Hogan Lovells

Guter Juristennachwuchs wird knapper. Das bekommen mittlerweile auch Großkanzleien wie Hogan Lovells zu spüren. Als Gewinner der Iurratio Jobs Awards 2019 wissen sie, dass nicht teure Zusatzleistungen, sondern Feedback und Praxisbezug sie als Arbeitgeber attraktiv machen. Im Interview erklärt Christine Kudla, Leiterin der Personalabteilung von Hogan Lovells Deutschland, wie dies im Kanzleialltag umgesetzt.

 Was machen Sie Ihrer Meinung nach anders als andere Kanzleien?

Auch wenn sich die Programme für Referendare in Großkanzleien ähneln, glauben wir, ein sehr umfassendes und gleichzeitig individuelles Ausbildungsprogramm anbieten zu können. Dabei gehen wir vor allem auf die fachlichen Ausbildungswünsche unserer Referendare ein.

Welches Bewerbungsverfahren müssen Referendare durchlaufen, um bei Ihnen anfangen zu können?

Voraussetzungen, um zum Gespräch eingeladen zu werden, sind in erster Linie die Examensnoten des ersten Staatsexamens, welches mindestens mit „vollbefriedigend“ abgeschlossen sein sollte. Wird der Bewerber daraufhin zum Vorstellungsgespräch – in der Regel mit dem Local Trainee-Partner des gewünschten Standortes – eingeladen, sprechen wir mit dem/der Bewerber/-in über den  bisherigen Werdegang sowie Ziele, Wünsche und Vorstellungen. Aber auch wir als Kanzlei stellen uns umfassend vor: Die/Der Bewerber/-in erhält einen Einblick in die Praxisgruppe, das Dezernat und die jeweiligen Zuständigkeits- und Aufgabenbereiche innerhalb des Teams. Wir versuchen hierbei allen Bewerbern eine möglichst gute Vorstellung von Hogan Lovells (inter-)national zu vermitteln. Dazu gehören die vertretenen Praxisgruppen und Industriesektoren, die Kanzleiwerte und -kultur sowie die Entwicklungsmöglichkeiten (persönlich und fachlich) und die Karriereperspektiven.

Sie investieren enorm viel in Ihren Nachwuchs. Welche Überzeugung steckt dahinter?

Für Hogan Lovells ist es völlig unstrittig, dass unser Nachwuchs die mit Abstand wichtigste Quelle für den zukünftigen Kanzleierfolg ist. Nur indem man die Menschen, mit denen man arbeitet, kennen lernt, ist eine zukünftige Zusammenarbeit gewährleistet. Erst so weiß man, worauf und vor allem auf wen man sich einlässt. Das Ziel, unsere Referendare und wissenschaftlichen Mitarbeiter von uns zu überzeugen und an uns zu binden, ist die wichtigste Strategie unseres Personalmanagements. Gern würden wir noch mehr in die Referendarausbildung bzw. in Benefits für Referendare investieren.

Wer wird bei Ihnen in die Betreuung der Referendare eingebunden? Wie stellt man sicher, dass jeder immer einen Ansprechpartner hat?

Das ist neben dem gesamten Team, in welches der Referendar kommt, auch immer ein persönlicher Mentor, der ihn/sie über die Zeit des Referendariats und darüber hinaus begleitet. Zudem stehen ihm/ihr während der gesamten Ausbildungszeit immer ein Local Trainee-Partner und Local Personnel-Partner zur Verfügung.

Bei der Umfrage zu den Iurratio Jobs Awards haben die Befragten „regelmäßiges Feedback“ als den für sie wichtigsten Punkt angegeben. Wie stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter Zeit haben, sich regelmäßig, um den Nachwuchs zu kümmern?

Durch unser 2017 eingeführtes und 2018 ausgezeichnetes „Pathways“- Entwicklungsprogramm haben alle Mitarbeiter die Möglichkeit, – z. B. durch Flash Feedbacks – sich kurze Rückmeldungen zu verschiedenen Themen bei Kollegen und Vorgesetzten einzuholen. Dieses Vorgehen soll zu einer offenen und entwicklungsorientierten Feedbackkultur beitragen, die in der Umsetzung nur wenige Minuten benötigt.

Wie läuft so ein Flash Feedback genau ab?

Der Referendar ist beispielsweise gerade mit einer Arbeit fertig geworden, oder hat einen Termin mit dem Mandanten absolviert, oder er musste einen Auftrag an eine Sekretärin delegieren. Danach geht dieser Referendar zu genau dieser Person und bittet um ein kurzes Feedback, wie er das eine oder andere erledigt hat, wie er wahrgenommen wurde oder ob er etwas besser machen kann. Der jeweilige Kollege (Partner, Sekretärin o. Ä.) nimmt sich dann ca. zehn Minuten Zeit (nur ein Richtwert, es soll aber schnell gehen – daher der Begriff „Flash Feedback“) und gibt eine Rückmeldung. Ziel ist es hier, nach bestimmten Regeln zu agieren, um ein ehrliches und unterstützendes Feedback zu geben, dass einem hilft, sich weiterzuentwickeln.

Laut den Iurratio Jobs Awards bekommen Ihre Referendare während der Ausbildung eine Menge Einblick  in die Arbeitspraxis. Wie lässt sich das  bewerkstelligen? Schließlich wollen die Mandanten auch das Gefühl haben, dass sie in professionellen Händen sind und nicht in der „Anwaltsschule“.

Wir versuchen, unsere Referendare (sogar Praktikanten) vom ersten Tag an dabei sein zu lassen. Das heißt, dass sie z. B. an Telefonkonferenzen mit Mandanten teilnehmen, an Fällen mitarbeiten und aktiv in die Teamarbeit involviert sind, indem sie einen Aufgabenbereich übernehmen. Die Professionalität unserer juristischen Arbeit steht selbstverständlich im Vordergrund und soll durch die Ausbildung in keinster Weise beeinträchtigt werden. Dafür sorgt ein sehr engmaschiges Qualitätsmanagement.

Fachmedien warnen immer häufiger vor dem Nachwuchsmangel in Anwaltskanzleien. Macht sich dies bei Ihnen schon bemerkbar?

Natürlich kann auch Hogan Lovells nur aus dem Bewerbermarkt schöpfen, der allen Kanzleien zur Verfügung steht – und dieser wird demografisch bedingt nicht gerade größer. Es war immer schwierig, sehr gut qualifizierte Juristen zu finden, und dieser Trend verschärft sich.

Jurastudierende klagen über den fehlenden Praxisbezug im Studium. Was würden Sie sich von den Universitäten wünschen, um den Nachwuchs mehr auf den Kanzleialltag vorzubereiten?

Die Universitäten sollten auch Seminare außerhalb der klassischen didaktischen Fächer anbieten, um Studierenden  zumindest den Weitblick für Rechtsbereiche zu öffnen, die nicht einschlägig bekannt sind. Den Kanzleialltag wird eine Universität nur schwer vermitteln können, aber Kooperationsprogramme über die Pflichtpraktika hinaus, wären ein guter Ansatz.

Das Interview führte Bettina Taylor.

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