Der Klageantrag

a) Bei Ansprüchen auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ist die Stellung eines unbezifferten Antrags, durch den die Bemessung der begehrten Leistung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, grundsätzlich zulässig. Als Klageantrag wird empfohlen:

„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.“

Fraglich ist jedoch, ob in der Klagebegründung die Größenordnung des geltend gemachten Betrages so genau wie möglich angegeben werden muss, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen (v. Gerlach, VersR 2000, 525.).

Nach der neueren BGH-Rechtsprechung ist die Größenordnung zwar nicht mehr für die Zulässigkeit der Klage in der I. Instanz, wohl aber für die Beschwer, und damit für den Zugang zur II. Instanz von Bedeutung. Im Schrifttum ist dagegen aus dem Urteil vom 30.4.1996 (BGHZ 132, 341 = VersR 1996, 990 = NJW, 1996, 2425) fälschlicherweise die Schlussfolgerung gezogen worden, dass die Angaben einer Größenordnung nicht mehr nötig und dem Anwalt sogar dringend davon abzuraten sei. Im Gegenteil, gerade um sich die Möglichkeit eines Rechtsmittels zu erhalten, ist dem Anwalt dringend zu raten, weiterhin die Größenordnung so präzise wie möglich anzugeben. Das entspricht durchaus der Tendenz des BGH, wie sie namentlich dem Urteil vom 2.2.1999 (BGHZ 140, 335 = VersR 1999, 902) zugrunde liegt. Dort kommt auch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Unterscheidung zwischen Größenordnung und Mindestbetrag nicht sinnvoll ist. Anstatt der Angabe einer Größenordnung sollte daher, weil präziser, nur noch ein Mindestbetrag genannt werden.

Wird eine Schmerzensgeldrente angestrebt, setzt dies nach Auffassung des BGH (BGH, Urt. v. 21.7.1998 – VI ZR 276/97, NJW 1998, 3411) einen dahingehenden Antrag des Klägers voraus. Das Gericht kann jedoch im Rahmen des § 287 ZPO eine Rente zusprechen, wenn vom Kläger eine Kapitalzahlung verlangt wurde.

Bei einem Feststellungsantrag ist ein Feststellungsinteresse nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bereits dann zu bejahen, wenn die Entstehung eines Schadens – sei es auch nur entfernt – möglich, aber noch nicht vollständig gewiss ist und der Schaden daher noch nicht abschließend beziffert werden kann (BGH, Urt. v. 21.9.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445; NJW 1991, 2707).

Ein Feststellungsinteresse ist nur zu verneinen, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Beschl. v. 9.1.2007 – VI ZR 133/06, DAR 2007, 390).

Muss der Verletzte mit Spät- oder Dauerschäden rechnen, so entfällt sein Feststellungsinteresse nicht schon dadurch, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer des Gegners sich zum Verzicht auf die Verjährungseinrede für einen bestimmten – eventuell auch längeren – Zeitraum bereit erklärt (OLG Hamm SP 2000, 304).

b) In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertritt der BGH in seinem Urteil vom 20.1.2004 (VI ZR 70/03) die Auffassung, dass mit dem auf eine unbeschränkte Klage insgesamt zu erkennenden Schmerzensgeld nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten werden (BGH, Urt. v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, zfs 2004, 260; BGH, Urt. v. 24.5.1988 – VI ZR 326/87, VersR 1988, 929; BGH v. 7.2.1995 – VI ZR 201/94, VersR 1995, 471).

c) Im Rahmen einer Teilklage im Schmerzensgeldprozess ist es zulässig, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung zumindest zusteht, und später den zuzuerkennenden Betrag für die Verletzung auf die Summe zu erhöhen, die der Verletzte beanspruchen kann, wenn der Umfang weiterer zu erwartender Schäden schließlich feststeht. Der Verletzte kann in diesem Falle statt einer offenen Teilklage neben dem bezifferten Zahlungsantrag einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige immaterielle Schäden zur Sicherung seines zusätzlichen Anspruchs stellen.

Ein ziffernmäßiger oder ansonsten individualisierter Teil eines Schmerzensgeldanspruchs kann Gegenstand einer Teilklage sein. Ausreichende Individualisierbarkeit ist dann gegeben, wenn ein Teilbetrag des für angemessen angesehenen Schmerzensgelds gefordert wird und für die Bemessung der Anspruchshöhe nur die Berücksichtigung der Verletzungsfolgen verlangt wird, die bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten sind (BGH, Urt. v. 20.1.2004 – VI ZR 70/03, VersR 2004, 1334)

Quelle: Hacks / Wellner / Häcker, SchmerzensgeldBeträge 2016, Einführung.

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