivilrecht, das Arbeitsrecht, das Schuldrecht und das Gesellschaftsrecht.
DAX-Unternehmen setzen nicht selten zwei überdurchschnittliche Examina voraus. Doch so wichtig die Noten auch sind, in der Wirtschaft kommt es nicht nur darauf an. Auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind für Wirtschaftsjuristinnen und -juristen sehr wertvoll.
Im Gegensatz zu niedergelassenen Anwälten und Anwältinnen müssen Rechtsprofis im Unternehmen übrigens weniger externe Fristen beachten und können von geregelteren Arbeitszeiten profitieren. Da in vielen Unternehmen agiler und flexibler gearbeitet wird als (noch) in manchen eher konservativ geführten Kanzleien, ist dort häufiger orts- und zeitunabhängiges Arbeiten möglich. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Legal Counsel: Ansprechpartner für verschiedene Rechtsfragen
Die Bandbreite der Aufgaben eines Legal Counsel kann je nach Unternehmen variieren. Im Gegensatz zu hochspezialisierten Juristinnen und Juristen sollten Legal Counsel in der Lage sein, sich in die verschiedenen Rechtsfragen aller Abteilungen einzuarbeiten.
Legal Counsel sind für gewöhnlich an der Ausarbeitung, Prüfung und das Verhandeln aller Verträge beteiligt, die das Unternehmen abschließt – beispielsweise Kunden-, Mitarbeiter oder Lieferantenverträge sowie Vereinbarungen mit Geschäftspartnern. Sie agieren häufig auch als Schnittstelle zwischen verschiedenen Abteilungen und bekommen thematisch unterschiedliche Anfragen aus diesen. Es kann vor allem in kleineren und mittelständischen Unternehmen vorkommen, dass man der einzige Jurist bzw. die einzige Juristin im Unternehmen ist. Dann kann es hilfreich sein, Kontakte zu Netzwerken zu pflegen, auf die man zurückgreifen kann oder externe Rechtsberatung heranzuziehen.
Diese Fähigkeiten sollten Legal Counsel mitbringen: Legal Counsel brauchen neben Verhandlungsgeschick Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit und dem Austausch mit nicht-juristischem Personal. In international agierenden Unternehmen sollten sie zudem sehr gute Englischkenntnisse vorweisen können.
Syndikus: Rechtliche Vertretung des Unternehmens vor Gericht
Syndizi sind ebenso wie Legal Counsel im Unternehmen angestellt, können dieses aber nicht nur beraten, sondern auch im Rahmen ihrer anwaltlichen Tätigkeit gegenüber Dritten vertreten. Sie unterliegen auch den berufsrechtlichen anwaltlichen Pflichten.
Nach deutschem Recht muss ein Syndikusrechtsanwalt das Zweite Juristische Staatsexamen bestanden haben. Danach wird dieser zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und hat alle beruflichen Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts.
Diese Fähigkeiten sollten Syndizi mitbringen: Viele Syndizi haben eine Doppelzulassung und müssen daher ein gutes Zeitmanagement haben. Denn einerseits müssen sie den Anforderungen des Unternehmens gerecht werden, für das sie arbeiten – und andererseits natürlich auch denen der Mandantinnen und Mandanten, die sie betreuen. Je nach Regulierungsgrad der Branche, in der Syndizi tätig sind, müssen sie auch bereit sein, sich stark zu spezialisieren.
In stark regulierten Branchen, z. B. im Bereich der Finanzdienstleistungen, Pharma oder Energieversorgung sind die Gehälter in der Regel auch höher. Branchen wie der Handel oder das produzierende Gewerbe bieten tendenziell niedrigere Gehälter, insbesondere in kleineren Unternehmen.
Im Fall einer Doppelzulassung ist übrigens eine Freistellungsbescheinigung des Arbeitgebers für die Nebentätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt notwendig. Diese erlaubt dem Syndikusrechtsanwalt als Mitarbeiter, bei Bedarf jederzeit seine Arbeit zu unterbrechen, um seinen Pflichten als niedergelassener Rechtsanwalt nachzukommen.
Syndizi haben die Möglichkeit, sich zugunsten der Versorgungswerke von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.
