Schon seit Ende 2020 kennen wir die E-Rechnung. Verpflichtend musste diese Form der Rechnung gegenüber öffentlichen Auftraggebern bereits praktiziert werden. Doch nun tritt die E-Rechnungspflicht ab dem 1.1.2025, zunächst schrittweise, in Kraft. Geregelt wird dies im Wachstumschancengesetz, welches im März 2024 in Kraft getreten ist.
In zwei Schreiben hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) entsprechende Ausführungen gemacht (BMF, Schreiben vom 2.10.2023, III C 2 – 7287-a/23/10001:007 und BMF, Schreiben (Entwurf) vom 13.6.2024, III C 2 – S 7287-1/23/10001:0007).
Die Pflicht trifft grundsätzlich alle Unternehmen und damit auch die Anwaltskanzlei im B2B-Sektor. Sie ist unabhängig von Umsatzgröße oder Größe des Kanzleiteams umzusetzen.
Bisher hatte das Umsatzsteuergesetz (UStG) die Papierrechnung favorisiert, nachdem für die Übersendung einer elektronischen Rechnung die Zustimmung des Empfängers erforderlich war. Nunmehr ist eine Pflicht zur Übersendung in elektronischer Form gegeben.
Ziel der E-Rechnung seitens des Gesetzgebers?
Es ist vorgesehen, in Zukunft die Meldung von Umsätzen durch ein bundeseinheitliches elektronisches System durchzuführen. Die E-Rechnung dient nun als Vorbereitung dafür. Ein weiteres Ziel ist, die Digitalisierung voranzubringen. Zudem sollen unternehmensinterne Rechnungsprozesse vereinfacht werden.
Was versteht man unter einer E-Rechnung und einer sonstigen Rechnung?
Grundlage ist die EU-Richtlinie 2014/55/EU (EN 16931). Der Begriff der Rechnung wird ab 1.1.2025 neu definiert. Es gibt dann eine Unterscheidung zwischen elektronischen Rechnungen und sonstigen Rechnungen, § 14 UStG n.F.
Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird.
Mit der E-Rechnung werden somit die Rechnungsinformationen elektronisch übermittelt, automatisiert empfangen und weiterverarbeitet. Eine durchgehend digitale Bearbeitung – von der Rechnungserstellung bis zur Bezahlung des Rechnungsbetrages – wird dadurch sichergestellt.
Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird (§ 14 Abs. 1 S. 4 UStG n.F.). Dazu gehört auch eine Rechnung im PDF-Format, da dieses Format nicht mehr den Anforderungen an eine elektronische Rechnung entspricht.
Ab wann muss in der Anwaltskanzlei mit E-Rechnungen gearbeitet werden?
Es ist eine schrittweise Einführung vorgesehen (§ 27 Abs. 38 UStG n.F).:
Ab 1.1.2025 muss die Anwaltskanzlei darauf vorbereitet sein, elektronische Rechnungen empfangen, verarbeiteten und revisionssicher archivieren zu können. Es besteht die Notwendigkeit einer digitalen Rechnungserstellungs- und
-verarbeitungslösung. Der Versand in anderen elektronischen Formaten oder Papier ist noch bis 31.12.2027 möglich. Allerdings muss der Rechnungsempfänger der Übersendung von PDF-Rechnungen zustimmen (§ 27 Abs. 8 Nr. 1 UStG n.F.).
Ab 1.1.2027 besteht, sofern der Vorjahresumsatz mehr als 800.000 Euro beträgt, die Verpflichtung, E-Rechnungen zu versenden.
Ab 1.1.2028 greifen alle Anforderungen des Wachstumschancengesetzes zur E-Rechnungspflicht, d. h. andere Formate sind dann im B2B-Bereich nicht mehr zulässig.
Davon ausgenommen sind Kleinbetragsrechnungen (§33 UStDV), Fahrausweise (§ 34 UStDV) und steuerfreie Leistungen. Diese können auch in den sonstigen Rechnungsformate (z. B. Papierform) erstellt werden.
Welche Rechnungsformate gibt es?
ZUGFeRD ist ein elektronisches Rechnungsformat, das vom Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) entwickelt wurde. Dieses Format steht auch der Öffentlichkeit zur freien Verfügung. Es handelt sich hierbei nicht um eine Software, sondern vielmehr um eine Beschreibung für den Aufbau einer E-Rechnung. Es wird dabei eine Rechnung erstellt, die als XML-Datei erzeugt wurde und gleichzeitig in ein PDF-A eingebettet wird. Die empfangene Rechnung enthält somit einen menschenlesbaren Teil (PDF-Datei) sowie den geforderten strukturierten Datensatz.
Das weitere Format, die XRechnung, ist ein elektronischer Rechnungsstandard, der bereits für die Rechnungserstellung im öffentlichen Sektor (dort besteht seit 2020 eine Verpflichtung zur E-Rechnung) verwendet wird. Hier ist dann allerdings kein Auslesen mit bloßem Auge möglich.
Beide Rechnungsformate werden im XML-Format ausgestellt und entsprechen der CEN-Norm EN 16931.
In welchen Bereichen sind die Anwaltskanzleien betroffen?
Es besteht im B2B-Bereich die Verpflichtung, die Ausgangsrechnungen als E‑Rechnungen zu versenden (ab 1.1.2028). Aber sicherlich werden auch Eingangsrechnungen von Lieferanten betroffen sein und zwar bereits ab 1.1.2025.
Was ist bei der Umstellung auf E-Rechnungen in der Kanzlei zur berücksichtigen?
