Workation Kanzlei

Immer mehr Menschen legen Wert darauf, ihre beruflichen Tätigkeiten flexibel und unabhängig von einem festen Arbeitsplatz auszuführen. Gleichzeitig ermöglichen es die technischen Möglichkeiten heute, das Sammeln neuer Eindrücke und das Kennenlernen fremder Kulturen mit der beruflichen Tätigkeit zu verbinden. In diesem Artikel geht es um ein interessantes Phänomen der ortsunabhängigen und virtuellen Arbeit in Kanzlei-Teams, nämlich der sogenannten „Workation.

Definition, Dauer und Modelle

Eine Workation ist eine Kombination aus „Work“ (Arbeit) und „Vacation“ (Urlaub), bei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre beruflichen Aufgaben ortsunabhängig von einem meist attraktiven Reiseziel aus erledigen. Ziel ist es, produktives Arbeiten mit Erholung und neuen Eindrücken zu verbinden. Die Dauer einer Workation kann dabei variieren – sie reicht von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen oder sogar Monaten. Typischerweise dauert sie jedoch zwischen einer und vier Wochen, abhängig von den individuellen Vereinbarungen mit der Kanzlei sowie den arbeitsrechtlichen, versicherungsrechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen.

Diese flexible Arbeitsweise bietet zahlreiche Vorteile – auch für Kanzleien: Sie fördert die Motivation, verbessert die Work-Life-Balance und kann die Produktivität des Kanzleiteams steigern.

Eine Umfrage hat ergeben, dass 80 Prozent der Beschäftigten unter 40 Jahren bei der Wahl ihres Arbeitgebers großen Wert auf die Möglichkeit einer Workation legen. (PwC: Workation zwischen Wunsch und Wirklichkeit, 2023, S. 12 und: Institut der deutschen Wirtschaft)

Für Kanzleien, die eine Workation-Möglichkeit anbieten, bedeutet dies die Chance, als moderne Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, die Wert auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter legen. Auch kommunizieren sie damit eine vertrauensbasierte Arbeitskultur nach außen – denn den Mitarbeitenden wird zugetraut, ihre Aufgaben eigenverantwortlich zu übernehmen, ohne dass ihnen dabei jemand über die Schulter schauen muss. In einer Zeit, in der Kanzleiteams zunehmend nach Flexibilität suchen, könnte die Implementierung von Workations in die Unternehmenskultur einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.

Wie Kanzleien „Workations“ integrieren können

Für eine erfolgreiche Umsetzung spielen organisatorische Aspekte eine zentrale Rolle. Basierend auf meinen eigenen Workation-Erfahrungen, möchte ich Kanzleien vier Tipps mit auf den Weg geben, um dieses Konzept erfolgreich zu realisieren.

1. Klare Richtlinien erstellen

Um eine Workation in der Kanzlei umzusetzen, ist es wichtig, klare Richtlinien aufzustellen. Diese sollten definieren, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Workation in Anspruch nehmen können, welche Kommunikationskanäle zu nutzen sind und wie die Erreichbarkeit während dieser Zeit sichergestellt wird. Insbesondere dann, wenn Teile des Kanzleiteams in unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten, sollte im Vorfeld koordiniert werden, welche Uhrzeiten sich z. B. für regelmäßig stattfindende Meetings eignen. Ein strukturierter Ansatz hilft, Missverständnisse zu vermeiden und das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu stärken.

2. Technische Voraussetzungen schaffen

Um eine reibungslose Arbeit während der Workation zu ermöglichen, sollten Kanzleien in die nötige technische Ausstattung der Arbeitnehmer investieren. Dazu gehören mobile Endgeräte, VPN-Zugänge und Softwarelösungen, die den Zugriff auf wichtige Daten und Akten aus der Ferne ermöglichen.
Tipp: Kanzleien sollten in gezielte Schulungen und Workshops investieren, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal auf eine Workation vorbereitet sind. Dies umfasst technische Schulungen, Zeitmanagement-Strategien und rechtliche Rahmenbedingungen für das ortsunabhängige Arbeiten.

3. Feedback einholen und anpassen

Nach der Implementierung von Workation-Programmen ist es wichtig, regelmäßig das Feedback des Teams einzuholen. Was hat gut funktioniert? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Auf Basis dieser Rückmeldungen können die Richtlinien und Prozesse kontinuierlich optimiert werden, um das Konzept der Workation bestmöglich zu gestalten.

4. Work-Life-Balance

Ein zentrales Argument für die Einführung von Workations ist die Verbesserung der Work-Life-Balance. Kanzleien sollten dies klar kommunizieren und als Teil ihrer Arbeitgebermarke lebendig werden lassen. Eine ausgewogene Balance zwischen Arbeits- und Privatleben zeichnet moderne Arbeitgeber aus und kann helfen, talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu halten.

