Grundsätzlich sollte jede anwaltliche Dienstleistung honoriert werden. Entweder durch die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG, durch vereinbarte Stundenhonorare oder auch durch Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe. Dieser Grundsatz ist auch jedem Mandanten klar. Doch Mandanten, die zum ersten Mal Rechtsrat suchen, können nur schwer bis gar nicht einschätzen, mit welchen Kosten sie für ihre Vertretung zu rechnen haben.

Fatal wäre es, den Mandanten bis zum Abschluss des Mandats über die Kostenfolge im Unklaren zu lassen. Der Mandant wird in den meisten Fällen – in Ermangelung von Vergleichsmöglichkeiten – überrascht sein von der Höhe der Vergütung und schlimmstenfalls, aus Verärgerung darüber, keine Zahlungen leisten;  möglicherweise sogar (aus Unkenntnis der tatsächlichen Sach- und Rechtslage) eine Kammerbeschwerde einreichen oder sich auf andere Weise gegen den Vergütungsanspruch wehren.

Eine weitere schlimme Folge aus Sicht des Kanzleimarketings: Dieser Mandant wird wahrscheinlich kein neues Mandat erteilen und die Kanzlei definitiv nicht weiterempfehlen.

Transparenz schafft Vertrauen

Eine klare Transparenz von Anfang an sollte hier das oberste Gebot sein. Auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen, würde auch niemand ohne Kenntnis der Kosten Dienstleistungen beauftragen oder in Anspruch nehmen.

Beispiel: Die Renovierung der Kanzleiräume würde sicherlich erst dann in Auftrag gegeben werden, wenn bei verschiedenen Malereibetrieben Kostenvoranschläge eingeholt, geprüft und verglichen worden sind. Ohne diese Kenntnis würde keine Kanzlei „ins Blaue hinein“ Aufträge erteilen und Investitionen in unklarer Höhe tätigen.

Auch ein Mandant wird die Beauftragung einer Reparatur am eigenen Auto nicht ohne Kenntnis des möglichen Arbeits- und Materialaufwands vornehmen. Er wird also selbstverständlich davon ausgehen, dass auch ein Rechtsanwalt die Kosten seiner Dienstleistung erläutern und einschätzen kann und von sich aus Auskunft gibt.

Ein Mandant bewertet möglicherweise die gesamte juristische Kompetenz eines Rechtsanwalts schlechter, wenn dieser im Erstgespräch nicht ausreichend oder sogar ausweichend auf die Frage nach der Vergütung antwortet. Das Gespräch über die Vergütung sollte nicht vom Mandanten, sondern offen vom Rechtsanwalt eingeleitet werden.

Das Vergütungsgespräch positiv einleiten

Dabei ist es nicht hilfreich, wenn dieser Teil des Gesprächs selbst dem Rechtsanwalt unangenehm ist. Phrasen wie „Jetzt muss ich Ihnen zum Ende ja leider auch noch was zum Honorar sagen.“, vermitteln dem Mandanten, dass es sich hierbei offenbar um ein unliebsames Thema handelt („muss“, „leider“) und sich der Rechtsanwalt für seine Vergütung fast entschuldigt. Besser ist es, diesen Gesprächspart neutral oder gar positiv besetzt einzuleiten: „Jetzt haben wir über die rechtlichen Aspekte Ihrer Angelegenheit gesprochen und nun möchte ich Ihnen gerne erläutern, wie hoch mein Honorar sein wird.“

Vergütung flexibel und individuell gestalten

An dieser Stelle ist es wichtig, dass sich der Rechtsanwalt bereits Gedanken darüber gemacht hat, welche Vergütung in diesem Fall verlangt werden muss. Dabei ist es nicht erforderlich, jedes Mandat strikt nach dem RVG oder nach Stundenhonorar abzurechnen.

Hinweis: Jede Kanzlei, die weit überwiegend nach RVG abrechnet, sollte sich Gedanken darüber machen, ob nicht auch einige Mandate wirtschaftlicher und für den Mandanten nachvollziehbarer nach einem Stundenhonorar bearbeitet werden könnten. Dies setzt voraus, dass eine realistische Kalkulation des Stundensatzes erfolgt ist. Die Stundensatzermittlung sollte u. a. auf konkreten Zahlen aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung der Kanzlei fußen und nicht aus dem Bauch heraus erfolgen. So wird jede Kanzlei individuelle Stundensätze anbieten können. Vergleiche mit anderen ortsansässigen Kanzleien (und das bloße Übernehmen deren üblicher Stundensätze), sind aus diesem Grund nur bedingt ein Maßstab für die eigene Stundensatzermittlung.

