Von Dr. Anna Bolz
18.700 Euro Strafe für sieben Verstöße gegen das Geldwäschegesetz. Die RAK Hamburg macht als Aufsichtsbehörde ernst. Am 21. Oktober 2024 veröffentlichte sie ihr bis dato höchstes Bußgeld. Dabei ist sie nicht die einzige RAK, die Bußgeldbescheide gegen Mitglieder der Kammer erlassen hat.
Von Januar bis Oktober 2024 ergab eine Stichprobenanalyse öffentlicher Bekanntmachungen nach § 57 GwG von acht Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern, dass bis zum Stichtag im Oktober 2024 mehr als doppelt so viele Buß- und Verwarn-Bescheide veröffentlicht wurden als im gesamten Vorjahr. Dr. Anna Bolz, Juristin und Compliance-Expertin, geht in diesem Beitrag auf die Gründe ein und erläutert, wie sich Berufsträger:innen effektiv auf Prüfungen durch die Aufsichten vorbereiten können.
Anderkonten-Konflikt sinnbildlich für Geldwäsche-Bekämpfung
Beim Kampf gegen Finanzkriminalität müssen auch Aufsichtesbehörden achtsam sein. Ein Beispiel aus April 2024: Im Rechtsausschuss des Bundestages geht es eigentlich um eine Regelung hybrider und virtueller Versammlungen. Ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen sieht plötzlich jedoch eine Änderung der BRAO vor, die mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun hat und dadurch wirkt, als sei sie in den Antrag „hineingeschmuggelt“ worden. RAKs sollen laut einem neuen Paragrafen (§ 73a BRAO) als Aufsichten anlasslos Sammelanderkonten ihrer Mitglieder prüfen. Die Änderung kommt überraschend – und stößt auf Unmut.
Die Kammern erkennen die Notwendigkeit des Kampfes gegen Finanzkriminalität, sehen das Vertrauensverhältnis zwischen Kammern und Berufsträger:innen durch den Vorschlag jedoch gefährdet und mahnen zur Wahrung der Verschwiegenheitspflicht. Zur Einhaltung der anvisierten Prüfpflicht könne es sogar notwendig werden, Einblick in die Handakten zu nehmen, so die Befürchtung. Ein grober Angriff auf das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant:innen und Anwält:innen. Nach diesen Einwänden wird der Antrag zurückgezogen.
Das Problem, das dieser Änderungsantrag lösen sollte, bleibt bestehen:
Laut Erster Nationaler Risikoanalyse 2019 wird das Geldwäscherisiko für Rechtsanwält:innen und Notar:innen als hoch eingestuft. Insbesondere Anderkonten bedürfen laut NRA besonderer Aufmerksamkeit. Bis 2022 hatte diese Risikoeinschätzung nur wenig Einfluss auf die Kontoführungs-Praxis. Dann veröffentlichte die BaFin neue Auslegungs- und Anwendungshinweise in denen sie Anderkonten entprivilegierte und kontoführenden Institute zur Prüfung und Anwendung entsprechender Sorgfaltspflichten verpflichtete. Der erhebliche Mehraufwand – bis dato waren lediglich vereinfachte Sorgfaltspflichten einzuhalten – machte das Prinzip des Anderkontos unattraktiv, und führte zu massenhaften Kündigungen.
Daraufhin änderte die BRAK die berufsrechtlichen Pflichten (§ 4 BORA): Geldwäscherelevante und risikobehaftete Transaktionen dürfen von Berufsangehörigen nun nicht mehr über Anderkonten durchgeführt werden. Hierdurch sollte zumindest die Risikoeinschätzung der Banken vereinfacht und damit auch die Kontoführungskosten gesenkt werden. Ob Berufsträger:innen die Vorgaben des § 4 BORA einhalten, wird mitunter nicht geprüft.
Lösungssuche, internationaler Druck und Doppelrolle der RAK
Der Vorstoß des Rechtsausschusses sollte diese Prüflücke schließen, zumal die Kammern die geldwäscherechtliche Aufsicht über die Berufsträger:innen bereits ausüben. Dem Rückzug folgte eine Ankündigung der SPD: „Befürworte man, dass solche Konten auch in Zukunft genutzt werden können, müsse man eine Lösung finden“, (Drucksache 20/12144, S. 38). Auch die FDP und Grünen wollten das Thema weiter im Blick behalten.
Der Ursprung dieser Lösungssuche liegt auch im Mutual Evaluation Report der Financial Action Task Force aus dem Jahr 2022. In dieser Analyse wurde mitunter die verbesserungswürdige Aufsicht durch Kammern bemängelt, um auf das erhöhte Geldwäscherisiko zu reagieren. Eine Empfehlung der FATF: Der verstärkte Einsatz von Sanktionen.
Die Empfehlung ist kein gut gemeinter Ratschlag, sondern als Warnung zu verstehen. Sollte Deutschland seine Geldwäscheprävention nicht nachbessern, könnte die FATF die Bundesrepublik dafür abstrafen. Im schlimmsten Fall droht eine Listung mit entsprechenden Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft. Die FATF kann Mitgliedsländern beispielsweise die Anwendung erhöhter Sorgfaltspflichten beim Handel mit gelisteten Ländern empfehlen.