Workation als Kanzleimarketing-Instrument

In Zeiten des Fachkräftemangels und der digitalen Transformation müssen Kanzleien neue Wege finden, um sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Eine Workation, bietet eine innovative Möglichkeit, um Talente zu gewinnen, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und das Kanzlei-Image zu stärken.
Drei Tipps, wie eine Workation das Kanzleimarketing unterstützen kann:

1. Workation als Employer Branding-Strategie

Top-Talente suchen zunehmend nach Arbeitgebern, die flexible Arbeitsmodelle ermöglichen. Eine Workation zeigt, dass eine Kanzlei modern, innovativ und mitarbeiterfreundlich aufgestellt ist. Dies kann gezielt in der Employer-Branding-Strategie genutzt werden, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

2. Workation als Social-Media-Content

Kanzleien können ihre Workation-Erfahrungen nutzen, um authentischen Content für LinkedIn, Instagram oder die Kanzlei-Website zu erstellen. Posts über produktives Arbeiten im Ausland oder gemeinsame Team-Workations in inspirierender Umgebung sorgen für Aufmerksamkeit und stärken die Außenwahrnehmung der Kanzlei.

3. Workation für Mandantenbindung

 Auch die Mandantschaft profitiert davon, wenn ihr Anwalt oder ihre Anwältin flexibel und digital arbeitet. Eine Kanzlei, die moderne Arbeitskonzepte nutzt, signalisiert, dass sie zeitgemäß, effizient und ortsunabhängig erreichbar ist. Dies kann ein Vorteil bei der Mandantenakquise sein, denn einige Mandantinnen und Mandanten werden ihre Einstellung teilen und auch gerne ortsunabhängig arbeiten.

Was rechtlich zu beachten ist

Laut einem Urteil des Arbeitsgerichts München vom 27.8.2021 haben Arbeitnehmer aktuell keinen Anspruch darauf, vom Ausland aus zu arbeiten, selbst wenn im Arbeitsvertrag Remote Work oder Homeoffice vereinbart ist (Az. 12 Ga 62/21). Das bedeutet, dass Kanzleien und das Kanzleiteam individuelle Absprachen treffen sollten.

Vor einer Workation sollten insbesondere Aspekte des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechts geprüft werden. Insbesondere bei einer vorübergehenden Tätigkeit in Nicht-EU-Ländern sind zusätzlich aufenthaltsrechtliche Bestimmungen sowie Einreisevoraussetzungen zu berücksichtigen.

Die Dauer einer Workation kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten variieren. Ein zentraler Aspekt dabei ist die 183-Tage-Regel: Wenn eine Person sich nicht länger als 183 Tage im Jahr im Ausland aufhält, bleibt diese Person in Deutschland steuerpflichtig. Eine vorübergehende und kurzfristige Tätigkeit im Ausland hat somit erstmal keine einflussreichen steuerlichen Konsequenzen, da das deutsche Steuerrecht weiterhin Anwendung findet. Es empfiehlt sich aber in jedem Fall eine steuerrechtliche Beratung.

Ist im Arbeitsvertrag mobiles Arbeiten festgelegt, gilt dies in der Regel nur für einen Arbeitsplatz innerhalb Deutschlands. Bei einer Workation im Ausland ist eine Zusatz- oder Änderungsvereinbarung erforderlich.

Trotz der genannten Herausforderungen lässt sich festhalten, dass die Workation bei Kanzleiteams zunehmend an Beliebtheit gewinnt. Der Trend geht eindeutig in Richtung neuer Arbeitsmodelle, die Flexibilität, Effizienz und Lebensqualität vereinen.

Persönliche Tipps der Autorin

Aus eigener Erfahrung mit Workations und deren positiven Effekten in meiner Arbeit empfehle ich Kanzleien, bereits im Vorfeld klare Ziele und Erwartungen für das Team zu definieren, bevor eine Workation geplant wird. Ebenso ist es wichtig, die Meinungen und Vorschläge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubeziehen, um eine maßgeschneiderte Lösung zu finden, die sowohl den Kanzleialltag als auch die individuellen Bedürfnisse bestmöglich berücksichtigt.

Kanzleien sollten daran denken, dass eine erfolgreiche Workation nicht nur die Produktivität erhöht, sondern auch die Mitarbeiterbindung stärkt sowie die Attraktivität der Kanzlei als Arbeitgeber steigert. Wenn das Kanzleiteam das Gefühl hat, dass ihre Bedürfnisse und Wünsche ernst genommen werden, sind sie motivierter, sich mit der Kanzlei zu identifizieren und ihr langfristig treu zu bleiben.

Ich empfehle Kanzleien daher, die Workation auch als strategisches Marketing-Werkzeug zu nutzen, um das Kanzleiteam zu inspirieren und neue Kanzleimitglieder zu gewinnen.

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Jenny Runkel ist Inhaberin der Kanzlei-Marketing-Agentur SUITSXPERT und Inhaberin der Berufsakademie RECHT. Neben ihrer Expertise im Kanzlei- und OnlineMarketing ist die geprüfte Rechtsfachwirtin seit 2006 u. a. als Dozentin und Autorin tätig.

Bild: Adobe Stock@vitaliymateha

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