Compliance-Officer: Risiko-Minimierer des Unternehmens
Compliance-Officer sind für Risikomanagementprozesse verantwortlich und stellen sicher, dass alle rechtlichen, regulatorischen und unternehmensinternen Vorschriften eingehalten werden. Dazu implementieren sie Compliance-Programme, übernehmen die Überwachung der operativen Prozesse und sensibilisieren die Mitarbeitenden z. B. in Workshops und Schulungen für Compliance-Themen. Außerdem unterstützen sie das Management, um rechtliche Risiken zu minimieren und Sanktionen abzuwehren.
Diese Fähigkeiten sollten Compliance-Officer mitbringen: Compliance-Officer müssen Gesetzesänderungen und regulatorische Rahmenbedingungen, die das Unternehmen betreffen können, stets im Blick behalten. Auch brauchen sie die Bereitschaft, sich in Themen wie Korruptionsprävention, Geldwäscheprävention einzuarbeiten.
General Counsel
General Counsel können vereinfacht gesagt als Chefjuristin oder Chefjurist eines Unternehmens – häufig internationaler Konzerne – bezeichnet werden. Im Gegensatz zu einem Leiter oder einer Leiterin einer Rechtsabteilung vereinen sie verschiedene Rechts- und Fachabteilungen und begleiten strategische Entscheidungen des Unternehmens rechtlich.
Diese Fähigkeiten sollten General Counsel mitbringen: Betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Führungsqualitäten und die Fähigkeit, langfristig zu denken und zu planen, sind für General Counsel ein Muss. Darüber hinaus sollten sie sich mit den rechtlichen Herausforderungen der jeweiligen Branche (z. B. Regulierung, Umweltschutz, KI) auskennen und langfristige Trends, wirtschaftliche und politische Entwicklungen sowie die grenzüberschreitende Gesetzesanwendung im Blick haben. Juristische Kenntnisse sind vor allem in den Bereichen Arbeitsrecht, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und M&A wertvoll.
Legal Operations Manager: Optimierer der juristischen Arbeit
Beim Berufsbild des Legal Operations Manager dreht sich alles um die Effizienzsteigerung der Arbeit in der Rechtsabteilung. Dabei stellen sie die bisherigen Arbeitsabläufe und Geschäftsmodelle auf den Prüfstand und identifizieren Schwachstellen. In der Praxis kann das z. B. so aussehen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rechtsabteilung eines Konzerns werden häufig mit ähnlichen Fragen aus anderen Abteilungen konfrontiert. Der Legal Operations Manager des betreffenden Unternehmens entwickelt daher gemeinsam mit der IT-Abteilung einen Chatbot, der häufig auftretende Rechtsfragen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantwortet. In der Rechtsabteilung werden dadurch Ressourcen für die Bearbeitung komplexerer Fragen frei.
Legal Operations Manager tragen so zu einem besseren Zeit- und Kostenmanagement der Rechtsabteilung bei und lagern repetitive Aufgaben z. B. an Legal Tech-Lösungen aus – oder entwickeln selbst Automatisierungslösungen. Sie helfen so der Rechtsabteilung, ihre Wertschöpfung zu steigern.
Diese Fähigkeiten sollten Legal Operations Manager mitbringen: Legal Operations Manager sollten eine Affinität zu Themen wie Effizienzsteigerung, Zeitmanagement und nutzerzentrierten Lösungsansätzen haben. Sie sollten ein gesundes Maß an Kreativität mitbringen und Spaß daran haben, digitale Lösungen zu testen und zu implementieren.
Fazit: Unterschiedliche Interessenschwerpunkte – unterschiedliche Karrieremöglichkeiten
Die vorgestellten Berufsbilder sollen verdeutlichen, wie vielfältig die Karrieremöglichkeiten im Unternehmen sein können. Während einige Tätigkeitsbereiche, wie der des Syndikus, tiefgehende juristische Spezialisierung erfordern, legen andere, wie der Legal Operations Manager, den Fokus auf kreative Lösungsansätze und Prozessoptimierung.
Egal ob strategische Beratung, Effizienzsteigerung oder Risiko-Management: Die Tätigkeitsfelder bieten abwechslungsreiche Herausforderungen in verschiedenen juristischen und operativen Bereichen.