Insofern sind Bußgelder, wie die 18.700 Euro der RAK Hamburg, auch eine indirekte Folge des internationalen Drucks auf Deutschland. Und dieser Druck verlangt von den Kammern die Einnahme einer Doppelrolle als Vertretung und Prüfung der Anwaltschaft. Dabei besteht die Gefahr, dass – beispielsweise durch die Aussprache von Bußgeldern – das Verhältnis und das Vertrauen zwischen der Kammer und ihren Mitgliedern leidet.
Prüfen Kammern hingegen zu wenig oder gehen sie nicht rigoros genug gegen Berufsträger:innen vor, die ihre Pflichten nicht einhalten, setzen sie wiederum ihre Unabhängigkeit aufs Spiel.
BRAK-Anleitung zur Geldwäscheprävention
Die BRAK begegnet der Herausforderung, die durch die teilweise unklaren Vorgaben des Geldwäschegesetzes noch erschwert wird, mit ausführlichen Auslegungs- und Anwendungshinweisen, zuletzt überarbeitet im Juli 2024 in 8. Auflage. Unter anderem ergänzt um Hinweise zum Verbot der Verwaltung bestimmter Geldern nach § 4 BORA, und jüngst auch mit Bereitstellung von Muster-Dokumentationsbögen als Orientierungshilfe.
Die Praxis muss sich beweisen
Dass Verwarn- und Bußgelder trotzdem steigen, zeigt jedoch, dass der Ansatz nur bedingt Früchte trägt. Zudem reicht die reine Lektüre der Hinweise und Orientierungshilfen nicht aus. Die hieraus abzuleitenden Maßnahmen müssen dauerhaft in den Geschäftsalltag integriert werden – sofern Berufsträger:innen an Kataloggeschäften beteiligt sind.
Gespräche mit Verpflichteten zeigen, dass die Geldwäscheprävention dennoch aufgrund von Umsetzungsschwierigkeiten im Arbeitsalltag in den Hintergrund rückt.
Ignorieren kann man sie zukünftig jedoch nur noch mit weiter zunehmendem Risiko. Mit der EU-Geldwäsche-Verordnung, die 2024 verabschiedet wurde und 2027 in Kraft tritt, wird die Verpflichteten-Eigenschaft von Anwält:innen auf europäischer Ebene manifestiert. Gleichzeitig wird eine Art neue Europäische Superbehörde zur Bekämpfung der Geldwäsche indirekt den Druck auf die Kammern zur Prüfung der Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorgaben noch einmal erhöhen.
Kurzum: Die Beschäftigung mit dem Thema lohnt sich auch langfristig. Eine kleine Übersicht über Ihre Pflichten, sofern Sie an Kataloggeschäften (§2 Abs. 10 GwG) mitwirken, soll hier den Einstieg erleichtern.
To-do-Liste – Ihre Pflichten im Überblick:
1. Risikomanagement einführen
- Einrichtung eines internen Risikomanagements und Durchführung einer Risikoanalyse, um geldwäscherelevante Risiken frühzeitig zu erkennen.
2. Sorgfaltspflichten bei Mandant:innen
- Identifizierung der Mandantschaft und Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten bei der Mitwirkung an Kataloggeschäften, d. h. bei Mitwirkung an folgenden Tätigkeiten:
- Immobilienkäufen/-verkäufen
- Verwaltung von Vermögenswerten
- Gründung oder Verwaltung von Gesellschaften
- Fortlaufendes Monitoring der Mandantenbeziehung bei längerfristiger Zusammenarbeit.
3. Meldepflichten
- Unverzügliche Meldung an die FIU (Financial Intelligence Unit), wenn konkrete Hinweise auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegen.
- Meldepflicht unter gewissen Voraussetzungen bei Verdachtsmomenten, auch bei bestehendem Mandatsverhältnis (Ausnahmen können sich unter Umständen aus der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht resultieren).
4. Interne Sicherungsmaßnahmen
- Bestellung eines/einer Geldwäschebeauftragten in größeren Kanzleien.
- Regelmäßige Schulung der Mitarbeitenden, um verdächtige Vorgänge zu erkennen.
- Erstellung einer Richtlinie mit Beschreibung der unternehmensinternen Prozesse, Verfahren und Kontrollen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
5. Aufbewahrungspflichten
- Archivierung von Identätätsdaten und relevanten Unterlagen für mindestens fünf Jahre nach Mandatsende.
6. Eintragung im Transparenzregister
- Sicher stellen, dass Ihr Unternehmen ordnungsgemäß im Transparenzregister eingetragen ist und die wirtschaftlich Berechtigten mitgeteilt werden.
Dr. Anna Bolz ist Compliance Managerin bei der Kerberos Compliance-Managementsysteme GmbH in Köln. Sie ist Dekra-zertifizierte Geldwäschebeauftragte und unterstützt diverse Unternehmen im Nicht-Finanzsektor als externe Geldwäschebeauftragte.