Verstirbt im Laufe des Rechtsstreits die Partei, so tritt der Erbe, bzw. treten die Erben als Auftraggeber in den Anwaltsvertrag ein, ohne dass es einer neuen Mandatierung des Rechtsanwalts bedarf. Der Anwaltsvertrag setzt sich vielmehr mit dem, bzw. den Erben fort.

Ab dem Erbfall, ist/sind Auftraggeber des Rechtsanwalts der Erbe/die Erben, ohne dass der Auftrag durch diese(n) erneuert werden muss.
OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2014 – I-17 W 87/14, AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = ZEV 2014, 421 = RVGreport 2014, 362

Andererseits entsteht kein neuer Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts. Es handelt sich insoweit immer noch um dieselbe Angelegenheit, so dass die Gebühren insgesamt nur einmal entstehen (§ 15 Abs. 2 RVG)

Zu beachten ist aber, dass sich die Verfahrensgebühr durch den Eintritt des bzw. der Erben nach Nr. 1008 VV RVG erhöht.

Dabei behandelt die Rechtsprechung die Erbfolge nach den Grundsätzen des Parteiwechsels (siehe hierzu BGH AGS 2006, 583 = JurBüro 2007, 76 = NJW 2007, 769 = RVGreport 2007, 25). Erblasser und Erbe(n) sind danach als verschiedene Auftraggeber anzusehen.

Im Falle eines Beteiligtenwechsels durch Rechtsnachfolge erhält der Rechtsanwalt der wechselnden Beteiligten nur eine Verfahrensgebühr und nur eine Auslagenpauschale, jedoch infolge der Vertretung des neuen Beteiligten zusätzlich den Mehrvertretungszuschlag gem. Nr. 1008 VV RVG (im Anschluss an BGH v. 19.10.2006 – V ZB 91/06 = NJW 2007, 769).
SG Fulda, Beschl. v. 8.7.2013 – S 4 SF 104/12 E AGS 2013, 398 = ErbR 2013, 385 = ASR 2013, 283 = NJW-Spezial 2013, 636 = NZS 2013, 840

Vertritt der Rechtsanwalt, der zunächst den Erblasser in einem Verfahren vertreten hatte, nach dem Erbfall den Alleinerben, so ist der Alleinerbe ein zusätzlicher Auftraggeber neben dem Erblasser. Eine gleichzeitige Vertretung ist nicht mehr Voraussetzung für einen Mehrvertretungszuschlag. Eine Erbengemeinschaft (Gesamthandsgemeinschaft) stellt eine Auftraggebermehrheit dar.
LG Aachen, Beschl. v. 24.2.2014 – 8 O 565/12

Vertritt der Anwalt zunächst den Erben und nach dessen Tod den Erblasser, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3. Dass der Anwalt beide Auftraggeber nicht zeitgleich vertreten hat, ist unerheblich.
AG Hannover Beschl. v. 10.10.2017 – 502 C 8229/16

Beispiel 1:

Der Anwalt hatte in einem Zivilprozess zunächst den Erblasser vertreten. Im Verlaufe des Verfahrens ist dieser verstorben und von seinem einzigen Kind beerbt worden.

Die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV RVG erhöht sich jetzt gem. Nr. 1008 VV RVG um 0,3 auf einen Gebührensatz von 1,6.

Beispiel 2:

Der Anwalt hatte in einem sozialgerichtlichen Verfahren zunächst den Erblasser vertreten. Im Verlaufe des Verfahrens ist dieser verstorben und von seinem einzigen Kind beerbt worden.

Die Verfahrensgebühr der Nr. 3102 VV RVG erhöht sich jetzt gem. Nr. 1008 VV RVG um 30% (SG Fulda, s. o.)

Die Gebührenerhöhung ist in diesem Fall unabhängig davon, ob für den Anwalt überhaupt Mehrarbeit entsteht

Davon, ob es für den Rechtsanwalt ab dem Erbfall infolge Vertretung mehrerer Erben tatsächlich zu einer Mehrarbeit kommt, hängt eine Gebührenerhöhung nicht ab.
– OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2014 – I-17 W 87/14, AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = ZEV 2014, 421 = RVGreport 2014, 362

Wird der Erblasser von mehreren Personen beerbt, kommen noch weitere Erhöhungen hinzu. Der Erbengemeinschaft kommt nämlich – im Gegensatz zur GbR und zur WEG – keine eigene Rechtspersönlichkeit zu (BGH, Beschl. v. 16.3.2004 – VIII ZB 114/03, AGS 2004, 278 = AnwBl. 2004, 450 = NJW-RR 2004, 1006 = RVGreport 2004, 394). Daher greift die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG zusätzlich für jeden weiteren Miterben (siehe dazu den Fall des OLG Köln, AGS 2014, 451 = ZEV 2014, 421 = RVGreport 2014, 362).

Beispiel 3:

Der Anwalt hatte zunächst den Erblasser vertreten. Im Verlaufe des Verfahrens ist dieser verstorben und von seinen vier Kindern beerbt worden.

Dadurch, dass jetzt die vier Kinder als Erben in das Verfahren eingetreten sind, erhöht sich die Verfahrensgebühr um 4 x 0,3, also um 1,2, bzw. bei Betragsgebühren um 4 x 30%, also um 120 %.

Mit dem MkG-Newsletter erhalten Sie alle sechs Ausgaben pro Jahr
pünktlich zur Veröffentlichung per Mail – zu Themen, die Sie weiterbringen:

  • Aktuelle Gesetzesänderungen,
  • Tipps zur optimalen Abrechnung,
  • Karrierechancen, Kanzleiführung u. v. m.