Das RVG kreativ ergänzen

Der Vorteil der Vereinbarung der gesetzlichen Gebühren ist, dass diese für gerichtliche Streitigkeiten praktisch nicht verhandelbar, aber sehr gut abschätzbar sind. Hier entgeht der Rechtsanwalt jeglicher Diskussion über die Vergütung und der Mandant weiß bereits am Anfang des Rechtsstreits ziemlich genau, was ihn am Ende an Kosten erwartet. Allerdings sollte in Einzelfällen auch darüber nachgedacht werden, dass ein zu geringes Honorar nach RVG aufgebessert werden kann, wenn mit dem Mandanten gemäß § 3a RVG in einer Vergütungsvereinbarung ein abweichender, höherer Gegenstandswert maßgeblich sein soll oder neben den gesetzlichen Tage- und Abwesenheitsgeldern gem. Nr. 7005 VV RVG zusätzlich erhöhte Pauschalen erhoben werden dürfen.

Beispiel: Mandant A beauftragt Rechtsanwältin B in einer erbrechtlichen Streitigkeit hinsichtlich der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Die Erbengemeinschaft ist zerstritten, es wird mit einem langwierigen und erbitterten Verfahren gerechnet. Der Gegenstandswert ist unklar, da er sich erst verbindlich nach Erstellung des gewünschten Verzeichnisses ergeben wird. A und Rechtsanwältin B vereinbaren daher, dass die Tätigkeit von Rechtsanwältin B nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR berechnet wird.

Die Gründe, warum dies in einer Angelegenheit erfolgen sollte, müssen dem Mandanten transparent und nachvollziehbar erläutert werden. Beispielsweise kann die Vereinbarung einer höheren Pauschale für Tage- und Abwesenheitsgelder (oder gar die Zahlung von zusätzlichen Terminsgebühren für jeden wahrgenommenen Gerichtstermin) damit begründet werden, dass die gesetzlichen Gebühren erwartbar nicht die Kosten des Rechtsanwalts für diese Tätigkeit decken und daher eine gesonderte Vereinbarung notwendig ist.

Auch ein Mandant wird Verständnis dafür haben, dass manche Gebühr nach dem RVG schlicht zu gering ist. Dabei muss ein Rechtsanwalt nicht fürchten, dass ein Mandant allein aufgrund der Höhe der Kosten die Kanzlei wechselt. Denn neben dem Honorar ist den meisten Mandanten vor allem  wichtig, ob die Chemie zwischen ihm und dem Rechtsanwalt stimmt und die Kanzlei den Dienstleistungsansprüchen nachkommt (z. B. verlässliche Erledigung von Rückrufbitten).

Verschiedene Zahlungsmodalitäten anbieten

Kommt die Kanzlei zu dem Ergebnis, dass z. B. ein bestimmtes Stundenhonorar vom Mandanten zu zahlen ist, dann sollte die Höhe des Stundensatzes nicht verhandelbar sein, aber gleichwohl angeboten werden, dass die Vergütung abweichend von üblichen Gepflogenheiten gezahlt werden kann.

Es bieten sich verschiedene Modelle an:

  • die monatliche oder quartalsweise Abrechnung vom Stundenhonorar
  • die Zahlung eines (monatlichen, pauschalen) Vorschusses und die Nachzahlung bei Endabrechnung des Mandats
  • die Abrechnung zum Ende der Angelegenheit und ratenweise Zahlung durch den Mandanten

Gleiches gilt für die Abrechnung von Mandaten nach dem RVG. Hier kann

  • bereits bei Annahme des Mandats ein pauschaler Vorschuss oder eine Geschäfts- bzw. Verfahrensgebühr als Vorschuss erhoben werden,
  • jede Gebühr sofort nach Anfall berechnet werden,
  • eine Endabrechnung bei Abschluss der Angelegenheit erfolgen und der Ausgleich in Raten angeboten werden.

Fazit

Egal, zu welchen Vergütungsmodellen eine Kanzlei tendiert: Sie sollte dem Mandanten die grundsätzliche Frage der Vergütung offen, transparent und mit dem nötigen Hintergrundwissen zur Stundensatzkalkulation und den geschätzten Zeitaufwänden erklären können. Und zwar bereits zu Beginn der Beauftragung, um am Ende für beide Seiten böse Überraschungen zu vermeiden.

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