Zum einen muss der Rechnungseingangsprozess angepasst werden. In der Regel betreffen gerade die Eingangsrechnungen den B2B-Prozess. Hier ist es sinnvoll, E‑Rechnungen an eine zentrale E-Mail-Adresse, z. B. Rechnungseingang@…de, zustellen zu lassen. Diese müsste dann den jeweiligen Lieferanten mitgeteilt werden. Auch ist dadurch gewährleistet, dass nur noch auf einer E-Mail-Adresse Rechnungen eingehen und die Buchhaltung so direkt darauf zugreifen kann.
Beim Rechnungsausgangsprozess sollten frühzeitig Weichenstellungen getroffen werden, um Rechnungen nicht mehr als Word- oder PDF-Dokument zu erzeugen und dann per E-Mail oder Briefpost zu versenden. Es sollte, sofern die Kanzleien ein anwaltsspezifisches Programm verwenden, überprüft werden, ob die Software die E‑Rechnungs-Funktion bereits vorsieht.
Es sind auch die Stammdaten um die jeweiligen E-Mail-Adressen zu aktualisieren.
In der Anwaltskanzlei ist die Mandantenstruktur in der Regel sowohl auf B2B als auch auf B2C ausgelegt. An die B2C-Mandanten brauchen keine E-Rechnung versandt zu werden. Um jedoch ein „Mischmasch“ aus E-Rechnung, PDF- und Papierrechnungen zu vermeiden, erscheint eine vollständige Umstellung auf die E-Rechnung, auch für den Privatmandantenbereich, sinnvoll. Soll eine elektronische Rechnung an den Endverbraucher übersandt werden, ist dessen Zustimmung erforderlich.
Problematisch kann sich die gestalten, wenn die Mandanten über keine E‑Mail‑Adresse verfügen.
Berücksichtigt die E-Rechnung auch die Anforderungen des RVG?
Nach § 10 RVG war (bis 30.6.2024) die Schriftform vorgeschrieben, d. h. die Unterschrift des Anwalts oder der Anwältin war erforderlich. Zum 1.7.2024 wurde § 10 Abs. 1 S. 1 RVG wie folgt geändert:
„Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm oder auf seine Veranlassung dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung fordern; die Berechnung bedarf der Textform.“
Durch die Gesetzesänderung des § 10 RVG steht der E-Rechnung nichts mehr im Wege.
Wie muss die E-Rechnung archiviert werden?
Es sind die Grundsätze der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) zu beachten.
Da die E-Rechnung ein original elektronisches Dokument ist, muss diese auch elektronisch im Originalformat aufbewahrt werden (zehn Jahre). Die Unveränderbarkeit muss gewährleistet sein. Auch müssen die elektronischen Belege während der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein.
Welche Vor- und Nachteile hat die E-Rechnung?
Zu den Vorteilen gehört, dass beim Versand elektronischer Rechnungen die Kosten für Papier, Druck und Porto entfallen. Außerdem werden Zeit und damit folglich Personalkosten gespart. Die gewonnene Zeit kann anderweitig vom Personal genutzt werden. Die E-Rechnung erhält die Mandantin oder der Mandant sofort und zahlt diese ggf. schneller, die Liquidität der Kanzlei wird verbessert. Die Rechnungsdaten können automatisiert in die Buchhaltung übernommen werden. Alle Rechnungen sind nun digital gespeichert und können jederzeit aufgerufen werden. Auch schont die papierlose Abwicklung die Umwelt.
Auch der Empfang von E-Rechnung bringt Vorteile. Das Abtippen oder Einscannen von Papierrechnungen entfällt. Fehlerquellen werden reduziert und auch hier Zeit gespart, sodass das Personal anderweitig eingesetzt werden kann. Die Digitalisierung führt dazu, dass eine zeit- und ortsunabhängige Bearbeitung möglich ist.
Nachteil der E-Rechnungen könnte sein, dass die Kunden und Kundinnen ggf. eine Papierrechnung wünschen. Für Kanzleien, die sich traditionell noch in Papierform verwalten, bedeutet die Einführung, dass eine Überarbeitung der internen Prozesse erforderlich ist, was durchaus auch mit Kosten verbunden ist. Kanzleien müssen auch sicherstellen, dass die sensiblen Daten gemäß der Datenschutzbestimmungen geschützt sind.
Fazit: Planung ist die halbe Miete
Die Umstellung auf die E-Rechnung vereinfacht Rechnungsprozesse und spart Kosten und Zeit. Gleichzeitig müssen Kanzleien ihre internen Prozesse und IT-Strukturen anpassen, um die gesetzlichen Anforderungen wie die revisionssichere Archivierung zu erfüllen. Die Einführung erfordert zudem eine frühzeitige Planung und Anpassung der Mandantenkommunikation, insbesondere für Teile der Mandantschaft, die weniger digitalaffin sind.
Nutzen Sie die Zeit bis zur verpflichtenden Einführung, um Ihre Kanzlei optimal auf die E-Rechnung vorzubereiten. Setzen Sie auf digitale Lösungen, um Ihren Arbeitsalltag effizienter zu gestalten und sich zukunftssicher aufzustellen.
Birgit Benker ist gepr. Rechtsfachwirtin und gepr. Bilanzbuchhalterin und als Büroleiterin in einer mittelgroßen Rechtsanwaltskanzlei mit den Schwerpunkten Gebührenabrechnung, Buchhaltung (einschließlich Abschlussarbeiten) und Ausbildung tätig. Des Weiteren war sie lange Jahre Mitglied im Prüfungsausschuss für Rechtsfachwirte der OLG Bezirke München, Nürnberg, Bamberg. Seit 2010 referiert sie als Dozentin für verschiedene Reno-Vereinigungen, Rechtsanwaltskammern und Seminarveranstalter.