Welche Eigenschaften hat ein guter Anwalt? Kann man das Anwaltsein erlernen oder wird man „als Anwalt geboren“? Die Kanzleiinhaber Ann-Kathrin Dreber und Dr. Kevin Faber aus dem hessischen Eschwege sprechen im MkG-Interview darüber, welche Eigenschaften und Fähigkeiten Menschen aus ihrem Berufsstand ihrer Ansicht nach haben sollten, um erfolgreiche Arbeit zu leisten.
Welche Eigenschaften hat ein guter Anwalt oder eine gute Anwältin?
Dreber: Wir gucken bei unseren Bewerbern vor allem darauf, dass sie stark die Rechte und Sorgen anderer Menschen wahrnehmen können und wollen. Sie müssen Empathie mitbringen und sich ein Stück weit selbst zurücknehmen können. Fachkompetenz spielt darüber hinaus natürlich auch eine Rolle. Wir sind der Meinung, dass man das auf jeden Fall lernen kann. Die Grundvoraussetzung – oder nennen wir es eine gewisse Prägung – muss allerdings da sein. Eine Anwältin bzw. ein Anwalt sollte demnach wenigstens ein Stück weit sozial sein.
Hätten Sie ein Beispiel für das „Sich-Zurücknehmen“?
Faber: Wir können da Negativbeispiele nennen: Einige Kollegen aus dem anwaltlichen Berufsfeld wollen sich so sehr im Fall selbst profilieren, dass sie das Wesentliche am Ende aus den Augen lassen und letztendlich deswegen scheitern. Verstehen Sie mich nicht falsch, ein Anwalt/eine Anwältin sollte ganz klar hinter seinem Mandanten stehen. Schließlich muss er ihn vertreten und bietet ihm damit auch Sicherheit. Jedoch muss er lernen, auch mal sein eigenes Ego hinten anzustellen. Hier spielt natürlich auch die Fähigkeit, zuhören zu können, eine Rolle.
Welche Eigenschaften sollte ein guter Anwalt bzw. eine gute Anwältin noch mitbringen?
Dreber: Ein Anwalt muss ehrgeizig, neugierig und ehrlich sein. Ohne Letzteres kommt man in dem Beruf nicht weit, gerade in einer Feld-und-Wiesen-Kanzlei, in der so viele Rechtsgebiete gleichzeitig abgedeckt werden. Man muss sich durch einen schweren, fast aussichtslos scheinenden Fall durchwühlen können und den Ehrgeiz entwickeln, gerade da noch etwas herauszuholen.
Faber: Zudem ist Ehrlichkeit unserer Meinung nach sehr wichtig, gerade für ein gutes Verhältnis zwischen Mandant und Anwalt. Man sollte dem Mandanten ganz realistisch die Erfolgsaussichten des jeweiligen Rechtsstreites vermitteln. Ist es zu 90 Prozent wahrscheinlich, dass man verliert, so teilt man dies dem Mandanten von vornherein mit und lässt ihn aber gleichzeitig entscheiden, wie es weitergehen soll. Entscheidet sich der Mandant dann trotz schlechter Erfolgsaussichten dafür, zu kämpfen, so sollte man es auch mit ihm gemeinsam durchziehen. Natürlich hassen wir, wie jede andere Kanzlei, das Verlieren wie die Pest, manche Mandanten brauchen jedoch eine abschließende Fallentscheidung – egal ob erfolgreich oder nicht –, um mit der Sache abschließen zu können. Darauf sollte es ankommen und nicht, ob man als Kanzlei nach außen hin Erfolg hat. Auch das ist ein gutes Beispiel, die eigenen Interessen hinter denen des Mandanten zurückzustellen.
Manchmal hat man aber auch Glück und kann das Ruder noch herumreißen, zum Beispiel wenn der Richter die neueste Rechtsprechung nicht kennt oder man auf einen passenden Fall verweist, der am Ende überzeugen kann.
Frau Dreber, Herr Dr. Faber, vielen Dank für die interessanten Einblicke!
Das Interview führte Bettina Taylor.
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