Beim Lesen der Statistiken der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und einiger weiterer Artikel aus dem Jahr 2017 bot sich mir ein recht trübes Bild. Zunächst waren zum 1. Januar 2017 56.502 Rechtsanwältinnen zugelassen, was 34,37 Prozent der gesamten Anwaltschaft ist. Der weibliche Anteil innerhalb der Anwaltschaft wirkt auf den ersten Blick sehr niedrig, könnte jedoch mit der zuletzt vom früheren Panorama-Chef Joachim Wagner befürchteten „Verweiblichung der dritten Gewalt (Justiz)“ und der „Feminisierung des Richterberufs zusammenhängen. Denn „in der Justiz verschmelzen die Vorteile der allgemeinen Gleichstellungs- und Familienpolitik mit den besonderen Privilegien des Richterberufes zu einem Arbeitsparadies”.
Wie Präsidentin des Bundesgerichtshof Bettina Limperg in ihrem Festvortrag beim Kongress des Deutschen Juristinnenbund (djb) im September 2017 konstatierte: „Es liegt aber sicher auch daran, – Fluch der guten Tat – dass die angeblich frauentypischen, guten Bedingungen in diesem Bereich besonders günstig sind: In der Regel üben die praktische Unkündbarkeit, die besonders guten Schutzstrukturen für Mütter, die hohen Teilzeitquoten und insgesamt relativ familienfreundlichen Arbeitsbedingungen eine hohe Anziehungskaft gerade auf dieFrauen aus, die solche Sicherheiten schätzen” (djbZ 4/2017, S. 166). Demnach ist es also für Juristinnen vermeintlich attraktiver, als Richterinnen oder generell im öffentlichen Dienst zu arbeiten und sich nicht dem Anwältinnenberuf zu widmen.

Gehälter von Rechtsanwältinnen

Entsprechend der STAR-Berichte aus dem 2013 (20.1.2018), zeigt sich bei Differenzierung nach Geschlecht, dass Männer deutlich höhere Umsätze erzielen als Frauen:

„ Im Wirtschaftsjahr 2013 erzielten Vollzeit-Rechtsanwälte in Deutschland insgesamt einen durchschnittlichen persönlichen Honorarumsatz aus selbstständiger Tätigkeit von 193.000 Euro, Vollzeit-Rechtsanwältinnen dagegen nur von 118.000 Euro. Im Westen lag der durchschnittliche Honorarumsatz bei Vollzeit-Rechtsanwälten bei 212.000 Euro, bei Vollzeit-Rechtsanwältinnen bei 129.000 Euro; im Osten bei Vollzeit-Rechtsanwälten bei 134.000 Euro, bei Vollzeit-Rechtsanwältinnen bei 100.000 Euro.” Interessanterweise ist das Lohngefälle in Ostdeutschland deutlich niedriger.

Zudemverfügen angestellte Vollzeit-Rechtsanwälte über höhere Bruttogehälter als ihre Kolleginnen. Bundesweit verdienten in Vollzeit beschäftigte Rechtsanwälte im Jahr 2013 im Mittel 70.000 Euro, ihre Kolleginnen verdienten durchschnittlich 60.000 Euro. Die Differenz der Einkommen zwischen Männern und Frauen ist dabei in West- und Ostdeutschland identisch und beläuft sich im Mittel auf 8.000 Euro.

In Zeiten von (vermeintlicher) Entgeltgleicheit könnte dies u.a. daran liegen, dass Rechtsanwältinnen in der Regel in Rechtsbereichen wie zum Beispiel dem Familien- oder Sozialrecht arbeiten, die nicht mit den hohen Honoraren, wie sie beispielsweise im Kartellrecht üblich sind, bezahlt werden.

Fachanwältinnen

Der Statistik der BRK vom 1. Januar 2017 über die Verteilung von Fachanwältinnen und Fachanwälten (zuletzt aufgerufen am 20.1.2018) ist zu entnehmen, dass lediglich 15.720 von insgesamt 53.866 Fachanwaltstitel an Anwältinnen vergeben wurden. Das entspricht einem prozentualen Anteil von 29,18 Prozent. Nur 13.402 Rechtsanwältinnen sind als Fachanwältinnen registriert, was einem prozentualen Anteil von 30,87 Prozent entspricht. Es gibt lediglich 2.109 Kolleginnen von insgesamt 8.864 Rechtsanwält*innen, die über zwei Fachanwaltstitel verfügen und nur 139 können drei Titel vorweisen, was ein prozentualer Anteil von 15,53 Prozent ist.

Die meisten Fachanwältinnen sind mit 5.475 registrierten Frauen im Familienrecht zu finden, womit hier der weibliche Anteil bei 57,54 Prozent liegt. Auch im Sozialrecht gibt es mit 790 Fachanwältinnen proportional viele Frauen (43,19 Prozent). Den geringsten Anteil an Fachanwältinnen weisen das Bau- und Architekturrecht (13,88 Prozent), das Agrarrecht (14,19 Prozent), das Handels- und Gesellschaftsrecht (15,52 Prozent), das Verkehrsrecht (16,48 Prozent) und das Informationstechnologierecht (16,73 Prozent) auf.

Anwältinnen in Führungspositionen?

Es ist kein ausschließlich deutsches Phänomen, dass die Anzahl der Frauen auf der Vollpartner*innenebene relativ gering ist. In Deutschland beträgt diese lediglich 9,7 Prozent (Stand 28.02.2017 in //www.azur-online.de/2017/02/frauenanteil-in-kanzleien-fortschritte-bei-first-years-stagnation-insgesamt, zuletzt aufgerufen am  20.1.2018). In Spanien liegt der prozentuale Anteil immerhin bei 16 Prozent.

Das könnte ein Problem werden, denn wie Dr. Nicola Byok in einem Interview in der LTO (zuletzt aufgerufen am 20.1.2018) erklärte: „Mandant*innen wollen keine männliche Monokultur“.

Ich denke nicht, dass es das Erfolgsrezept  für Frauen im Anwaltberuf gibt. Ich möchte Sie jedoch ermutigen, dass Sie diesen Artikel als Ansporn nehmen. Suchen Sie sichVorbilder, sprechen Sie das eigene Honorar offen und transparent an und wenden Sie sich an ältere Kolleginnen, wenn Sie sich Unterstützungwünschen., Fordern Sie Flexibilität, z.B. in einer eigenen Kanzlei oder mit anderen Kolleg*innen in einem losen oder festen Netzwerk (z. Bsp. in einer – virtuellen – Bürogemeinschaft) . Wagen Sie sich in Rechtsbereiche, die Geld bringen, lernen Sie das richtige Netzwerken (z. B. mit PANDA LAW), brechen Sie alte Strukturen auf und fordern Sie das System heraus! Sie sind nicht alleine und wenn Sie mal einen Durchhänger haben, dann lesen Sie die Biographie unserer Kollegin Maria Otto, die mit Inkrafttreten des Gesetzes über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege vom 11. Juli 1922 am 7. Dezember 1922 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde.

Viel Erfolg!

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