
Einigungen im Mahnverfahren kommen nicht so häufig vor, sind aber möglich. Dabei kann es auch zu Mehrwertvergleichen kommen, also zu Einigungen über weitergehende Ansprüche. Wie diese abzurechnen sind, ist mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung unklar. Anhand eines Abrechnungsbeispiels soll aufgezeigt werden, wie für den Anwalt des Antragsstellers und den des Antragsgegners abzurechnen ist, wenn in einem Mahnverfahren ein Mehrwertvergleich geschlossen wird.
Beispiel:
Der Anwalt erwirkt für den Antragsteller einen Mahnbescheid über 10.000,00 Euro. Der Antragsgegner legt anwaltlich vertreten hiergegen Widerspruch ein. Sodann verhandeln die Anwälte über eine vergleichsweise Erledigung. Hierbei beziehen sie weitere 5.000,00 Euro, die nicht anhängig sind, in die Verhandlungen ein und erzielen einen Gesamtvergleich.
Auf Antragstellerseite ist zunächst einmal eine 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV entstanden. Auf Antragsgegnerseite ist lediglich die 0,5-Verfahrensgebühr der Nr. 3507 VV angefallen.
Durch die geführten Besprechungen ist eine Terminsgebühr angefallen. Da es sich bei dem Mahnverfahren um ein gerichtliches Verfahren handelt, entsteht gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV auch im Mahnverfahren die Terminsgebühr, wenn dort Besprechungen zur Vermeidung des Rechtsstreits und Erledigung des Mahnverfahrens geführt werden. Dies folgt letztlich auch aus der Anrechnungsvorschrift der Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV. Die Terminsgebühr richtet sich dabei nicht nur nach dem Wert der anhängigen Ansprüche, sondern auch nach dem Wert der nicht anhängigen Ansprüche. Die Terminsgebühr ist also aus 15.000,00 Euro entstanden.
Hinzu kommt eine Einigungsgebühr, und zwar in Höhe von 1,0 aus 10.000,00 Euro (Nr. 1003 VV) und in Höhe von 1,5 aus 5.000,00 Euro (Nr. 1000 VV). Insgesamt können die Anwälte jedoch nicht mehr als eine 1,5-Gebühr aus dem Gesamtwert von 15.000,00 Euro verlangen.
Nunmehr bleibt noch die Verfahrensgebühr. Die Verfahrensgebühr ist für beide Anwälte zunächst einmal nur aus 10.000,00 Euro angefallen (s.o.). Durch die Vergleichsverhandlungen und den abgeschlossenen Vergleich hat sich aber der Gegenstandswert der Verfahrensgebühr erhöht, da insoweit ja das Verfahren betrieben worden ist.
Jetzt stellt sich aber die Frage nach der Höhe des Gebührensatzes. Im Gegensatz zu der gerichtlichen Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV/Nr. 3101 VV) ist hier eine ermäßigte Verfahrensgebühr für Verhandlungen oder Vergleichsabschlüsse nicht vorgesehen, sondern nur für die vorzeitige Beendigung (Nr. 3506 VV). Insoweit dürfte allerdings eine Regelungslücke vorliegen. Für den Anwalt des Antragstellers dürfte daher in analoger Anwendung der Nr. 3506 VV nur eine 0,5-Gebühr anfallen.
Für den Anwalt des Antragsgegners ist eine Ermäßigung ohnehin nicht vorgesehen, so dass hier die 0,5-Verfahrensgebühr (Nr. 3507 VV) aus dem Gesamtwert entsteht.
So können Sie abrechnen
Abzurechnen ist im vorliegenden Fall also wie folgt:
Wie der Fall zeigt, ist ein Mehrwertvergleich auch im Mahnverfahren möglich. Eine ausdrückliche Regelung zur Höhe der Verfahrensgebühr des Antragstellers fehlt im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren. Dem dürfte – wie aufgezeigt – durch eine entsprechende Anwendung der Nr. 3506 VV zu begegnen sein.
Rechtsanwalt Norbert Schneider ist einer der versiertesten Praktiker im Bereich des anwaltlichen Gebühren- und Kostenrechts und Autor zahlreicher Fachpublikationen und Seminare. Er ist außerdem Autor der Fachinfo-Tabelle Gerichtsbezirke 2025 zur Reisekostenabrechnung.